Die meisten Volkswirte hatten wegen des ungewöhnlich strengen Winters, der unter anderem die Bautätigkeit beinahe zum Erliegen brachte, mit einem leichten Minus von 0,1 Prozent gerechnet. Erstmals seit dem dritten Quartal 2008 ist die deutsche Wirtschaftsleistung auch auf Jahressicht wieder gewachsen. Das preisbereinigte BIP stieg Anfang 2010 im Vergleich zum verheerenden Auftaktquartal 2009 um 1,7 Prozent. Vor einem Jahr – dem Höhepunkt der Rezession – war das BIP gegenüber dem Vorquartal um 3,5 Prozent und im Vergleich zum Vorjahresquartal um 6,4 Prozent abgestürzt. Danach hatte sich der Abwärtstrend spürbar abgeschwächt.
Q4-Zahlen nach oben korrigiert
Gleichzeitig korrigierte die Behörde ihre Zahlen zur Wirtschaftsentwicklung im vierten Quartal 2009 nach oben. Das BIP legte demnach zwischen Oktober und Dezember 2009 um 0,2 Prozent zu. Bisher waren die Statistiker von Stagnation ausgegangen. «Der Aufwärtstrend der deutschen Wirtschaft aus dem zweiten (plus 0,4 Prozent) und dritten Quartal 2009 (plus 0,7 Prozent) hat sich somit etwas abgeschwächt, aber trotz des vergleichsweise harten und langen Winters weiter fortgesetzt», urteilten die Statistiker. Nach den neuen Berechnungen sank die Wirtschaftsleistung im Gesamtjahr 2009 nicht wie bisher angenommen um 5,0 Prozent, sondern um 4,9 Prozent. Deutschland war wegen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise in die tiefste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg gestürzt.
Exporte ziehen wieder an
Positive Impulse kamen im Quartalsvergleich unter anderem von den Ausrüstungsinvestitionen und den Exporten, berichtete das Statistische Bundesamt. Auch der Vorratsaufbau und die Zunahme der staatlichen Konsumausgaben hätten die wirtschaftliche Aktivität befeuert. Hingegen wirkten sich schwache Bauinvestitionen, Importe und der private Konsum negativ auf das Wachstum aus. «Gemessen am hohen BIP-Niveau vor der Lehman-Insolvenz ist das aktuelle Niveau noch immer sehr niedrig», urteilte Volkswirt Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. Aus Sicht der UniCredit gibt die leichte Erholung zum Jahresbeginn aber keineswegs angemessen wieder, wie robust die deutsche Wirtschaft tatsächlich ist: «Der Absturz der Bautätigkeit hat das BIP-Wachstum nach unsere Berechnungen um 0,4 Prozentpunkte beschnitten.»
Strohfeuer?
Für das laufende Quartal rechnen die Ökonomen von UniCredit mit einem kräftigen Wachstum von knapp einem Prozent, auch weil die Bauwirtschaft ihre Produktionsausfälle teilweise nachholen wird. Danach dürfte sich die Erholung aber wieder abschwächen. Sorgen bereitet unter anderem die Schuldenkrise in Griechenland und anderen Euro-Ländern. «Da die Regierung bald stärker sparen wird und wichtige Handelspartner konjunkturell schwächeln, dürfte das Wachstum zum Jahresende 2010 wieder geringer ausfallen», sagte Krüger. Für das Gesamtjahr 2010 prognostizierte die Commerzbank ein Wachstum von 1,8 Prozent. Die Wirtschaftsleistung wurde im ersten Quartal 2010 von 39,8 Millionen Erwerbstätigen erbracht, das waren 107.000 Menschen oder 0,3 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.
Anstieg der Unternehmenspleiten beschleunigt sich wieder
In Deutschland hat sich der Anstieg der Unternehmensinsolvenzen im Februar wieder beschleunigt. Die Zahl der Insolvenzen sei im Jahresvergleich um 6,9 Prozent auf 2.558 gestiegen, teilte das Statistische Bundesamt weiter mit. Im Januar hatte sich die Zahl der Insolvenzen um 4,2 Prozent erhöht. Die Verbraucherinsolvenzen erhöhten sich im Februar um 15,9 Prozent auf 8.632. Insgesamt stiegen die Insolvenzen um 11,3 Prozent auf 13.487. Bei der Gesamtzahl werden auch noch Insolvenzen von anderen privaten Schuldnern und Nachlässen berücksichtigt. Die voraussichtlichen offenen Forderungen der Gläubiger beziffern die Gerichte im Februar auf 3,0 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor waren die Forderungen noch 0,5 Milliarden Euro niedriger. (awp/mc/ps/07)