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Moneycab: Herr Rikli, Sie haben Ihre Stelle als CEO bei Mikron in einer Zeit des Umbruchs und der Turbulenzen angetreten. Was waren Ihre Tätigkeiten, um das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen?
Eduard Rikli: Persönlich habe ich wichtige Schlüsselkunden besucht. Daneben habe ich darauf geachtet, dass die Kundenorientierung im Zentrum unserer Aktivitäten war. Diese Ausrichtung wird übrigens weiterhin ganz oben auf unserer Prioritätenliste bleiben.
Sie betonen besonders die Kundenorientierung. Worin ist diese für den Kunden erkennbar geworden?
Rikli: Wir achten heute stärker darauf als in der Vergangenheit, dass sich der Kunde über die ganze Projektdauer, also vom Erstkontakt über die Auslieferung eines Produkts bis zum Service, gut aufgehoben fühlt und für sein Geld die entsprechende Leistung bekommt.
Eigentlich muss sich ja jeder, der etwas verkaufen will, am Kunden orientieren. Weshalb sollten Kunden trotz höherer Preise bei Mikron kaufen?
Es geht ja darum, die Stückkosten pro gefertigte oder montierte Einheit möglichst niedrig zu halten. Das führt dazu, dass die Bearbeitungs- respektive Montagezeiten bei einem gegebenem Investitionsbetrag möglichst kurz sein müssen. Und hier haben wir Lösungen, bei denen unsere Kunden für einen gegebenen Preis oft die bessere Leistung erhalten als bei einem Konkurrenten.
Seit Mitte 03 sind ¾ der Aktien im Besitz einer Kerninvestorengruppe. Besteht die Möglichkeit, dass die Investorengruppe ihr Paket insgesamt an einen strategischen Investor überträgt?
Die Kerninvestoren sind mit einem Aktionärsbindungsvertrag mittelfristig gebunden und im Moment macht die Übertragung dieses Gesamtpakets an einen Einzelinvestor keinen Sinn.
Braucht Mikron den Kapitalmarkt, um zum Beispiel weiteres Wachstum zu finanzieren?
Für uns steht in der nächsten Zeit das interne Wachstum im Vordergrund, das wir ohne Übernahmen erreichen können.
Anfang letztes Jahr hat der Präsident des Verwaltungsrates, Johann Schneider-Amman, bekannt gegeben, man habe sich mit der strategischen Ausrichtung beschäftigt. Was kann man nach einem Jahr dazu sagen?
Mit dem Verkauf der des Formenbauers Axxicon und der Beteiligung der BaldaMikron aus dem Telekom-Bereich haben wir unsere Aktivitäten von 5 auf 3 reduziert. Mikron besteht nun aus den Teilen Bearbeitungs- und Montagesysteme, beides Investitionsgütergeschäfte mit Projektcharakter, und dem Komponentengeschäft, bei dem Kunststoffteile produziert werden. Bezüglich Strategie war diese Portfolio-Bereinigung ein wichtiges Thema im letzten Jahr.
«Wir profitieren vom steigenden Bedarf nach neuartigen, schadstoffoptimierten Benzin- und Dieseleinspritzsystemen»,
Eduard Rikli, CEO MikronIst es denkbar, dass man sich auch vom Bereich Komponenten trennt? Oder will man ihn fit machen, um ihn dann zu verkaufen?
Wir haben sehr vieles unternommen, um diesen Bereich wieder auf Kurs zu bringen. Damit haben wir Randbedingungen geschaffen, um im 2005 den Break-even-Punkt zu erreichen. Das ist unser Ziel.
Und weiter blickt man nicht?
Beurteilungen werden laufend vorgenommen. Aber es ist angezeigt, dass wir die hohen Anstrengungen 2005 konsequent weiterführen und zu einem Abschluss bringen.
Wo und mit welchen Leistungen und Produkten soll künftig Geld verdient werden?
Es wird etliche Industriebereiche geben, die von einer zunehmenden Miniaturisierung geprägt sind; bei denen also die mechanischen Komponenten und Baugruppen noch kleiner werden. Für diesen Trend werden wir Lösungen und Systeme im Bereich Fertigung und Montage suchen und entwickeln.
