Deutsches Kabinett beschliesst Euro-Rettung

Der deutsche Garantierahmen für Notkredite an klamme Euro-Länder beträgt nach ersten Berechnungen maximal 123 Milliarden Euro. Er kann auf rund 148 Milliarden Euro steigen, wenn Länder nicht mitziehen, die selbst Hilfen gegen eine Pleite benötigen. Die Garantiezusagen sollen auf drei Jahre befristet sein. «Bei unvorhergesehenem und unabweisbarem Bedarf kann die Garantieermächtigung mit Einwilligung des Haushaltsausschusses um 20 Prozent überschritten werden», heisst es im ursprünglichen Gesetzentwurf. Er könnte vom Kabinett noch verändert worden sein.


Vorläufig entstehen keine Kosten
Kosten entstehen für Deutschland zunächst nicht. Die Steuerzahler haften aber für das Risiko. Werden jedoch Notkredite zurückgezahlt und fallen nicht aus, macht der Bund sogar ein gutes Geschäft. Die Bundesregierung sieht die Ausfallwahrscheinlichkeit als gering an. Bundestag und Bundesrat stimmen voraussichtlich im Juni ab. Ein Eilverfahren wie bei den Griechenland-Hilfen ist nicht nötig. Das Gesetz soll aber zügig verabschiedet werden. Die Opposition ist skeptisch, auch in den Koalitionsfraktionen gibt es viele Fragen.


Merkel schliesst Rücktritt Schäubles aus
Finanzminister Schäuble verpasste mit der Kabinettssitzung erneut einen wichtigen Termin im Ringen um eine Stabilisierung des Euro. Er war am Montag aus einem Brüsseler Krankenhaus entlassen worden und nach Deutschland zurückgekehrt. Zuvor musste er seine Teilnahme am Krisengipfel der EU-Finanzminister in Brüssel, auf dem am Sonntag das beispiellose Rettungspaket beschlossen wurde, absagen. Schäuble musste wegen einer Medikamenten-Unverträglichkeit in die Klinik. Einen Rücktritt des gesundheitlich angeschlagenen Ministers hatte Kanzlerin Angela Merkel am Montag ausgeschlossen.


Risikopuffer
Das am Wochenende geschnürte Euro-Rettungspaket umfasst insgesamt Hilfen von bis zu 750 Milliarden Euro. Als erste Notfall-Hilfe können 60 Milliarden Euro der EU-Kommission sofort fliessen. Dieses neue Gemeinschaftsinstrument wird garantiert durch den EU-Haushalt. Reicht das Geld nicht, leisten die Euro-Staaten Kreditgarantien von bis zu 440 Milliarden Euro. Dazu wird eine Zweckgesellschaft gegründet, die Kapital aufnehmen und Kredite an bedrohte Länder weiterreichen soll. Der Beitrag der teilnehmenden Euro-Länder richtet sich nach ihrem Anteil am Kapital der Europäischen Zentralbank – für Deutschland rund 28 Prozent. Dazu käme der Risikopuffer, wenn klamme Staaten nicht mitziehen können.


Sanierungsprogramme als Voraussetzung
 Dritter Teil des Rettungsschirms sind Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Zuletzt hiess es, dass sich der IWF mit «mindestens der Hälfte der von europäischer Seite aufgebrachten Mittel» an möglichen Hilfen beteiligt. Das wären 220 Milliarden Euro, wenn nur der Garantierahmen der Euro-Länder einbezogen wird oder 250 Milliarden Euro, wenn auch die Gelder der EU-Kommission dazukommen. Offiziell hat der IWF noch keine Finanzierungszusage gemacht. Grundlage für mögliche Milliarden-Hilfen ist, dass das betroffene Euro-Land mit dem IWF, der EU-Kommission unter Mitwirkung der Europäischen Zentralbank (EZB) ein Sanierungsprogramm umsetzt. Dieses soll einvernehmlich von den Euro-Staaten gebilligt werden.


Weitere Eskalation verhindern
«Die jüngste Verschärfung der Krise hat dazu geführt, dass sich in einigen Mitgliedstaaten die Finanzierungsbedingungen in kürzester Zeit in einer Weise verschlechtert haben, die sich nicht durch eine Änderung der Fundamentaldaten erklären lässt», heisst es in dem Entwurf für ein «Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus» zur Begründung. «Eine weitere Eskalation der Lage würde die Zahlungsfähigkeit dieser Staaten gefährden und eine ernste Gefahr für die Finanzstabilität der Währungsunion insgesamt nach sich ziehen.» (awp/mc/ps/16)

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