Deutschland: DIW gegen Konjunkturpaket III
«Angesichts der ohnehin drastisch steigenden Staatsschulden wären weitere Konjunkturmassnahmen – seien es weitere Ausgaben, oder seien es Steuersenkungen – nicht zu verantworten.» In Folge der Konjunkturlage und der von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Konjunkturprogramme werden sich die öffentlichen Haushalte dem Institut zufolge in einer in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellosen Weise verschulden. Das Gesamtdefizit der öffentlichen Haushalte werde – bei grosser Unsicherheit – im nächsten Jahr auf weit über 100 Milliarden Euro ansteigen, nach knapp 80 Milliarden Euro in diesem Jahr und einem nahezu ausgeglichenen Haushalt 2008.
Weitere Zinssenkungen der EZB nicht ausgeschlossen
Eine qantitative Lockerung der Geldpolitik auch der Europäischen Zentralbank (EZB) ist aus Sicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in den nächsten Monaten nicht auszuschliessen. Falls die Inflationsrate im Euroraum weiter zurückgehe, spreche dies für eine weitere Zinssenkung der EZB in den kommenden Monaten, heisst es in dem am Mittwoch vorgestellten Konjunkturbericht.
Einlagenfazilität vor Nulllinie
Bei dem jetzigen Zinsniveau von 1,25 Prozent bedeute dies, dass die Einlagenfazilität die Nulllinie erreiche. Vor diesem Hintergrund sei nicht auszuschliessen, dass die EZB in den nächsten Monaten der US-Notenbank Fed und der Bank of England (BoE) folge und eine Geldpolitik der quantitativen Lockerung führen werde. Dann stelle sich die Frage, ob sich die EZB auf das Aufkaufen von Unternehmens- oder Staatsanleihen konzentrieren sollte. Beide Fälle wären ordnungspolitisch problematisch.
DIW erwartet 2009 Einbruch der Wirtschaftsleistung um 4,9%
Das DIW rechnet im laufenden Jahr mit einem scharfen Einbruch der Wirtschaftsleistung in Deutschland. Für 2009 sei ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 4,9 Prozent zu erwarten, teilte das DIW weiter mit. Damit senkten die Forscher ihre Anfang Januar mit minus 1,1 Prozent angegebene Prognose deutlich. Zum Jahresende sei mit einer Stabilisierung der Entwicklung zu rechnen.
Ohne Vertrauen in Finanzmärkte keine Stabilisierung
Zum sich abzeichnenden Ende der wirtschaftlichen Talfahrt trügen die globalen Konjunkturprogramme bei. «Vor allem sprechen aber die niedrigen Rohstoffpreise und die dadurch sinkende Inflation für eine graduelle Erholung der Weltwirtschaft», sagte DIW-Chef Klaus Zimmermann. Voraussetzung für eine konjunkturelle Stabilisierung sei aber eine Rückkehr des Vertrauens in die Finanzmärkte.
Leichte Belebung für 2010 erwartet
Für 2010 sieht das Institut ein realistisches Szenario in einer leichten Belebung. «Am ehesten ist von einer sehr schwachen und langsamen Erholung auszugehen,» sagte Zimmermann. Im Januar war er noch von einem Wachstum von 1,1 Prozent ausgegangen. Nun verzichtetet er vor dem Hintergrund der weiterhin grossen konjunkturellen Unsicherheiten auf die Angabe einer konkreten Wachstumsrate, denn der konjunkturelle Wendepunkt sei schwer auszumachen. Die Unsicherheit sei derzeit besonders gross. (awp/mc/ps/17)