Von Radovan Milanovic
Moneycab: Für das Geschäftsjahr 2007 legte Mikron ein Glanzresultat vor: Bestellungseingang +36.2 Prozent, Unternehmungsergebnis +80 Prozent, Auftragsbestand per Ende 2007 +69.1 Prozent. Im ersten und zweiten Quartal 2008 konnte an den Erfolg angeknüpft werden. Gehen Sie davon aus, dass Sie auch im laufenden Jahr mit ähnlichen Steigerungsraten rechnen können?
Eduard Rikli: Der Bestellungseingang lag im Vorjahr auf hohem Niveau, das wir im ersten Quartal fast wieder erreicht haben. Wir gehen nicht davon aus, dass sich dies so fortsetzen wird. Zu berücksichtigen ist auch, dass beim Bestellungseingang die Schwankungen der Quartalszahlen erheblich sein können, was typisch ist für das Projektgeschäft. Beim Umsatz rechnen wir mit einer Zunahme gegenüber Vorjahr, allerdings nicht in dem Umfang, der nach dem ersten Quartal sichtbar wurde. Wichtigste Zielsetzung bleibt die Verbesserung des operativen Resultats.
Wie kommen diese ausgezeichneten Ergebnisse zustande?
Es ist eine Mischung von verschiedenen Faktoren. Wir haben unser Leistungsangebot mit innovativen Lösungen ergänzt und auch an der Verbesserung der internen Prozesse gearbeitet. Und natürlich war das Marktumfeld sehr günstig. Nüchtern betrachtet, hätten wir in einzelnen Projekten auch bessere Resultate erzielen sollen. Anders ausgedrückt: Dieses Potential müssen wir noch ausschöpfen.
Welche sind internationalen Konkurrenten in Ihrer Kernkompetenzen? Sind Ihre Ergebnisse, beziehungsweise Wachstumsgrössen mit diesen vergleichbar?
Die meisten Mitbewerber stammen aus dem Raum Schweiz/Norditalien/Deutschland. Es ist sicher so, dass insgesamt alle vom guten Markt profitiert haben. Mehrere Konkurrenten sind auch Familienunternehmen, die keine Zahlen veröffentlichen. Von dem, was wir wissen oder abschätzen können, ergibt sich ein gemischtes Bild. Als Nischenanbieter liegen wir über dem durchschnittlichen Wachstum.
Die schwachen Börsenkonstellationen der vergangenen Monate und Wochen haben teilweise zu grossen Korrekturen bei zyklischen Werten geführt. Der hohe Cashbestand von Mikron könnte auf eine mögliche Akquisition hindeuten. Unabhängig davon: möchte Mikron in Zukunft die Tätigkeiten eher in der Kernkompetenz ausbauen oder die Aktivitäten diversifizieren?
Die Basis ist und bleibt ein Kerngeschäft, das gesund sein muss und sich organisch weiter entwickeln kann. Entsprechend werden wir alles tun, um die eigenen Kompetenzen weiter zu stärken. Sollte sich extern eine Ergänzungsmöglichkeit abzeichnen, werden wir diese sicher prüfen. Eine gezielte Diversifikation im klassischen Sinn steht dabei nicht im Vordergrund.
«Die weitere Steigerung der EBIT-Marge ist eine der wichtigsten Zielsetzungen. Der zitierte Wert von 8% ist realistisch, ein vernünftiges Marktumfeld einmal vorausgesetzt.» Eduard Rikli, CEO Mikron Technology Group
Einziger Wermutstropfen der Resultate ist die EBIT-Marge, welche 2007 4.4 Prozent (Vorjahr 3.7 Prozent) betrug. Ihr Finanzchef, Andreas Moser, peilt längerfristig eine EBIT-Marge von 8.0 Prozent an. Ist diese Zielgrösse realistisch? Mit welchen Massnahmen wollen Sie diese erreichen?
