Deutschland gegen grösseren Euro-Rettungsschirm
An den Finanzmärkten herrscht nach dem Hilfsantrag Irlands mit Blick auf die Euro-Sorgenkinder Portugal und Spanien weiter Unruhe. Die spanische Regierung versicherte jedoch, sie wolle keinen eigenen Antrag stellen. Die Bundesregierung betonte wiederum, es werde kein Druck auf Portugal ausgeübt, die Hilfen in Anspruch zu nehmen. Derweil verabschiedete das Parlament in Lissabon seinen umstrittenen Sparhaushalt für 2011.
«Unheimlich viel spekuliert»
«Es wird derzeit unheimlich viel spekuliert, und da gewinnen auch ganz abseitige Äusserungen plötzlich eine Bedeutung und verunsichern die Märkte, und das schafft zusätzliche Unruhe», sagte Schäuble dem Sender. Im Bundestag bekräftigte der Minister, im Fall Irland könnten die konkreten Massnahmen bis Anfang kommender Woche beschlossen werden. Erwartet wird, dass Irland 85 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) erhält. Aus EU-Kreisen verlautete, die Finanzminister wollten am Sonntag am Telefon darüber entscheiden.
Markt hakt Thema Irland ab
Zudem werde mit Hochdruck an Vorschlägen für einen dauerhafte Krisenregelung nach Auslaufen des Rettungsschirms Mitte 2013 gearbeitet, betonte Schäuble. Diese könnten beim Treffen der EU- Staats- und Regierungschefs am 16. und 17. Dezember konkretisiert werden. An den Märkten ist das Thema Irland inzwischen weitgehend abgehakt. Anlass für die anhaltende Nervosität dürfte nach Einschätzung des Chefvolkswirts der Deutschen Bank, Thomas Mayer, vor allem die Lage in Portugal sein. «Ich fürchte, momentan schauen die Märkte vor allem auf Portugal, das von den Fundamentaldaten her Griechenland ähnelt», sagte Mayer der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Freitag). Spanien stehe besser da.
Spanien: Zapatero beschwichtigt
Der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero hält es für «absolut ausgeschlossen», dass Spanien auf den Rettungsfonds zurückgreifen muss. «Wir werden aus eigener Kraft aus der Krise kommen», betonte der sozialistische Politiker im Rundfunksender Rac1. Ein Bericht, wonach Portugal zu einem Hilfsantrag gezwungen werden soll, wurde von mehreren Seiten dementiert. «Die Bundesregierung drängt niemanden unter den Rettungsschirm», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Laut «Financial Times Deutschland» (Freitag) setzen sich die Europäische Zentralbank (EZB) und eine Mehrheit der Euroländer dafür ein, dass auch Portugal um Hilfe aus dem Fonds bittet. Die EU-Kommission wies solche Spekulationen jedoch ebenfalls zurück.
Drastische Sparmassnahmen
Das Parlament in Lissabon billigte den portugiesischen Etat bei der zweiten Abstimmung am Freitag, nur zwei Tage nachdem ein grosser Generalstreik das Land weitgehend lahmgelegt hatte. Im Portugal sollen unter anderem die Gehälter im öffentlichen Dienst gekürzt und die Mehrwertsteuer erhöht werden. Auch Irland will drastisch sparen. Die Ratingagentur Standard & Poor’s korrigierte am Freitag ihre Einschätzung für vier irische Kreditinstitute nach unten. Das Rating der angeschlagenen Anglo Irish Bank wurde auf B gesetzt. Die Aktien der Bank haben damit nach Einschätzung der Agentur den Charakter von Ramschpapieren. Ferner wurden auch die Ratings für die Allied Irish Banks (AIB) (AIB), Bank of Ireland sowie die Irish Life and Permanent herabgesetzt.
Experten empfehlen Aufstockung des Fonds
«Wir glauben, dass die irische Regierung gezwungen sein könnte, ihren gegenwärtigen Grad der Unterstützung bezüglich der nicht abgedeckten Verbindlichkeiten bei Anglo überprüfen muss.» Aus den irischen Banken haben Anleger in den vergangenen Tagen der Unsicherheit Milliardenbeträge an Einlagen abgezogen. Bereits Mitte der Woche war gemutmasst worden, die Banken könnten schnell mehrere hundert Millionen Euro frisches Geld benötigen. Regierungssprecher Seibert sagte zu einer möglichen Aufstockung des Rettungsfonds, die Frage stelle sich nicht. Das Hamburgische WeltWirtschafts-Institut (HWWI) schlägt einem Bericht der «Bild»-Zeitung zufolge eine Erhöhung des Garantierahmens des Rettungsschirms um 500 Milliarden Euro auf 1,25 Billionen Euro vor.
Renditeaufschläge steigen weiter
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, hält demnach sogar eine Verdoppelung auf 1,5 Billionen Euro für vorstellbar. Bundesbankchef Axel Weber hatte zuvor erklärt, im Notfall könne der Rettungsschirm aufgestockt werden. Die Renditeaufschläge für die Anleihen der Euro-Sorgenkinder erhöhten sich am Freitag im Vergleich zur Bundesanleihe weiter. Vor allem der Aufschlag für kurzfristige spanische Titel legte zu und erreichte neue Rekordstände. Der Kurs des Euro hielt sich bis zum Mittag mit 1,3325 Dollar auf dem Niveau vom Vortag. (awp/mc/ps/31)