«Anstatt sich offensiver für die Anliegen der volkswirtschaftlich bedeutsamen Exportwirtschaft einzusetzen, verbrauchen unsere Behörden zu viel Zeit und Energie für die Verteidigung der Agrarfront», sagte Gregor Kündig von der Economiesuisse-Geschäftsleitung am Mittwoch bei der Präsentation des Positionspapiers zur WTO-Konferenz von Mitte Dezember. Es könne nicht darum gehen, die Landwirtschaft aufzugeben, sagte Economiesuisse-Geschäftsleiter Rudolf Ramsauer. Der Agrarsektor sei allerdings weltweit viel stärker geschützt als die Industrie. «Und die Schweiz ist dabei absoluter Weltmeister», sagte Ramsauer.
Position kontrastieren rasche Liberalisierungsschritte
Auch bei den Dienstleistungen steche die Schweizer Politik in der Doha-Runde nicht überall mit grosszügigen Offerten hervor, sagte Kündig: Diese Position kontrastiere mit den von der Wirtschaft geforderten raschen Liberalisierungsschritten in den Bereichen Industriegüter, Dienstleistungen und Handelserleichterungen. Diese seien für Schweizer Unternehmen und ihre Arbeitsplätze von existenzieller Bedeutung. «Wir fordern deshalb von der offiziellen Schweizer Delegation in Hongkong, dass sie in oberster Priorität für die wettbewerbsfähigen Arbeitsplätze und Unternehmen in diesem Land (…) kämpft», sagte Ramsauer.
Verteidigungshaltung der offiziellen Schweiz
Die Verteidigungshaltung der offiziellen Schweiz beim Thema Landwirtschaft entspreche nicht den volkswirtschaftlichen Realitäten und Prioritäten. Die Exportnation Schweiz könne es sich nicht leisten, in den WTO-Verhandlungen die Bremserrolle zu übernehmen.
WTO-Ministerkonferenz
Sollte die WTO-Ministerkonferenz scheitern, würde das mulitlaterale Handelssystem empfindlich geschwächt. Für die Schweiz, die jeden zweiten Franken im Ausland verdiene, wären die Folgen besonders gravierend, sagte Ramsauer. Nach dem Misserfolg in Cancun vor zwei Jahren dürfe die Ministerkonferenz in Hongkong nicht scheitern. Ein multilaterales Handelssystem mit klaren Regeln sowie durchsetzbaren Rechten und Pflichten schütze insbesondere kleine Nationen vor Protektionismus und Diskriminierung durch andere Staaten. Die Bedeutung zeige sich an den bevölkerungsmässig fast gleichgrossen China und Indien, sagte ABB-Schweiz-Verwaltungsratspräsident Rolf Schaumann. Nach dem WTO-Beitritt seien die chinesischen Zölle für ABB auf rund 10% gesunken. Heute erziele der Konzern aus der Schweiz heraus einen Umsatz von 250 Mio CHF im Reich der Mitte. Indien erhebe dagegen Zölle von 50 bis 70% für ABB-Produkte. Der Umsatz aus der Schweiz heraus belaufe sich für ABB lediglich auf 20 Mio CHF pro Jahr, sagte Schaumann. Economiesuisse setze sich für eine allmähliche Abschaffung der Zölle ein, sagte Kündig. (awp/mc/gh)