EGL: Weniger Umsatz und Reingewinn – Ausblick dank neuer Projekte gut

Beim Bau neuer Kraftwerke und der geplanten Trans Adriatic Pipeline (TAP) kommt der Energiekonzern nach eigenen Angaben jedoch voran. In Italien will das Unternehmen im laufenden Geschäftsjahr schwarze Zahlen schreiben und auch auf Gruppenebene operativ zulegen.


Verlagerung hin zum Energiederivatehandel
Die EGL erklärte den Rückgang beim Nettoumsatz (-12% auf 2’568,7 Mio CHF) mit einer Verlagerung des traditionellen physischen Stromabsatzes hin zum Energiederivatehandel. Entsprechend erhöhte sich der Erfolg aus dem Handel mit Energiederivaten und Emissionszertifikaten um 235% auf 179,3 Mio CHF. Der operative Gewinn (EBIT) sank auf 198,6 (209,1) Mio CHF. Etwa die Hälfte davon stammt nach Angaben der Unternehmensführung aus dem Stromhandel, die andere Hälfte aus dem Derivatehandel. Unter dem Strich verblieb gegenüber dem von Sondereffekten geprägten Vorjahr ein geringerer Reingewinn von 125,9 (176,4) Mio CHF.


Kritik an den Cash-Flows
Damit hat die EGL die Markterwartungen zwar beim EBIT übertroffen, ansonsten aber zum Teil deutlich verfehlt. Analysten äusserten sich erfreut über das «starke operative Ergebnis», wiesen aber auf hohe Investitionskosten für die neuen Projekte sowie eine unbefriedigende Entwicklung der Geldflüsse hin. Ein Grund für den Rückgang des Reingewinns ist das negative Finanzergebnis von -38,5 (+6,5) Mio CHF. Die EGL erklärte dies mit dem Zinsaufwand für das Kraftwerk Calenia Energia in Italien sowie negativen Währungseinflüsse aufgrund erhöhter Volatilität an den Devisenmärkten. Der operative Cashflow sank auf 47,0 (83,9) Mio CHF. Vor allem in den Aufbau weiterer Kraftwerke in Italien ging der Mittelabfluss aus Investitionstätigkeiten von 110,5 (109,9) Mio CHF.


Erstes Gas-Kombikraftwerk «erfolgreich»
Das im Mai 2007 gestartete Gas-Kombikraftwerk Calenia Energia in Italien erfüllt die Erwartungen der EGL. Die Beteiligung am Regelenergiemarkt verlaufe «erfolgreich», führte CEO Hans Schulz vor der Presse in Zürich aus. Auf Stufe EBIT erwartet der Konzern einen jährlichen Beitrag von 30 bis 50 Mio CHF zum Gewinn. Beim zweiten Gas-Kombikraftwerk Rizziconi ist ein erstes Modul seit 9. Mai 2008 am Netz, komplett soll die Anlage ab Juni laufen. Im vierten Quartal will die EGL die dritte Anlage Ferrara in Betrieb nehmen. Weitere Kraftwerke in Spanien und Italien sind geplant, ein Untersee-Stromkabel zwischen Norwegen und Deutschland ebenfalls.


Entscheid über Gaspipeline fällt 2009
Der definitive Bauentscheid zur TAP soll in der zweiten Jahreshälfte 2009 fallen. Dann werde auch der Preis für die Gaslieferungen aus dem Iran festgelegt. Sollte man sich nicht einigen können, gebe es Alternativen, sagte Schulz. «Wir verhandeln mit mehreren Partnern.» EGL will das Gas auch in der Schweiz vermarkten, wenn es sich lohnt. Bei den veranschlagten Kosten von derzeit rund 1,5 Mrd EUR für die TAP sollen 20% aus dem Eigenkapital kommen. «Das können wir in der heutigen Situation problemlos stemmen», erläuterte Schulz. Zudem könnte der griechische Teil der Pipeline auch durch eine dortige Stromgesellschaft gebaut werden, was die Kosten senken würde. Über eine mögliche Kapitalerhöhung müsse hingegen die Hauptaktionärin Axpo entscheiden, hiess es.


Das Ausscheiden von Joachim Conrad, Leiter des Geschäftsbereiches Gas, per November 2008 hinterlasse «kein Führungsvakuum», versicherte Schulz. Die operative Verantwortung für den Geschäftsbereich übernehme der bisherige Stellvertreter Markus Brokhof in den nächsten Tagen, die definitive Nachfolgeregelung werde derzeit geklärt.


Italien soll profitabel werden
Italien soll nach roten Zahlen im abgelaufenen Geschäftsjahr profitabel werden – und zwar bereits 2007/08. Zuletzt hätten Abschreibungen, schwache Margen bei Grosskunden und eine falsche Strategie die Gewinne belastet. Nun wende sich die EGL im Nachbarland vor allem an Kunden im mittleren Segment und verkaufe neben Strom auch energienahe Dienstleistungen. Neue Chancen sieht CEO Schulz im Energiederivatehandel in «liquiden Märkten» wie Skandinavien und Deutschland sowie langfristig auch in Osteuropa. Für das Gesamtjahr 2007/08 erwartet das Unternehmen trotz eines traditionell schwächeren zweiten Halbjahres ein besseres operatives Ergebnis als im Vorjahr sowie einen Jahresgewinn über Vorjahresniveau ohne Sondereffekte.


Der Markt reagierte nach den Kursaufschlägen der vergangenen Tage mit Gewinnmitnahmen. Die Aktie verlor bis 13 Uhr in einem nahezu unveränderten Gesamtmarkt (SPI) 1,0% auf 1’460 CHF. (awp/mc/pg)

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