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Mikron erzielte im Vorjahr mit drei Marktsegmenten rund 80% des Umsatzes (35% Automotive, 25% Consumer Electronics, 20% Medical/ Personal Care). Wohin haben sich die Umsatzzahlen für die einzelnen Branchen bewegt?
Wir erzielten 2004 rund 50% im Automotive-Bereich, etwa 20% im Bereich Medical/ Personal Care und der Rest verteilt sich weitgehend auf Consumer Electronics, Büro-Geräte, etc.
Welches sind die Bereiche, in denen Mikron wachsen kann?
Rikli: Im Moment werden wir uns auf die Schlüsselsegmente Automotive sowie Medical/ Personal Care konzentrieren. Diese verzeichneten in den letzten Jahren ein stetiges Wachstum, die auch eine erhöhte Nachfrage nach unseren Maschinen erzeugt. Als Zulieferer der Autoindustrie profitieren wir zum Beispiel vom steigenden Bedarf nach neuartigen, schadstoffoptimierten Benzin- und Dieseleinspritzsystemen, die auf Mikron-Anlagen hergestellt werden.
Für viele Ihrer Kunden ist «First-to-market» mit immer kürzeren Innovationszeiten ein wichtiger Erfolgsfaktor. Was bedeutet das für Mikron?
Wir haben durchwegs Kunden, die sehr hohe Stückzahlen benötigen. Deswegen müssen wir in einem Entwicklungsprozess sehr früh eingebunden werden, damit der Kunde bei der Markteinführung eines Produkts seine Teile hat. Das führt bei Investitionsgütern zu einem Projektgeschäft mit hohem Termindruck. Mikron zeichnet sich durch die Einhaltung auch äusserst kurzer Lieferfristen aus. Der hohe Anteil an wiederkehrenden Kunden beweist, dass wir diese Kundenanforderungen erfüllen.
Mikron ist im Nischenmarkt Bearbeitungssysteme für Präzisionsteile Nummer 1. Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück und wodurch unterscheidet sich Mikron von seinen Konkurrenten?
Bei Mikron gibt es eine langwährende Tradition der Fähigkeit zur Herstellung von Präzisionsteilen. Damit unterscheiden wir uns von vielen unserer Mitbewerber, sowohl in der Schweiz wie auch im Ausland. Bei den Bearbeitungssystemen, aber auch bei Montagesystemen werden wir von gewissen Kunden einfach aus technischen Gründen bevorzugt.
Wohin bewegt sich Mikron technologisch?
Es ist so, dass sehr produktive Systeme wenig flexibel sind oder umgekehrt, dass flexible Systeme wenig produktiv sind. Die Entwicklungsstossrichtung geht deshalb dahin, die Flexibilität bei unseren Systemen ohne Einbussen bei der Produktivität zu vergrössern.
Das Anbieten von Lösungen für die Bearbeitung umfasst die ganze Kette vom Consulting bis zum Training. Das ist personal- und finanzintensiv. Kann man damit langfristig erfolgreich sein?
Man muss dazu sagen, dass wir eine starke Ausrichtung auf Europa und im speziellen auf Deutschland haben. Weil viele unserer Kunden Lieferanten aus demselben Kultur- und Sprachraum bevorzugen, haben wir bezüglich Konkurrenzfähigkeit die gleich langen Spiesse wie unsere europäischen Konkurrenten.
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Ist China nur «verlängerte Werkbank» oder auch Zukunftsmarkt?
Die Mehrzahl unserer Kunden betrachtet China primär als Zukunftsmarkt, was auch auf uns zutrifft.
Sind denn die Produktionsstandorte in Europa und USA genügend wettbewerbsfähig oder müsste eine Verlagerung in den asiatischen Raum in Betracht gezogen werden?
Beim Komponentengeschäft mit starker Automatisierung müssen wir im entsprechenden geografischen Raum wettbewerbsfähig sein, da es für einzelne Kunden aus logistischen Gründen oft keine Option darstellt, Teile zum Beispiel aus China zu beziehen. Vielmehr müssen sie in regionaler Reichweite produziert werden.
