Deutschland: Rezessionsende naht
Auch bei den Exportunternehmen steigt die Zuversicht. Der Einbruch des Welthandels habe seinen Tiefpunkt erreicht. Der deutsche Aussenhandel werde sich in den kommenden Monaten leicht erholen, erwartet der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in seinem noch unveröffentlichten Aussenwirtschaftsreport, so die «Welt am Sonntag». Wegen des Einbruchs im ersten Quartal rechnet der BDI für dieses Jahr aber mit einem Rückgang der Exporte um 15 Prozent verglichen mit 2008.
Den neuen Berechnungen aus dem Ministerium liegen Daten von April und Mai zugrunde, für Juni behelfen sich die Konjunkturexperten von Minister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit Annahmen. Eine Ministeriumssprecherin wollte den Magazinbericht am Samstag in Berlin nicht kommentieren. Laut «Spiegel» rechnet man im Ministerium noch mit Unwägbarkeiten. So kann der erwartete Anstieg der Arbeitslosigkeit gegen Ende des Jahres zum Einbruch des Konsums führen. Guttenberg hatte am Donnerstag von dem «einen oder anderen positiv stimmenden Indikator» gesprochen und zugleich vor Euphorie gewarnt.
Offizielle Daten im August
Die offiziellen Wachstumszahlen des zweiten Quartals wird das Statistische Bundesamt im August veröffentlichen. Die Entwicklung könnte laut «Spiegel» dazu führen, dass die Bundesregierung ihre Konjunkturprognose für 2009 – minus sechs Prozent – nach oben korrigiert. Der Auftragseingang der Industrie nahm im Mai gegenüber Vormonat um 4,4 Prozent zu, die Industrieproduktion sogar um 5,1 Prozent. Mit einer kräftigen Erholung rechne das Ministerium aber nicht. Vielmehr werde das Wachstum nur langsam Tritt fassen und sich dann beschleunigen. Die Wirtschaftsleistung werde bald wieder das Niveau des vergangenen Jahres erreichen, schreibt Wirtschaftsstaatssekretär Walther Otremba in der «WirtschaftsWoche». Die Krise habe die Wirtschaftsordnung nicht beschädigt, die Marktwirtschaft sei intakt. Otremba warnte davor, eine Insolvenz gefährdeter Betriebe generell zu verhindern. Dies koste mindestens so viele Arbeitsplätze andernorts.
Stabilisierung der Exporte
«Die jüngsten Zahlen deuten auf eine Stabilisierung der Exporte auf niedrigem Niveau hin. Nach der positiven Entwicklung der Auftragseingänge im Mai erwarten wir jetzt eine weitere Konsolidierung», sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf der «Welt am Sonntag». Positiv für die exportorientierte deutsche Wirtschaft sei, dass internationale Frühindikatoren auf eine Erholung der wichtigsten deutschen Exportmärkte hindeuten, so die Zeitung. Der Frühindikator der OECD stieg im Juni für wichtige Exportkunden Deutschlands wie Frankreich, Grossbritannien, die USA und Italien erstmals seit vielen Monaten wieder. Auch der internationale Geschäftsklimaindex, der vom Münchner ifo Institut für die verschiedenen Weltregionen erhoben wird, kündigt eine Erholung der wichtigsten deutschen Exportmärkte an.
Industrieumsätze
Die Umsätze in der deutschen Industrie stiegen im Mai so stark wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Die Industrieumsätze kletterten gegenüber dem Vormonat um 4,6 Prozent. Der starke Anstieg basierte auf einem sehr niedrigen Niveau, denn die Industrieumsätze lagen arbeitstäglich- und preisbereinigt noch immer um deutliche 19 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Im April hatte das Minus im Jahresvergleich bei 23,3 Prozent gelegen, im Monatsvergleich bei 2 Prozent. Zuletzt gingen die Industriebestellungen aus dem Ausland nicht weiter zurück. Sie lagen zwar immer noch ein Drittel unter dem Volumen des Vorjahres, aber im Mai legte das Auslandsgeschäft zuletzt um 5,2 Prozent zu.
Nachfrage nach Zeitarbeitern steigt wieder
Die von der Wirtschaftskrise schwer getroffene Zeitarbeitsbranche schöpft wieder Hoffnung. Die Nachfrage nach Arbeitskräften bei den 1.100 Mitgliedsunternehmen seines Verbandes habe in den vergangenen anderthalb Monaten wieder um zehn Prozent zugelegt, sagte der Präsident des Arbeitgeberverbandes Mittelständischer Personaldienstleister (AMP), Peter Mumme, dem Magazin «Focus». «Man konnte nicht davon ausgehen, dass es jetzt im Sommer schon wieder anzieht. Ich hätte das eher fürs nächste Frühjahr erwartet.»
Innert Jahresfrist 300’00 Temporärstellen abgebaut
Die Aufwärtsentwicklung macht dem Bericht zufolge die bisherigen Stellenverluste in der Zeitarbeit zwar nicht wett, die seit Juli vergangenen Jahres mehr als 300.000 betrugen. Aber auch andere Arbeitgeberverbände der Branche sprächen von einem Ende der steilen Talfahrt. «Der tiefe Fall ist vorbei», sagte die Vorsitzende des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen, Ariane Durian, dem «Focus». Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Zeitarbeit (BZA), Ludger Hinsen, prognostizierte: «2011 haben wir eine Million Beschäftigte.» Das wären laut «Focus» doppelt so viele wie im April 2009. (awp/mc/ps/03)