Deutschland: Schärfere Regeln gegen Steuerbetrug

Opposition und Steuergewerkschaft kritisieren die Pläne als Minimallösung, die weiter Steuertricks ermögliche. Die Unionsfraktion prüft eine weitere Verschärfung wie einen Strafzins. Nach dem Gesetzentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sollen reuige Steuerhinterzieher künftig nur dann straffrei bleiben, wenn sie ihre Schwarzgeld-Geschäfte umfassend offenlegen. Die Teil- Selbstanzeige, mit der sich Betrüger nur scheibchenweise – je nach Entdeckungsrisiko – erklären, soll nicht mehr möglich sein.


Teil-Selbstanzeigen künftig hinfällig
Bisher gilt die Strafbefreiung auch für solche Selbstanzeigen, die etwa nur ein Jahr umfassen oder nur Einkünfte, die bei einer einzigen Bank versteckt wurden. Fliegen später weitere Schwarzgelder auf, muss der Steuerhinterzieher bisher nur für diesen neu entdeckten Teil Strafe fürchten. Künftig wäre eine solche Teil-Selbstanzeige hinfällig. Auch soll künftig der Zeitraum für die mögliche Inanspruchnahme der strafbefreienden Selbstanzeige verkürzt werden. Anders als zunächst diskutiert, verzichtet Schäuble in seinem Entwurf auf einen zusätzlichen Strafzins. Steuerbetrüger kommen damit wie bisher mit dem üblichen Nachzahlungszins von sechs Prozent davon. Den müssen auch unbescholtene Steuerzahler – etwa wegen zu geringer Vorauszahlungen – nachträglich an den Fiskus entrichten.


Länder bleiben vorerst aussen vor
Der finanzpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Leo Dautzenberg (CDU), kündigte an, in den weiteren Parlamentsberatungen werde entschieden, ob noch ein Extra-Zinszuschlag auf hinterzogene Steuern erhoben werden soll. «Das muss aber absolut verfassungsfest sein, hier wollen wir deshalb zunächst noch die Empfehlung des Bundesrats und auch die Sachverständigenanhörung abwarten.» Ein Sprecher Schäubles sagte, der vorliegende Gesetzentwurf beinhalte nur strafrechtliche Aspekte. Die Länder müssten hier nicht zustimmen. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass im weiteren Verfahren auch steuerrechtliche Aspekte «einverhandelt» werden. Bei Steuerrechtsfragen müsste der Bundesrat zustimmen.


Rechtsprobleme 
In der Vergangenheit hatte das Ministerium auf Rechtsprobleme verwiesen. Ein Strafzins könne wie jede Strafe nur von einem Gericht verhängt werden. Aus Sicht der Steuergewerkschaft wäre es möglich, einen Aufschlag als Ausgleich für erhöhte Verwaltungskosten zu rechtfertigen. Dieser wäre dann formal keine Strafe. Mit den Plänen zieht die Koalition Konsequenzen aus der Flut von Selbstanzeigen in den vergangenen zwei Jahren. Auslöser waren aufgetauchte Bankdaten aus Liechtenstein und der Schweiz. Aus Angst vor Entdeckung haben sich fast 30 000 Steuerbetrüger selbst angezeigt. Der Fiskus rechnet nach vorsichtigen Schätzungen in diesem Jahr mit zwei Milliarden Euro Mehreinnahmen.


«Verwässerte Regelung»
Der Chef der Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, sprach von einer verwässerten Regelung. Der «Leipziger Volkszeitung» (Donnerstag) sagte er: «Es gibt leider politische Kräfte, die Steuerhinterzieher decken und schützen wollen. Die FDP ist da in jedem Fall dabei, aber es scheint auch ein kleiner Teil der Union dazu zu gehören.» Wolfgang Neskovic von den Linken kritisierte, die Absicht, die Selbstanzeige im Steuerstrafrecht weiter zu ermöglichen, offenbare eine unverständliche Nachsicht mit Steuerkriminellen. In keinem anderen Bereich des Strafrechts würden Kriminelle so sehr begünstigt wie bei der Straftat der Steuerhinterziehung.


Kulanz-Regel
Aus Vertrauensschutz sollen alle bereits abgegebenen Teil-Selbstanzeigen noch in dem erklärten Umfang zur Straffreiheit führen, heisst es weiter. Marktmanipulation, Insiderhandel und Produktpiraterie würden Vortaten des Geldwäschestraftatbestandes. Ende Mai hatte der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass eine Strafbefreiung nur dann möglich sei, wenn der Täter zur «Steuerehrlichkeit» zurückkehre. Es reiche nicht aus, wenn ein Steuerhinterzieher von mehreren heimlichen Auslandskonten nur diejenigen offenbart, deren Aufdeckung er fürchtet. (awp/mc/ps/20)

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