Andererseits ist Wettbewerbsfähigkeit nur ein Faktor. Das Marktpotenzial ist ein anderer. Und mit unserer Positionierung mit sechs Standorten in Europa sind wir tatsächlich nur noch zum Teil beim Potenzial der Märkte von morgen.
Welche Faktoren bilden aus Kundensicht Schlüsselfaktoren im Bereich Volumenproduktion von anspruchsvollen Kunststoffkomponenten und wie erfüllt Mikron diese Forderungen?
Der eine Faktor ist sicherlich die Möglichkeit zur sehr schnellen Herstellung von Präzisionsteilen. Der andere ist unsere globale Ausrichtung mit Produktionsstandorten in Europa, USA und China. Wir sind beispielsweise in der Lage, Projekte zu bearbeiten, bei denen die Teile in Europa entwickelt und entworfen werden, die Teile aber bei gleichbleibend hoher Qualität in China produziert werden. Es gibt nicht viele Anbieter, die diese Fähigkeiten haben. Für weltweit agierende Kunden ist diese Ausrichtung jedoch eine interessante Option.
Mikron konnte im abgelaufenen Geschäftsjahr sowohl Bestelleingang wie auch Umsatz steigern, wobei der Bereich Komponenten jedoch rote Zahlen schrieb. Wie sind die Aussichten für 2005 für Mikron insgesamt und für die einzelnen Bereiche?
Die beiden Bereiche Bearbeitungs- und Montagesysteme starteten im Vergleich zum Vorjahr mit einem erfreulichen Auftragsbestand, weshalb wir hier ein gutes Volumen erwarten. Bei den Komponenten haben wir im vergangenen Jahr viel aufgewendet, um die Aktivitäten operativ voranzubringen. Mit diesen Anstrengungen haben wir die Voraussetzungen für eine nachhaltige Verbesserung des Resultats geschaffen.
Das Marktumfeld dürfte sich im Jahr 2005 weiterhin günstig darstellen. Wir rechnen aus diesem Grunde mit einer weiteren Zunahme der Volumen und erwarten für die fortgeführten Aktivitäten ein positives Betriebsergebnis.
Eduard Rikli
Der 53jährige Eduard Rikli ist seit 1.1.2004 CEO der Mikron-Gruppe mit Sitz in Biel. Der promivierte Maschinenbau-Ingenieur ETH ist verheiratet und hat drei Kinder. Nach einer Tätigkeit bei Oerlikon-Bürle stieg Rikli 1986 bei Sulzer ein und durchlief verschiedene Stationen. Zuletzt war er Konzernleitungsmitglied und leitete den in der Oberflächenbeschichtung tätigen Bereich Sulzer Metco.
Kurzportrait Mikron
Die weltweit aktive Mikron ist ein Entwickler und Zulieferer von kundenspezifischen Produktionsanlagen und Komponenten für die Hochvolumenproduktion. Die Hauptabsatzmärkte sind in der Automobil- und der Medizinalbranche sowie im Bereich Bürogeräte und Consumer Electronics . Die Anzahl Mitarbeiter beträgt aktuell 1698 gegenüber 3160 vor dem letztjährigen Verkauf der BaldaMikron und Axxicon. Mikron erreichte 2004 einen Umsatz von 332 Mio. CHF und erzielte einen Gewinn von 0,5 Mio CHF. Produktionsstandorte sind in Europa, USA und China. Mikron befindet sich seit Mitte 2003 im Besitz einer Kerninvestorengruppe. Ammann Group Holding AG, Corporate Investment Management Affentranger Holding AG, Personalfürsorgestiftung Rieter AG, Tegula AG und Rudolf Maag sind die Mitglieder dieser Investorengruppe, die durch einen auf 5 Jahre terminierten Aktionärbindungsvertrag bis 2008 verbunden ist. Langfristiges Ziel der Investorengruppe ist ein gesundes Wachsen der Mikron Gruppe.