Die Rallye geht weiter – EU-Krise sorgt für Höhenrausch

«Gold als Ersatzwährung ist ein sicherer Hafen», sagt Währungsstratege Mario Mattera vom Bankhaus Metzler. «Der Goldpreis ist ein Krisenbarometer.»


Höchster Kurs seit Anfang der 90er Jahre


Seit dem Nein Frankreichs und der Niederlande zur EU-Verfassung ist der Preis für die Feinunze Gold seit Anfang Juni von 415 auf 441 US-Dollar gestiegen – das ist ein Drei-Monats-Hoch. Gleichzeitig sprang der Preis in Euro gerechnet um fast zehn Prozent auf 365 Euro, den höchsten Kurs seit Anfang der 90er Jahre. «Damit ist eine wichtige psychologische Marke durchbrochen», sagt die Rohstoffexpertin Sandra Ebner von der DekaBank. «Jetzt wird noch mehr Kapital in Goldanlagen fliessen.»

Fehlendes Vertrauen in den Euro

Lange Zeit war das gelbe Edelmetall an den Märkten kein Thema mehr. In den 90er Jahren lagen Aktien im Trend; Gold galt als renditeschwach und altbacken, der Goldpreis sackte 1999 auf 250 Euro ab. Nun suchen die Anl eger wieder die Sicherheit im Gold, das keine Kaufkraft verliert und seinen Wert bewahrt. Als Grund gelten die Probleme der globalen Finanzmärkte und die Haushaltsverschuldung der USA. «Jetzt ist die Angst in der Eurozone hinzugekommen, dass der ein oder andere Staat erhebliche Finanzprobleme bekommt», sagt Experte Mattera. Die Märkte seien nicht mehr der Meinung, dass der Euro dem US-Dollar den Rang ablaufen könne.

Und trotzdem steigen die Goldpreise weiter


Diese Euro-Angst-hat die alte Faustregel ausser Kraft gesetzt, nach der Gold vom schwindsüchtigen Dollar profitiert. Bislang hiess es: «Ist der Dollar schwach, glänzt das Gold.» Seit Ende 2004 hat sich der Dollar aber erholt, der Euro-Kurs fiel von 1,36 auf 1,20 Dollar – und trotzdem steigen die Goldpreise weiter. Da gleichzeitig die Zinsen auf dem historisch niedrigen Niveau von 2,0 Prozent in der Euro-Zone bleiben und sogar weitere Zinssenkungen im Gespräch sind, suchen viele Bankkunden nach Alternativen.

Gold, eine echte Wertsicherung

«Zum ersten Mal hat ein Anleger aus Europa jetzt bei Gold eine echte Wertsteigerung», sagt Rohstoffexperte Markus Stahl von der BW- Bank. «In den letzten Jahren wurde sein Gewinn bei der Goldanlage vom Dollar-Verfall komplett aufgefressen.» Die BW-Bank rechnet mit einer Fortsetzung der Gold-Rallye. «Ich kann mir die alte Höchstmarke von 850 Dollar in den nächsten Jahren vorstellen.» Andere Häuser sind allerdings zurückhaltender.

Man mische Gold bei, um Stabilität zu erhalten


Die Banken empfehlen ihren Kunden, Gold zur Risikostreuung und zum Schutz gegen Inflation dem Bestand an Wertpapieren beizumischen. «Der Anteil von Gold am Depot sollte fünf bis zehn Prozent betragen», sagt der Zertifikate-Fachmann Heiko Weyand vom Bankhaus HSBC Trinkaus & Burkhardt. «Wir raten aber nicht, einen Goldbarren in den Keller zu legen, weil er keine Zinsen abwirft und schwierig zu lagern ist.» Die Experten empfehlen vielmehr Wertpapiere (Zertifikate), die an die Entwicklung des Goldpreises gekoppelt sind. Minenaktien seien dagegen hochspekulativ und nur etwas für Freaks. (awp/mc/th)
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