Deutschland: Sommerflaute drosselt Job-Boom

Im August war die Zahl der Jobsuchenden um 4.000 auf 3.188.000 gesunken – und damit auf den niedrigsten August-Stand seit 18 Jahren. Die Arbeitslosenquote lag unverändert bei 7,6 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr waren 283.000 Männer und Frauen weniger von Arbeitslosigkeit betroffen. 


Fragiler Aufschwung
«Die gute konjunkturelle Entwicklung hat die Situation am Arbeitsmarkt weiter verbessert. Die wesentlichen Indikatoren entwickeln sich in die richtige Richtung», kommentierte das BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt die neuesten Arbeitsmarktdaten. Trotzdem sei der Aufschwung fragil. «Es gibt ein ganzes Bündel von Risiken», sagte Alt. «Derzeit ist es schwer zu prophezeien, wie sich das fortsetzen wird.» So habe etwa die deutsche Industrie die Krise noch nicht gänzlich überwunden. Hinzukämen die Abkühlungstendenzen der US-Konjunktur.


Brüderle zuversichtlich
Ungleich zuversichtlicher zeigte sich am Dienstag Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Der Arbeitsmarkt sei inzwischen in einer so guten Verfassung, dass er die Konjunktur anschiebe. Die Beschäftigungsentwicklung und die damit verbundenen höheren Einkommen verliehen der konjunkturellen Erholung Substanz und Eigendynamik. Die Erwerbstätigkeit habe saisonbereinigt nahezu wieder ihren Rekordstand vor dem Ausbruch der Krise erreicht.


Temporärfirmen profitieren
Nach Alts Angaben spüren aber längst nicht alle Branchen den aktuellen Job-Boom im gleichen Masse. So seien zwischen Juni 2009 und Juni 2010 in der Industrie, dem Handel und in Autowerkstätten 159.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Vom Aufschwung profitierten vor allem Zeitarbeitsunternehmen; diese hätten im selben Zeitraum fast 240.000 Frauen und Männer angeheuert, um sie in der Frühphase des Aufschwungs an Kundenunternehmen auszuleihen. Weitere 113.000 Stellen seien im Gesundheits- und Sozialwesen entstanden, 91 000 im Bildungswesen. Von den 442.000 binnen Jahresfrist geschaffenen Jobs im Dienstleistungsbereich sind nach Alts Angaben 174.000 Teilzeitstellen.


BA: Kurzarbeit verliert an Bedeutung
Weiter an Bedeutung verliert nach Angaben von BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker die Kurzarbeit. Im Juni sei ihre Zahl auf 406.000 geschrumpft. «Ich gehe davon aus, dass die Zahl im Juli und August wegen Betriebsferien weiter zurückgegangen ist», meinte der BA- Manager. Im August haben Unternehmen nach ersten Hochrechnungen der BA nur noch für rund 20.000 Beschäftigte Kurzarbeitergeld beantragt. Viele Firmen federten Auftragsspitzen zunächst mit Leiharbeitern ab, erläuterte Becker. Im Juni war die Zahl der Zeitarbeiter auf rund 700.000 hochgeschnellt und näherte sich damit dem bisherigen Rekord von 823.000 im Juli 2008.


Zahl der Erwerbstätigen steigt
Als Hinweis auf den Arbeitsmarktaufschwung wertet die Bundesagentur die weiterhin steigende Zahl der Erwerbstätigen; bereinigt um saisonale Besonderheiten nahm sie nach den jüngsten Daten vom Juli um 13.000 zu, während sie unbereinigt um 17.000 auf 40,35 Millionen abnahm. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies dennoch ein Plus von 137.000. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung legte im Juni saisonbereinigt um 28.000 zu. Unbereinigt lag sie bei 27,66 Millionen, ein Plus von 284.000 binnen Jahresfrist. Auch die Arbeitslosenzahl wäre im August ohne Sommerflaute stärker gesunken – und zwar um 17.000 auf 3,193 Millionen, wobei der Aufschwung im Osten (minus 12.000) stärker ausfiel als im Westen (minus 5.000).


Eurozone: Arbeitslosenquote verharrt im Juli bei 10 Prozent
Derweil hat sich in der Eurozone die Arbeitslosenquote im Juli nicht verändert. Die Quote habe wie im Vormonat bei 10,0 Prozent gelegen, teilte die europäische Statistikbehörde Eurostat am Dienstag in Luxemburg mit. Volkswirte hatten dies im Durchschnitt erwartet. Ein Jahr zuvor hatte die Quote noch bei 9,6 Prozent gelegen. Die niedrigste Quote in der Eurozone hat Österreich mit 3,8 Prozent, während Spanien mit 20,3 Prozent den höchsten Wert aufwies. (awp/mc/ps/11)

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