Die weitere Steigerung der EBIT-Marge ist eine der wichtigsten Zielsetzungen. Der zitierte Wert von 8% ist realistisch, ein vernünftiges Marktumfeld einmal vorausgesetzt. Die Verbesserung ist weitgehend durch Arbeit an unseren Gestehungsprozessen zu erzielen. Dazu gehören etwa eine weitere Standardisierung auf Ebene der Produkte und/oder deren Modulen und auch der Projektabwicklung. Wichtig sind auch eine bessere Selektion der Projekte und eine konsequente Führung der damit verbundenen Risiken.
Ein Grossteil der Bestellungen der Division Machining Technologie stammt von Zulieferfirmen der Autoindustrie. In den USA und in Euroland werden die Konjunkturerwartungen peu à peu zurückgenommen. In den konjunkturellen Zyklen gilt der Autoabsatz als Vorlaufindikator für die zukünftige Wirtschaftsentwicklung. Sehen Sie erste Anzeichen dieser Entwicklung in den Bestellungseingängen?
Im Marktsegment Automotive sind die für uns massgebenden Kundenprojekte meistens verbunden mit der technischen Innovation der Fahrzeuge, hauptsächlich im Bereich der verbrauchs- und schadstoffarmen Kraftstoffeinspritzung. Diese Innovation wird zunächst unabhängig vom Autoabsatz vorangetrieben. Trotzdem ist es richtig, dass der Autoabsatz letztlich doch einen Einfluss hat: Projekte verschwinden nicht, sondern werden in der Entscheidphase verzögert. Momentan sehen wir wenige Effekte dieser Art. Ein ungutes Gefühl bleibt aber, die möglichen Auswirkungen der verschiedenen Finanzkrisen der letzten Zeit sind wohl noch nicht durchgestanden.
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Seite 2Im August 2007 hat Mikron die Automationsspezialistin Integral Systems Pte Ltd. in Singapur gekauft. Wie hat sich die Firma in der Zwischenzeit entwickelt?
Mit Integral Systems haben wir einen Anbieter akquiriert, der unser Leistungsangebot in der Montageautomation mit etwas breiteren Applikationen ergänzt und im asiatischen Markt verankert ist. Im Vordergrund steht die Zusammenarbeit mit unserem Montageautomations-Geschäft Assembly Technology. In verschiedenen Projekten ist diese Zusammenarbeit gut angelaufen. Die Zielwerte, die wir uns vorgenommen haben, sind noch nicht ganz erreicht. Integral Systems ist allerdings auch eine spezialisierte, kleine Gesellschaft, deren direkter Einfluss auf die Gruppenzahlen momentan limitiert sein wird.
Was sind die Gründe für die enttäuschende Geschäftsentwicklung der US-Tochter Mikron Corp. Denver?
Die Marktbearbeitung war ungenügend und auch die interne Abwicklung der Kundenprojekte wies Mängel auf. Wir haben uns im Frühjahr 2007 aus diesen und anderen Gründen für einen Führungswechsel entschieden. Dank des hohen Engagements einzelner Führungskräfte in der Divisionsleitung konnte die Situation korrigiert werden. Für das laufende Jahr darf kein Verlust mehr anfallen.
Während man sich in Europa auf eine Abkühlung des Wirtschaftswachstums vorbereitet, wachsen die Volkswirtschaften Asiens ungebremst, insbesondere China zeigt ein Wachstum von mehr als 10 Prozent. Ihr Umsatz in Asien beträgt 7 Prozent. Sehen Sie eine Ausweitung des Geschäftes in dieser Region? Profitieren Sie vom Boom in Asien?
Unser Fokus war und bleibt primär Europa. Mit den hoch automatisierten Lösungen, die wir anbieten, befähigen wir ja auch europäische Produzenten dazu, auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig anbieten zu können. Wir werden unser Engagement in Asien verstärken, denn auch in Asien steigen die Kosten und Automatisierung wird mehr verlangt. Von einem Boom in unserem Angebotsspektrum können wir aber nicht sprechen.
