Dr. Christof A. Zuber, CEO Hotelplan Group

von Patrick Gunti


Herr Zuber, Hotelplan hat im Geschäftsjahr 2007/08 einen gegenüber dem Rekordjahr 2006/07 um 2,5 % tieferen Umsatz von 1,928 Mrd. Franken sowie einen um 27,7 % tieferen EBITDA von 41,2 Mio. Franken erzielt. Der Reingewinn sank von 68,2 Mio. auf 5 Mio. Franken. Was sind die Gründe dafür und wie bewerten Sie das Resultat? Wie hat sich das internationale Geschäft entwickelt?

Das Sommergeschäft litt insbesondere bei Hotelplan Italien bereits unter den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Die signifikante Abwertung des britischen Pfunds, aber auch der schwächere Euro sowie die extremen Preisschwankungen für Flugbenzin belasteten das Ergebnis negativ. Das internationale Geschäft der Hotelplan Group hat sich bei Interhome und in Grossbritannien erfreulich entwickelt. Allerdings werden in der Konsolidierung beide Ergebnisse durch negative Währungsentwicklungen belastet. Im Schweizer Reisegeschäft sind die Ergebnisse gegenüber Vorjahr verbessert, jedoch noch nicht befriedigend. Zudem haben auch Faktoren wie Restrukturierungskosten von M-Travel Switzerland, normale PPA im Zusammenhang mit Inntravel/Ascent, normale Abschreibungen und die Dividendenzahlung an den MGB einen Einfluss auf das Resultat gehabt.


Im letzten Jahr wurden die Übernahmen von Inntravel Ltd. in England und Ascent Travel in Russland abgeschlossen. Ist bald mit weiteren Akquisitionen im internationalen Spezialistensegment zu rechnen?

Wir gehen davon aus, dass weitere Aquisitionen im Ausland möglich sind.


Eine rasante Entwicklung hat die Ferienwohnungssparte Interhome zu verzeichnen, wo die Anzahl offerierter Objekte von 30’000 auf 46’000 gesteigert wurde. Wie sehen die weiteren Wachstumspläne aus?

Die strategischen Stossrichtungen für das kommende Geschäftsjahr bei Interhome sehen wie folgt aus: Einerseits entwickeln wir das Distributionsnetz auf intermediärem Level sowie die Internetplattform Vacando weiter; andererseits ist ein Ausbau der Dienstleistungen in unseren lokalen Service-Büros geplant und generell wird unsere Expansionsstrategie durch neue Produkte vorangetrieben.


«Tendenziell buchen die Reisegäste eher kurzfristiger, als noch vor einem Jahr. Doch wenn sich die Kunden für eine Buchung entschieden haben, fällt die Wahl nicht mehrheitlich auf nur günstigere Angebote, sondern allenfalls auf etwas kürzere Ferien.»


In Anbetracht des schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes ist ein Nachfragerückgang im gesamten Touristikmarkt zu erwarten. Wie ist Hotelplan darauf vorbreitet und wie beurteilen Sie die Aussichten für das laufende Geschäftsjahr?

Das ‹asset-light-Geschäftsmodell›, welches in den einzelnen Ländern marktnah und relativ dezentral umgesetzt wird, basiert auf flexiblen Kapazitätssteuerungen, welche Nachfrageschwankungen ? innerhalb gewisser Bandbreiten ? ausgleichen können. Die Gruppe ist darauf vorbereitet, auch einen mittelfristigen Nachfragerückgang auffangen zu können. Dabei wird grosser Wert darauf gelegt, strategische Projekte und damit die langfristige Zukunft nicht zugunsten kurzfristiger Gewinnoptimierung zu gefährden.


Lässt sich geprägt durch die aktuelle Entwicklung ein verändertes Buchungsverhalten feststellen, beispielsweise vom Hochpreissegment hin zu günstigeren Reiseangeboten?

Momentan merken wir auf Gruppenebene einen gewissen Buchungsstau, jedoch keinen Buchungsverzicht. Tendenziell buchen die Reisegäste eher kurzfristiger, als noch vor einem Jahr. Doch wenn sich die Kunden für eine Buchung entschieden haben, fällt die Wahl nicht mehrheitlich auf nur günstigere Angebote, sondern allenfalls auf etwas kürzere Ferien (z.B. nur noch zwei statt drei Wochen). Doch wir müssen sicherlich die ersten paar Monate abwarten, bis wir ein eindeutiges Buchungsverhalten für 2009 analysieren können.


Sind im Bereich der Geschäftsreisen Auswirkungen zu spüren?

Im Geschäftsreisenbereich wird nicht weniger gereist, jedoch merken wir, dass tendenziell weniger Geld für Geschäftsreisen ausgegeben wird; so verkaufen wir zum Beispiel mehr Economy-Tickets statt Business oder eher Business-Tickets statt First Class-Tickets.


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Hotelplan hat im vergangenen Geschäftsjahr die Hotelplan Schweiz AG und die Travelhouse AG unter einheitlicher Leitung in der M-Travel Switzerland AG zusammengeführt. Was bezwecken Sie mit der Reorganisation?

