Die börsenkotierten Aktiengesellschaften bezahlen über 40 Prozent aller Unternehmenssteuern und beschäftigen direkt und indirekt rund 600’000 Arbeitskräfte in der Schweiz, wie economiesuisse in einer Mitteilung vom Montag schreibt. Demnach sind Rechtssicherheit und Flexibilität bei der Standortwahl dieser Unternehmen mitentscheidend. Die Minder-Initiative will diese Unternehmen in ein international einzigartiges Korsett zwängen, wodurch Abwanderung, Vernichtung von Arbeitsplätzen und Abfluss von Steuereinnahmen drohen.
«Attraktives Schweizer Aktienrecht»
Pascal Gentinetta, Vorsitzender der Geschäftsleitung von economiesuisse, hält an der Medienkonferenz in Zürich fest: «Unser Aktienrecht ist besonders attraktiv, weil es sehr flexibel ist und eine hohe unternehmerische Organisationsfreiheit ermöglicht.» Damit ist es ein Trumpf im internationalen Standortwettbewerb um attraktive Arbeitgeber und zahlungskräftige Steuerzahler. Das gilt es bei der gegenwärtigen Revision des Aktienrechts als indirekten Gegenvorschlag zur Initiative «gegen die Abzockerei» (Minder-Initiative) zu berücksichtigen. Diese will sämtliche börsenkotierten Aktiengesellschaften mit starren Vorschriften in ein Korsett zwingen. «Das ist ein gefährliches Spiel mit dem Feuer», sagt Gentinetta. «Die Minder-Initiative ist mit ihren grundlegenden Konstruktionsfehlern untauglich, absurd und gefährlich: Bei ihrer Annahme würde das Schweizer Aktienrecht zu einem äusserst restriktiven internationalen Sonderfall verkommen.» Die laufende Aktienrechtsrevision sowie die Massnahmen der Finanzmarktaufsicht böten demgegenüber Grundlagen für taugliche Lösungen auch für die Mitsprache der Aktionäre bei den Entschädigungssystemen, so Gentinetta.
Jeder neunte Beschäftigte in einer börsenkotierten AG
Die volkswirtschaftliche Bedeutung der börsenkotierten Unternehmen in der Schweiz unterstreicht Prof. Peter Moser, Leiter der Forschungsstelle für Wirtschaftspolitik der HTW Chur: «Die börsenkotierten Aktiengesellschaften beschäftigen direkt elf Prozent aller Erwerbstätigen in der Schweiz und erarbeiten zwischen 16 und 18 Prozent des schweizerischen Bruttoinlandprodukts.» Nicht zu vergessen ist die Wertschöpfung aus der massgeblich aus KMU bestehenden Zulieferwirtschaft. Zählt man diese hinzu, wird sogar jeder vierte Franken in der Schweiz durch die nur 270 börsenkotierten Schweizer Unternehmen generiert. Diese stellen gerade einmal ein Promille aller Kapitalgesellschaften dar. Dennoch zahlen diese Unternehmen 42 Prozent der in der Schweiz bezahlten Unternehmenssteuern. Zudem erbringen sie mit gegen sieben Milliarden Franken über die Hälfte aller Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen. «Aufgrund ihrer ausgeprägten Forschungsorientierung und ihres Engagements in der Weiterbildung der Mitarbeitenden leisten sie einen Beitrag zur Stärkung des Forschungs- und Arbeitsplatzes Schweiz», sagt Moser. Die Studienresultate zeigen deutlich die grosse Bedeutung börsenkotierter Schweizer Unternehmen in Bezug auf Wertschöpfung, Beschäftigung, Innovation und Steuereinnahmen.
Nestlé: Inlandinvestitionen verdoppelt
David Frick, Geschäftsleitungsmitglied von Nestlé, bestätigt aus Sicht dieses Konzerns die Studienergebnisse. So hat das Unternehmen seine Investitionen in der Schweiz in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Die Gesamtinvestitionen in der Schweiz in den letzten zehn Jahren belaufen sich auf über 2,5 Mrd. Franken. Allein die Forschungs- und Entwicklungskosten in der Schweiz betrugen 2008 gegen 390 Mio. Franken. Mit Ausfuhren im Wert von über 2,1 Mrd. Franken stammten über 20 Prozent der Exporte der schweizerischen Nahrungsmittelindustrie von Nestlé. Frick hält fest: «Rechtssicherheit und ein flexibles Unternehmensrecht sind entscheidende Standortvorteile der Schweiz. Gerade jetzt, wo der internationale Wettbewerb immer schärfer wird, wäre es doppelt falsch, wenn die Schweiz diese Standortvorteile aus der Hand geben würde.» In der Entschädigungsfrage setzt Nestlé die Empfehlungen des «Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance» von economiesuisse um und folgt dem internationalen Trend zum «say on pay»: Die Aktionäre können über den Vergütungsbericht konsultativ abstimmen. Der Präsident der economiesuisse-Rechtskommission legt Wert darauf, dass auch in Zukunft eine sinnvolle Kompetenzverteilung und klare Verantwortlichkeiten erhalten bleiben: «Mit der Möglichkeit von Konsultativabstimmungen werden die Aktionäre stärker eingebunden. Gleichzeitig bleiben die Kompetenzen des persönlich verantwortlichen Verwaltungsrats erhalten, sodass er seine gesetzliche Verantwortung auch wahrnehmen kann.» Die Minder-Initiative verwischt die Verantwortlichkeiten und Kompetenzen in der Unternehmensführung und führt zu Rechtsunsicherheit. Das wäre angesichts der volkswirtschaftlichen Bedeutung dieser Unternehmen für die Schweiz ein gefährlicher Weg. (economiesuisse/mc/ps)