Der fünfjährige Aktionärsbindungsvertrag welcher im Juni 2008 ausgelaufen wäre, betrifft rund 70 Prozent der Mikron Aktien und umfasst folgende Mitglieder: die Amman Group Holding AG, die Corporate Investment Management Affentranger Holding AG, die Personalfürsorgestiftung Rieter AG, die Tegula AG sowie Rudolf Maag. Die Investorengruppe will ihr Engagement um weitere drei Jahre verlängern. Hat Mikron bereits Strategien zur Absicherung der Besitz- und Mitspracherechte für die Zeit danach? Sind bereits potenzielle neue Mehrheitsaktionäre in Sicht?
Darüber kann ich mich heute nicht äussern.
«Unser Fokus war und bleibt primär Europa. Mit den hoch automatisierten Lösungen, die wir anbieten, befähigen wir ja auch europäische Produzenten dazu, auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig anbieten zu können.»
Trotz des 100 jährigen Jubiläums von Mikron, welches am 20. April 2008 stattfand, schütten Sie mit Rücksicht auf die grösste Aktionsärsgruppe keine Dividenden aus. Planen Sie in Anbetracht des hohen Cash-Ratios in Zukunft andere aktionärsfreundliche Massnahmen wie eine steuerfreie Rückzahlung eines Teils des Nominalwertes?
Auch in dieser Sache kann ich angesichts der besonderen Aktionärsverhältnisse nicht Stellung nehmen – ich bitte um Verständnis.
Am 08. Mai konnte die Mikron Aktie bei überdurchschnittlichem Umsatz über 12 Prozent zulegen, denn wegen folgender Gerüchte kommt wieder Schwung in die schweizerischen Maschinenwerte: Es dürfte eine Hochzeit des Textilbereiches von Rieter und Oerlikon und Abspaltung des Automobilgeschäftes von Rieter kommen. Würden diese Transaktionen die Geschäftstätigkeiten von Mikron beeinflussen? Falls ja, in welcher Hinsicht?
Die Gerüchte sind bekannt. Die angesprochenen Unternehmen haben heute keinerlei Berührungspunkte zu unserem Geschäft. Das angesprochene Automobilgeschäft ist vollkommen anders gelagert als unsere Geschäftstätigkeit im Segment Automotive, sowohl für die Division Machining wie auch Assembly Technology. Eine Beeinflussung unseres Geschäfts wäre deshalb nicht gegeben.
Herr Rikli, moneycab.com dankt Ihnen vielmals für dieses Interview und wünscht Ihnen und Mikron weiterhin viel Erfolg.
Der Gesprächspartner
Herr Dr. Eduard Rikli studierte Maschinenbau an der ETH Zürich mit den Vertiefungsrichtungen Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, sowie thermische Turbomaschinen (Diplom) und promovierte an der ETH Zürich zum Dr. sc. techn., Dipl. Masch.-Ing. ETH. Von 1978 bis 1983 arbeitete er als Assistent am Institut für Thermische Turbomaschinen der ETH Zürich. 1984 bis 1986 war er Leiter der Entwicklungsabteilung Maschinenkanonen bei Oerlikon-Bührle. Zwischen 1986 und 2003 hatte er verschiedene Funktionen bei Sulzer inne, zuletzt als Leiter der Division Sulzer Metco. Seit Anfang 2004 ist Rikli CEO der Mikron Gruppe.
Das Unternehmen
Die Mikron Technology Group entwickelt und baut Produktionslösungen für Unternehmen, die ihre Güter in sehr grossen Stückzahlen herstellen. Sie hat zwei Divisionen: Mikron Machining Technology entwickelt und baut Fertigungssysteme für die Produktion von sehr kleinen bis mittelgrossen Einzelteilen aus metallischen Werkstoffen. Mikron Assembly Technology entwickelt und baut Montagesysteme für das Zusammenfügen von sehr kleinen bis handgrossen Produkten und Baugruppen. Die Montagesysteme erfüllen unter anderem die strengen Auflagen für eine Reinraumproduktion im Medizinaltechnikbereich. Zu den wichtigsten Kunden gehören Unternehmen aus der Automobilzuliefer-, Medizinaltechnik- und Schreibgeräteindustrie. Das Bieler Unternehmen beschäftigt 1087 Mitarbeitende (Stand Ende 2007)