Mit der Stimmungslage in der Gesellschaft verhalte es sich «wie bei einer starken, winterlichen Bise», sagte economiesuisse-Präsident Gerold Bührer am Dienstag. Die gefühlte Krise sei heftiger als die tatsächlich messbare. Die Wirtschaft habe durch die Finanzkrise einen grossen Vertrauensverlust erlitten. Dies habe zuletzt das Nein des Volkes gegen den BVG-Umwandlungssatz deutlich gemacht. Economiesuisse hatte sich im Abstimmungskampf für ein Ja eingesetzt.
Insbesondere der Unmut über «bei der Honorierung einzelner Exponenten» belaste seit einiger Zeit das Klima. In der direkten Demokratie bleibe gerade auch für die Wirtschaft ein «gerüttelt Mass an Bodenhaftung» unabdingbar, sagte Bührer.
Für indirekten Gegenvorschlag zur «Abzocker-Initiative»
Er wehre sich aber dagegen, dass das Unternehmertum als Ganzes in denselben Topf geworfen werde. Gerade in der Wirtschaftskrise erlebe er viele Unternehmer und Manager, die zu ihren Unternehmen stehen und mit ihrem privaten Vermögen und Verzichtleistungen in schwieriger Zeit investieren und Arbeitsplätze sichern, sagte Bührer. Vor der Abzocker-Initiative hat der Verband daher «Respekt», wie Vizepräsident Johann Schneider-Ammann sagte. Economiesuisse setze sich für einen indirekten Gegenvorschlag ein und hoffe, dass sich Initiant Thomas Minder davon überzeugen lasse und seine Initiative schliesslich zurückziehe.
Krise verhältnismässig gut überstanden
Die Schweizer Wirtschaft habe das Jahr 2009 im internationalen Vergleich verhältnismässig gut gemeistert und sei nur um 1,5 Prozent geschrumpft, sagte Bührer weiter. Trotzdem seien langfristige Unternehmensziele, Verlässlichkeit und Transparenz heute wichtiger denn je. Entscheidend sei auch, dass die Schweiz in aussenpolitischen Fragen geschlossen auftrete. «Aussenpolitik muss immer auch Aussenwirtschaftspolitik sein.»
Bilateraler Weg wird steiniger
Der bilaterale Weg sichere den Marktzutritt zur EU und ermögliche gleichzeitig eine möglichst grosse Autonomie des Landes in der Wirtschaftspolitik. Die europapolitische Lageanalyse von economiesuisse zeige aber, dass es in Zukunft für die Schweiz anspruchsvoller sein werde, mit der EU neue Abkommen zu schliessen.
Gefährliche Verschuldungsspirale
Laut Economiesuisse-Geschäftsführer Pascal Gentinetta ist das Verschuldungsniveau der Schweiz auch nach der Krise moderat. Die Schweiz sei trotz der kommenden Herausforderungen für die Zukunft gerüstet. Trotzdem müsse sich die Schweiz auf ihre Stärken besinnen, denn der Druck aus dem Ausland werde angesichts der hohen Staatsschulden vieler Länder noch steigen.
«Wir dürfen uns nicht über das Malheur der anderen freuen – im Gegenteil. Eine internationale Verschuldungsspirale wäre auch für die gut gerüstete Schweiz negativ,» sagte Gentinetta weiter.
Schweizer Wirtschaft kämpft mit schwachem Euro
Laut Schneider-Ammann hat die Schweiz nicht nur mit der weltweiten Rezession zu kämpfen, sondern auch mit einem gegenwärtig schwachen Euro. Dessen Aufwertung komme in einem sehr ungünstigen Moment. Angesichts des schwierigen Umfeldes sei es wichtig, dass die Schweiz keine kontraproduktiven Sonderzüge fahre, sagte der Präsident des Wirtschaftsverbandes weiter.
Im Finanzbereich auf dem richtigen Weg
Die Beschlüsse der nationalrätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie in der Revision des CO2-Gesetzes gingen weit über die vom Bundesrat festgelegten Ziele hinaus. Die Übernahme von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens, die Weissgeldstrategie und die Abgeltungssteuer hält er dagegen für den richtigen Weg. (awp/mc/pg/23)