«Die Poesie der Linie. Italienische Meisterzeichnungen»
Zürich – Vom 31. Januar bis 26. April 2020 zeigt das Kunsthaus Zürich «Die Poesie der Linie. Italienische Meisterzeichnungen», eine Auswahl seiner kleinen, hochkarätigen Sammlung italienischer Zeichnungen, die in der Zeit zwischen Renaissance und Barock entstanden sind und neu von Studierenden der Universität Zürich inspiziert wurden.
Die Kabinettausstellung präsentiert rund dreissig der bedeutendsten Werke aus der Grafischen Sammlung des Kunsthaus Zürich. Vom Anblick der virtuos auf das Papier geworfenen Linien kommt man gedanklich schnell zur Entstehung eines Kunstwerks.
Raffael, Correggio, Guercino
Viele der Werke gehören längst zu den Klassikern der Grafischen Sammlung, wie etwa eine Vorzeichnung Raffaels für die Stanzen im Vatikan oder die anmutige Darstellung Lukrezias von der Hand Palma Vecchios. Andere Blätter sind bislang noch nicht einmal publiziert, obgleich sie von nicht weniger gefeierten Meistern wie Guercino, Correggio oder Carlo Maratti stammen. Um diese Werke einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen, wurde die Grafische Sammlung gewissermassen in ein Laboratorium verwandelt.
Begegnung mit dem Original
In Kooperation mit Studierenden der Universität Zürich ist man den Zeichnungen förmlich zu Leibe gerückt. Das ist ganz wörtlich zu nehmen, denn für die professionelle Zuschreibungspraxis oder die Verortung einer Zeichnung in die ihr entsprechenden Kulturlandschaften ist die Begegnung mit dem Original ganz entscheidend. Dass diese Begegnung durch namhafte Forscher stattgefunden hat, belegen die vielen handschriftlichen Kommentare auf den Passepartouts der Werke. Die Autoren lesen sich wie ein «Who is Who» der internationalen Zeichnungsforschung: Von Marco Simone Bolzoni und Chris Fischer über Catherine Goguel bis Joachim Jacoby reichen die Namen derer, die ihre Einschätzungen bei einzelnen Zuschreibungsfragen zum Ausdruck gebracht haben. Ihre Annotationen dienten als Leitfaden, um weitere Forschungen durch Vergleiche und unter Zuhilfenahme der jeweiligen Fachliteratur vorzunehmen.
Studium und Erfahrung schulen das Sensorium
Allerdings kann die Fachliteratur oft nur bedingt helfen. Vielmehr sind Kunstliebhaber und Sammlungskuratoren in grafischen Kabinetten dazu angehalten, die im Gedächtnis hinterlegten Vergleichsbeispiele abzurufen und sich nicht zuletzt auf das eigene Sensorium zu verlassen – etwa wie die Struktur eines Blattes beschaffen ist, ob rau oder glatt, wenn es mit Tusche, Kreide oder Grafit bearbeitet wird. Aber die sinnliche Ausstrahlung der dargestellten Porträts, Landschaften und mythologischen bzw. christlichen Szenen üben auf die Besuchenden einen mindestens ebenso grossen Reiz aus.
Die universitäre Lehre kann, davon ist Kurator Jonas Beyer überzeugt, von den Synergien mit der musealen Praxis profitieren, zumal die Studierenden später in Betätigungsfeldern aktiv werden, wo der Umgang mit Originalen zu den reizvollsten Herausforderungen zählt.
Publikation
Die begleitende Publikation (Verlag Scheidegger & Spiess, 128 S., rund 60 Abb.) in der Reihe der Sammlungshefte mit Beiträgen von Jonas Beyer, Michael Matile und Studierenden der Universität Zürich ist für CHF 24.– im Kunsthaus-Shop und im Buchhandel erhältlich. (Kunsthaus Zürich/mc/kbo)