Dominik Kaiser, CEO und Initiant 3+ (3 Plus TV Network AG): «Wir haben eineinhalb Jahre damit verbracht, nein zu sagen, bis wir zugeschlagen haben.»

von Patrick Gunti


Herr Kaiser, Sie starten mit 3+ am 31. August ein neues Schweizer Privat-TV. Alle bisherigen nationalen privaten TV-Projekte sind letztlich gescheitert. Was macht Sie so zuversichtlich, dass 3+ nicht das gleiche Schicksal erleidet?


Die Schweiz ist eines der letzten Länder weltweit ohne nationales oder sprachregionales privates Fernsehen. Auch in Westeuropa gibt es vergleichbare, kleine Länder mit erfolgreichen privaten Sendern. Belgien, zum Beispiel, ist wie die Schweiz dreisprachig (Französisch, Holländisch, Deutsch) und verfügt über starke gebührenfinanzierte staatliche Sender und auch einstrahlende ausländische Stationen. Eine durchaus vergleichbare Situation also. Die privaten Belgier haben im Gegensatz zu TV3 einfach die Kosten der Marktgrösse angepasst. Diesem Vorbild sind wir gefolgt. Wir haben unsere Programme zu marktgerechten Preisen eingekauft, zeigen keine umfangreichen News, produzieren Eigenproduktionen zu vernünftigen internationalen Preisen und nicht schweizerischen Monopolkosten und halten die Kosten der eigenen Struktur flexibel und klein. Zusätzlich werden wir unsere Werbekunden stark ins Programm einbinden, unsere Sendungen intelligent programmieren und vor allem senden, was die Zuschauer auch sehen wollen.


Nur mit Werbung und Sponsoring lässt sich zumindest zu Beginn kein Sender finanzieren. Welche Investoren stehen hinter 3+?


Zusätzlich zu Werbung- und Sponsoring-Einnahmen, haben wir mit vielen Partnerfirmen Joint-Venture Verträge abgeschlossen, welche uns jeweils minimale Einnahmen aus den jeweiligen Bereichen, wie zum Beispiel Teletext, garantieren. Ich bin schon seit ich 16 bin Unternehmer und habe jeweils alle Gewinne und mein wachsendes privates Vermögen immer wieder in meine neuen Projekte reinvestiert. Damit konnte ich  jedes Mal grössere Projekte, unabhängig starten. Bei 3+ habe ich zusätzlich privat hohe Darlehen erhalten, welche ich in die Firma investiert habe.


Jeder Sendeplatz wird einzeln bewertet und muss in sich selbst profitabel sein. (Dominik Kaiser, Geschäftsführer 3+)


Wie sieht das Business-Modell von 3+ aus?


Möglichst viel Risiko auslagern und Partnerfirmen einbinden. Hart verhandeln bis die Einkaufspreise, zum Beispiel für Topfilme, auch im Werbemarkt refinanzierbar sind. Die eigene Struktur klein und flexibel halten. Alles was möglich ist, wie zum Beispiel Studioinfrastruktur, günstig bei Bedarf mieten. Jeder Sendeplatz wird einzeln bewertet und muss in sich selbst profitabel sein und bei den Schweizer Programmen in einem vorgegeben Zeitraum werden.


Als ehemaliger Chef des Musikkanals Viva Plus und unabhängiger Produzent für das Schweizer Fernsehen kennen Sie das TV-Business. Wer gehört sonst zum Team von 3+?


Wir sind total 20 Leute, unser Kernteam besteht aus Torsten Prenter, unserem Programmchef, er war vorher Programmchef von RTL2 in Deutschland. Monica Gomez ist unsere Marketingleiterin, sie war bis vor kurzem Product Manager für Pro Sieben und Kabel 1. Claudia Wintsch war bei Buena Vista und Sony Music und ist nun unsere Pressechefin. Stephan Klebe hat die Medienforschung für RTL und Sat1 und Deutschland geleitet und tut nun dasselbe bei uns.  Alexander König leitet unsere Lizenzabteilung für Spielfilme, Dokumentationen und Serien und war vorher Spielfilmredakteur bei RTL2. Steve Handke ist unser Technikchef und machte vorher den gleichen Job bei VIVA.


Sie wollen 3+ als Schweizer Unterhaltungssender positionieren. Wie wird sich Ihr Sender von den zahlreichen Konkurrenten aus Deutschland unterscheiden?