Mit der organisations- und führungsmässigen Zusammenführung des gesamten Schweizer Geschäftes unter das Dach von M-Travel Switzerland hat die Hotelplan Group eine strategische Entscheidung von erheblicher Tragweite gefällt. M-Travel Switzerland ist auf die klar definierten Kundensegmente ‹Direct›, ‹Value› und ‹Specialist/Premium› ausgerichtet. In diese Struktur eingebettet sind auch die in enger Zusammenarbeit innerhalb der Migros Gruppe übernommenen oder entstandenen ‹Denner Reisen› und ‹Migros Ferien›. Am separaten Marktauftritt der erfolgreichen Marken im Hotelplan Group Portfolio, insbesondere an den Marken der Travelhouse Gruppe und ‹Globus Reisen› wird festgehalten.


Welche Vorteile hat die Neuausrichtung für die Kunden?

Das Management unter der Leitung von Thomas Stirnimann hat die Neuausrichtung plangemäss und konsequent umgesetzt. Die Prozesse wurden und werden weiter gestrafft, den Agenten und Endkunden konnten die Produkte früher präsentiert und ‹Time to Market› konnte – dank konsequenter Nutzung der Technologie – auf wenige Tage reduziert werden. Ein klarer Vorteil für die Endkunden besteht darin, dass die verschiedenen Marken in den Bereichen Direktmarken bzw. Handels- und Individualmarken klarer die entsprechenden Zielgruppen ansprechen.


«Mit der organisations- und führungsmässigen Zusammenführung des gesamten Schweizer Geschäftes unter das Dach von M-Travel Switzerland hat die Hotelplan Group eine strategische Entscheidung von erheblicher Tragweite gefällt.»


Wie hoch ist bei Hotelplan der Anteil der über Internet getätigten Buchungen? Wie sehen Sie die weitere Entwicklung und welchen Einfluss könnte diese auf das Reisebüro-Netz haben?

Die Zahlen der Internet-Verkäufe an Endverbraucher sind in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich; so wird beispielsweise in England über 40% via Internet abgewickelt und in Italien ist es praktisch 0%. Wir denken nicht, dass sich das Internet mit unseren Reisebüros überschneidet.


2007 hat Hotelplan die sogenannte ICT Roadmap gestartet, mit dem Ziel, die gesamte Gruppe technologisch neu auszurichten. Wo steht Hotelplan mit diesem Projekt heute?

Wir sind überzeugt von unserer IT-Plattform, welche wir kontinuierlich erweitern und verbessern. Wir betrachten die Investitionen in die ICT als strategisch wichtig und sind wie geplant im Zeitrahmen.


Herr Zuber, besten Dank für das Interview.





Zur Person:
Geburtsdatum: 4. Januar 1956
Zivilstand: verheiratet, 1 Sohn

August 2004 – heute
Hotelplan Holding AG: CEO Hotelplan Group (operationell ab 1. Oktober 2004)


September 2002 ? Juni 2004
General Manager Bioferma Murcia S.A., Spanien
(Biotech Aufbau eigener Produktionsanlage, Projekt-Realisation, Aufbau und Führung der neugebildeten Unternehmung, Investitionsgrösse: Euro 150 Mio; Kapitalbeteiligung)


Juli 2001 ? August 2002
Executive Interim Management
· CEO einer internationalen Konsumgüter-Gesellschaft, Zürich
· Leitung eines Akquisitions-Projekts (beendet März 2002)


2000 ? Juni 2001
Feldschlösschen Hürlimann Holding AG (Schweiz)
2000 CEO


1999
Kimberly-Clark Corporation (USA), Leiter Konsumgüter deutschsprachiges Europa


1995 – 1999
Attisholz Holding AG (Schweiz)
1997 – 1999 CEO und Mitglied des Verwaltungsrates
1995 – 1998 General Manager Tela AG
(Doppelfunktion während 2 Jahren: CEO Gruppe und GM Tela)


1991 ? 1995
Growela Schuh AG (Schweiz), General Manager


1987 – 1991
Jacobs Suchard Management and Consulting AG (Switzerland)
1990 – 1991 Key Account Manager, mit Basis in Deutschland
1989 – 1990 Leiter Unternehmensentwicklung
1989 Promotion zum Vize-Präsidenten
1987 – 1989 Leiter Ausbildung


1983 – 1987
Institut für schweizerisches Bankwesen der Universität Zürich
1986 – 1987 Vorbereitung Doktorarbeit (Dr. oec.publ.)
1983 – 1986 Projekt Manager für ein Beratungsmandat der SBC


Zum Unternehmen:
Hotelplan Holding AG – eine 100%ige Tochtergesellschaft des Migros-Genossenschafts-Bundes – hält alle Strategischen Business Units (SBU) der Hotelplan Gruppe: M-Travel Switzerland (MTCH AG), Hotelplan Italia S.p.A., Hotelplan UK Group Ltd., Inntravel Ltd. (UK), Interhome AG, Vacando AG und Travelwindow AG.
Zudem hält die Hotelplan Holding eine Mehrheitsbeteiligung an der Schweizer Fluggesellschaft Belair sowie an Ascent Travel (Russia).

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