Das sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums am Montag in Berlin. Unterdessen geht die EU-Kommission neuen Vorwürfen nach, wonach grosse US-Banken Griechenland jahrelang bei der Verschleierung seiner wachsenden Verschuldung halfen. Die Finanzminister der Euro-Gruppe wollten am Montagabend in Brüssel zu geheimen Beratungen zusammenkommen, die Finanzminister der EU insgesamt treffen sich an diesem Dienstag. Dabei geht es auch um die zuletzt gemachten Vorgaben der EU-Partner, wie Griechenland sein enormes Haushaltsdefizit abbauen kann. In dem südeuropäischen Land gibt es allerdings bereits massiven Widerstand gegen Sparpläne.
Schmerzhafter Weg
Es gebe keine Alternative, dass Griechenland einen schmerzhaften Weg gehen müsse, sagte der Sprecher des Finanzministeriums. Zu Überlegungen für eine Art Europäischer Währungsfonds nach dem Vorbild des Internationalen Währungsfonds (IWF) sagte er, dies scheine keine Lösung des Problems zu sein. Ein Währungsfonds packe das Problem nicht an der Wurzel an. «Das Problem liegt nun mal in Griechenland», hiess es weiter. Es führe dort kein Weg an einem schmerzhaften Anpassungsprozess vorbei. «Es gibt keine Lösung, die Griechenland diesen Weg ersparen würde.» Es gebe aber gute Aussichten auf Erfolg des Konsolidierungsprozess. «Wir sind zuverlässig, dass Griechenland seine Probleme in den Griff bekommt.» Fragen nach Rettungshilfen würden sich dann nicht stellen.
EZB fordert noch härtere Sparauflagen
Insbesondere die Europäische Zentralbank (EZB) soll nach einem «Handelsblatt»-Bericht darauf dringen, dass der EU-Finanzministerrat (Ecofin) Athen für 2010 noch härtere Sparauflagen macht als bisher vorgesehen. Das gehe aus dem Entwurf des EU-Sparprogramms für das Land hervor, das der Zeitung (Montag) vorliege. Bislang lehne die Mehrheit der Finanzminister es aber, die Griechen noch stärker in die Pflicht zu nehmen. Konkret gefordert würden weitere Ausgabenkürzungen, eine höhere Mehrwertsteuer sowie eine höhere Besteuerung von Luxusgütern und von Energie. Nur so könne Griechenland das mit der EU vereinbarte Ziel erreichen, sein Haushaltsdefizit dieses Jahr um vier Punkte auf 8,7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt zu senken.
Kettenreaktion droht
Die Sorgen um die Staatsschulden Griechenlands und anderer europäischer Länder lasten auch zu Wochenbeginn auf den Finanzmärkten. Finanzwirtschaftler kritisierten die beispiellose Zusage der EU, Griechenland notfalls finanziell unter die Arme zu greifen. Dies könnte eine Kettenreaktion auslösen. Wenn einmal geholfen werde, dann könnte auch bei anderen Sorgenkindern wie Spanien, Portugal oder Irland nicht mehr Nein gesagt werden. Ein Ausschluss aus der europäischen Währungsunion darf nach Ansicht des Finanzexperten Wolfgang Gerke deshalb kein Tabu sein. Die Regularien sollten entsprechend geändert werden, sagte Gerke im Bayerischen Rundfunk mit Blick auf die Schuldenkrise in Griechenland. «Wenn ein Land sich nicht eurowürdig zeigt, dann muss man auch Konsequenzen ziehen dürfen.» Für diesen Fall habe man nicht vorgesorgt. Irgendwann sei die Grenze erreicht, wo man sagen müsse, es macht keinen Sinn, dass bestimmte Länder mit ihrer Schuldenpolitik weiter im Euro gehalten werden. Der Euro müsse im Interesse aller eine starke Währung bleiben.
Austrittsmöglichkeiten schaffen
«Wir müssen im Vertrag auch Austrittsmöglichkeiten schaffen», betonte der Präsident des bayerischen Finanz-Zentrums. Für Griechenland könnte das sogar ein Vorteil sein. Das Land würde für Touristen billiger, auch im Export gäbe es bessere Konditionen. Der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, hatte am Wochenende einen Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone allerdings strikt abgelehnt. Dies hätte «erdbebenartige, unkontrollierbare Folgen» und würde Griechenland in die Nähe des Staatsbankrotts bringen.
Juncker pocht auf Sparvorgaben für Athen&
In der Debatte um weitere Sparvorgaben für Schuldensünder Griechenland hat sich Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker noch nicht festgelegt. Er pochte am Montag in Brüssel hingegen auf bereits bestehenden Vorgaben zur Budgetsanierung in Athen. Juncker sagte, die EU-Staats- und Regierungschefs hätten in der vergangenen Woche vereinbart, dass Athen im laufenden Jahr sein ausgeufertes Defizit um vier Prozentpunkte drücken muss. Der luxemburgische Premier und Vorsitzende der Euro-Finanzminister fügte vor Beratungen mit seinen europäischen Amtskollegen hinzu: «Wir müssen prüfen, ob das möglich ist oder nicht. Alles wird davon abhängen, welche Antworten auf diese entscheidende Frage gegeben werden.»
Wall Street half Athen Krise zu verschleiern
Grosse US-Banken sollen Griechenland nach einem Bericht der «New York Times» jahrelang dabei geholfen haben, seine wachsende Verschuldung zu verschleiern. Das Land sei so ein Jahrzehnt lang in der Lage gewesen, die europäischen Stabilitätskriterien zu unterlaufen, berichtete die Zeitung am Sonntag. Die US-Bank Goldman Sachs etwa habe Griechenland 2001 kurz nach der Aufnahme in die Eurozone mehrere Milliarden Dollar geliehen. Diese seien nicht als Kredit und somit als Schulden, sondern als Währungsgeschäft verbucht worden, berichtete die Zeitung unter Berufung auf mit dem Vorgang vertraute Personen. Als dann die Haushaltskrise in Griechenland auf ihren Höhepunkt zusteuerte, sei ein Team von Goldmann Sachs im November nach Athen gereist.
Künftige Einnahmen auf lange Sicht abgetreten
Die Goldman-Sachs-Truppe habe der Regierung Finanzinstrumente vorgeschlagen, um die Zahlung fälliger Schulden in die ferne Zukunft zu verlegen. So sollte dem Bericht zufolge die Offenlegung der Probleme vermieden werden. Die Regierung in Athen habe nicht zugestimmt. Europaweit seien aber von Goldman Sachs, JPMorgan Chase und anderen Banken entwickelte Finanzinstrumente zum Einsatz gekommen, die auch zum Zusammenbruch des US-Hypothekenmarktes und letztlich zur Weltfinanzkrise geführt hätten, hiess es weiter. Mit Hilfe dieser Derivate sei es Politikern in Griechenland und Italien gelungen, die zunehmende Verschuldung zu verschleiern. Für Geldspritzen seien künftige Einnahmen auf lange Sicht abgetreten worden, im Fall Griechenland zum Beispiel Einnahmen aus Flughafengebühren und Lotterien. Diese Geschäfte würden nicht als Kredite geführt. (awp/mc/ps/07)