Im Fernsehen sieht die Konkurrenz jeden Abend anders aus. Entscheidend ist es, dass man am jeweiligen Abend eine gute Alternative zu den anderen Programmen bietet und sich unterscheidet. Eine Top-Serie läuft am Donnerstag in der Wiederholung genau so gut wie am Montag in der Erstausstrahlung solange sie eine Hitserie ist. Dies zeigen die Zahlen von SF2 deutlich. «Desperate Housewives» läuft zum Beispiel auf drei Sendern (SF2, ProSieben, ORF1) hervorragend. Wir werden unsere Top-Serien intelligent einsetzen und unseren Hitkrimi an einem Abend ohne wesentliche Konkurrenz in diesem Genre zeigen.


$$PAGE$$


3+ bringt zum Start ein beachtliches Angebot an Spielfilm- und Serien-Highlights aus den USA. Verschlingen diese Blockbuster nicht Unsummen?


Nur wenn man schlecht verhandelt. Wir haben eineinhalb Jahre damit verbracht, nein zu sagen, bis wir zugeschlagen haben.


3+ wird ein Unterhaltungssender ? wie aber werden Sie Ihre Zuschauer im Bereich News und Wetter auf dem Laufenden halten?


Wir zeigen vier Mal am Abend eine Kurznewssendung, mit den Headlines des Tages und einen Wetterblock.


Im Fernsehen sieht die Konkurrenz jeden Abend anders aus. (Dominik Kaiser)


Sie wollen komplementär zu den bereits bestehenden Sendern programmieren. Wie fix lässt sich da ein Programmraster erstellen und wie präsentiert sich dieses für den Start?


Unser Mitbewerber geben ihr Programm jeweils etwa 6 Wochen vorgängig bekannt und wir erstellen dann jeweils unsere Programmschemen als letzter Sender. Am Anfang werden wir viele Spielfilme zeigen, im Oktober gibt es dann mit Superstar unsere erste grosse Show. Der Anteil an Schweizer Programm wird kontinuierlich zunehmen.


Welche Zielgruppe peilen Sie mit 3+ an?


Die werberelevanten 15-49-Jährigen und am Morgen die Kinder.


Mit welchen Marktanteilen rechnen Sie im ersten Betriebsjahr und wie sieht die Zielsetzung für die nächsten Jahre aus?


In der Primetime 1.4% bei den 15-49-Jährigen und bis Ende nächsten Jahres etwas über 3%.


Ein immer grösseres Thema ist die Einbindung des TV-Publikums mittels Interaktivität. Was plant 3+ in diesem Bereich?


Natürlich kann der Zuschauer bei unseren grossen Eventproduktionen wie SUPERSTAR mitvoten und entscheiden wer weiterkommt, gleichzeitig möchten wir aber konstant auch Gewinnmöglichkeiten anbieten und vielleicht auch mal ein Haus verlosen.


Die Konzession für beinhaltet zwei zusätzliche digitale TV-Kanäle. Wie wollen Sie diese umsetzen?


Wir werden etwa Mitte nächstens Jahres den ersten digitalen Sender starten. Dieser wird eines unserer Programmgeneres vertiefen, zum Beispiel vor allem Comedy-Sendungen zeigen. Wie der Inhalt genau aussehen wird, entscheiden wir im nächsten Frühling.


Vermarktet wird Ihr Sender von Cinecom, einer Tochter der PubliGroupe. Wie planen Sie die neuen Werbemöglichkeiten, die das neue Radio- und Fernsehgesetz RTVG ab Frühling 2007 bietet, zu nutzen?


Natürlich werden wir diese voll im Sinne unserer Werbekunden nutzen. Bis klar ist, was wir wirklich dürfen, muss nun aber erst die Verordnung zum Gesetz noch verabschiedet werden.


Herr Kaiser, wir bedanken uns für das Interview.


——————————————————————————————————————————-


Zur Person:
Dominik Kaiser ist Verwaltungsratspräsident, Geschäftsführer und Initiant von 3+. Kaiser war Mitorganisator der Zürcher Street Parade, Chef des TV-Senders Viva-Plus sowie Produzent des Schweizer Kinofilms «The Ring Thing».


Zu 3+:
3+ startet sein Programm am 31. August 2006 um 20.00 Uhr. Die ersten paar Sendesekunden von 3+ gehören Viola Tami, der Moderatorin der Musiccasting-Show. Danach rettet James Bond 007 in » Goldeneye» die Welt. Zwischendurch wird mit «3+ News» und «3+ Wetter» kurz und bündig informiert. Ab Start erreicht 3+ rund 75% aller Haushalte in der Deutschschweiz. Auf den Netzen der Cablecom wird 3+ auf dem heutigen Sendeplatz von ORF 2 zu sehen sein. 3+ wird von der cinecom vermarktet. Der neue Schweizer TV-Privatsender hat seinen Sitz in Schlieren bei Zürich. Neben Dominik Kaiser haben im Verwaltunsrat Martin Spieler (Chefredakteur der Handelszeitung), Torsten Prenter (Bis Juli 2005 Programmchef von RTL2 und jetzt Programmchef 3+) sowie Walter Häusermann (ehem. Swatch Group und CFO der Expo.02) Einsitz genommen.

Exit mobile version