Diesel-Fahrverbote in Deutschland grundsätzlich zulässig
Leipzig – Das deutsche Bundesverwaltungsgericht hält Diesel-Fahrverbote in Städten nach geltendem Recht für grundsätzlich zulässig. Die beklagten Städte Düsseldorf und Stuttgart müssten aber ihre Luftreinhaltepläne auf Verhältnismässigkeit prüfen, urteilte das Gericht in Leipzig am Dienstag. Revisionen gegen Urteile der Vorinstanzen wurden zurückgewiesen.
Das Urteil sieht zudem Übergangsfristen und eine phasenweise Einführung von Fahrverboten vor. In Stuttgart seien Fahrverbote für Euro-5-Fahrzeuge nicht vor dem 1. September 2019 möglich. Ausserdem solle es Ausnahmeregelungen etwa für Handwerker geben. Es gebe aber keine finanzielle Ausgleichspflicht. «Gewisse Wertverluste sind hinzunehmen», sagte der Vorsitzende Richter Andreas Korbmacher. Die zuständigen Landesbehörden hätten es in der Hand, einen «Flickenteppich» zu verhindern.
Die Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Düsseldorf hatten entschieden, Luftreinhaltepläne müssten verschärft werden – dabei seien auch Fahrverbote in Betracht zu ziehen. Die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen argumentierten dagegen, es brauche eine neue bundesweite Rechtsgrundlage. Diese Auffassung wiesen die Richter in Leipzig nun zurück.
Luftverschmutzungs-Grenzwerte vielerorts seit Jahren überschritten
Seit Jahren werden in vielen Städten Luftverschmutzungs-Grenzwerte nicht eingehalten. Dabei geht es um Stickoxide, die unter anderem Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen oder verschlimmern können. Der Verkehr, darunter vor allem Dieselautos, macht in Städten nach Angaben des Umweltbundesamts mehr als 60 Prozent der Belastung aus. Für die Einhaltung von Grenzwerten, die seit 2010 gelten, laufen seit Jahren Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Auch die Verfahren in Düsseldorf und Stuttgart gingen auf DUH-Klagen zurück.
Deutschland hat wegen der Luftverschmutzung in Städten auch Ärger mit der EU. Die EU-Kommission hatte die bisherigen Anstrengungen für bessere Luft als nicht ausreicheichend kritisiert und die schnellstmögliche Einhaltung der Grenzwerte gefordert – andernfalls droht eine Klage gegen Deutschland beim EuGH.
Das Stuttgarter Gericht hatte Fahrverbote für Dieselautos dabei als «effektivste» Massnahme bezeichnet. Das Düsseldorfer Gericht urteilte, Fahrverbote müssten «ernstlich geprüft» werden. Die Bundesländer wiederum argumentieren, es gebe Rechtsunsicherheiten, und es fehle eine bundesweit einheitliche Regelung.
Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Bundesregierung noch in diesem Jahr über die Strassenverkehrsordnung eine neue Rechtsgrundlage für Kommunen schaffen will, um Fahrverbote für einzelne Strassen zu erlassen. Die Städte fordern stattdessen eine bundesweit einheitliche Regelung wie eine «blaue Plakette» für relativ saubere Autos, mit der Fahrverbote sich auch einfacher kontrollieren liessen. Die Bundesregierung lehnt die Einführung einer solchen Plakette bisher ab.¨(awp/mc/ps)