Devisen-Ausblick 2008: Ende des Euro-Höhenflugs frühestens ab Jahresmitte möglich

Die europäische Gemeinschaftswährung hat im vergangenen Jahr nicht nur gegenüber dem US-Dollar, sondern auch gemessen an den wichtigsten Währungen der Welt rasant zugelegt. Mit 1,4966 US-Dollar war der Euro Ende November so viel wert wie nie zuvor seit seiner Einführung 1999. Mittlerweile hat der Euro sogar den alten Rekord der D-Mark vom Februar 1995 eingestellt. Der Trend weist erst einmal nach oben: Für das laufende Jahr rechnen einige Experten damit, dass der Euro die magische Marke von 1,50 Dollar bald reisst und womöglich gar die 1,60 Dollar überwindet.


Korrektur wird noch schmerzhafter


«Die Korrektur wird wohl noch schmerzhafter werden», sagt der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter. Insbesondere das schnelle Tempo der Rekordjagd verblüffte die Experten: Innerhalb von nur zweieinhalb Monaten legte der Euro von 1,40 auf fast 1,50 Dollar zu und pendelt derzeit mit 1,44 Dollar immer noch auf hohem Niveau. Die Aufwertung zum Dollar betrug seit Jahresbeginn 2007 9 Prozent, gegenüber den wichtigsten Währungen fast 5 Prozent. «Die Aufwertung ist vor allem mit der schrumpfenden Zinsdifferenz zwischen den USA und Europa zu erklären, die die Märkte 2007 umgetrieben hat», sagt Volkswirt Andreas Scheuerle von der DekaBank.

US-Leitzins nähert sich der Eurozone an
Denn der Leitzins in den USA nähert sich dem in Europa an: Unter dem Druck der schwelenden Kredit- und Immobilienkrise hat die US-Notenbank den Leitzins seit Herbst drei Mal in Folge auf nunmehr 4,25 Prozent gesenkt. Damit liegen die Zinsen kaum höher als im Euro-Raum, wo der Leitzins seit Monaten konstant 4,0 Prozent beträgt. Anlagen im US-Währungsraum werden dadurch unattraktiver und viele Investoren und Finanziers ziehen ihre Mittel aus den USA ab, was den Dollar erheblich belastet.

Ende der Finanzmarktkrise nicht abzusehen


Eine Renaissance des Dollars ist vorerst nicht in Sicht. Nach wie vor ist die Sorge vor einer Rezession in den USA nicht gebannt und ein Ende der Finanzmarktkrise nicht abzusehen. Viele Experten halten weitere Leitzinssenkungen für möglich. Hinzu kommt das enorme Defizit in der Leistungsbilanz der USA. Die Rallye des Euro ist nach Expertenansicht aber nicht allein in einer Schwäche des Dollar begründet. «Die Stärke des Euro reflektiert auch die positiven Erwartungen der Welt in unsere Währung», sagte Ex-Bundesbank-Präsident Hans Tietmeyer kürzlich. Die Europäische Zentralbank (EZB) habe stets einen strikt stabilitätsorientierten Kurs in ihrer Geldpolitik verfolgt.

Notenbanker sind in Sorge
Die Notenbanker sind in Sorge und sehen den starken Euro als Gefahr für die Weltwirtschaft. «Brutale Bewegungen sind nicht willkommen», sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, als der Euro im November Kurs auf 1,50 Dollar nahm. Der Euro drückt auf die Gewinne der exportorientierten Firmen. «Die Wechselkursentwicklung erschwert das Geschäft», sagt der Präsident des Autoverbandes VDA, Matthias Wissmann. BMW baut daher seinen US-Standort aus und VW plant ein Werk in Nordamerika. Der Chef des Flugzeugbauers Airbus, Thomas Enders, sagte kürzlich, der Euro-Wechselkurs habe für Airbus «die Schmerzgrenze überschritten»: «Das ist lebensbedrohlich.»

Globalisierung federte Folgen des starken Euro ab


Nach einer Faustregel senkt eine Euro-Aufwertung von zehn Prozent das Wirtschaftswachstum um 0,5 Prozentpunkte. Bislang federt die Globalisierung die Folgen des starken Euro für die Wirtschaft aber ab, weil die Nachfrage aus Öl- und Schwellenländern wie Russland, China und Indien den schwächelnden Absatz in den USA ausgleicht. Zudem gehen mehr als zwei Drittel der deutschen Exporte in den Euro-Raum und sind vom Wechselkurs nicht beeinflusst. Der starke Euro verbilligt auch importierte Güter wie zum Beispiel Öl.

Erholung des Dollar Mitte 2008
Einen Abgesang auf den Dollar halten die meisten Ökonomen aber für falsch. Wenn die US-Konjunktur sich bald erhole, könnte es schon 2008 mit den US-Leitzinsen wieder nach oben gehen. «Mitte 2008 ist in Verbindung mit einer Stabilisierung der US-Wirtschaft auch mit einer Erholung des Dollar zu rechnen», schreibt Claudia Windt von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). (awp/mc/ab)
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