Zürich – Fans des kecken Sir Roger Norrington dürfen sich auf den 7. Dezember freuen. Dann kehrt der Sir, der das Zürcher Kammerorchester mit viel Humor und Musikalität inspiriert und geformt hat, als Ehrendirigent für einen Abend zurück nach Zürich. Gemeinsam mit dem ZKO nimmt er das Publikum mit auf Haydns legendäre Reise von Wien nach London um 1790.
Am Konzertabend in Zürich widmet er sich einer besonders spannenden Zeit im Leben von Joseph Haydn. Dieser suchte 1790 einen neuen Markt für seine Kunst und schloss einen Vertrag mit dem Konzertunternehmer Johann Peter Salomon in London. Dort bewies der Komponist ab dem Jahr 1791 sein grosses Unterhaltungstalent. Zuerst mit Bauernmusik und Naturidylle im D-Dur-Quartett, welches er noch in Österreich komponiert hatte. Danach mit mehreren neu komponierten Sinfonien. Eine davon steht am 7. Dezember ebenfalls auf dem Programm. Sinfonie Nr. 95 ist die kürzeste seiner Londoner-Sinfonien, steht als einzige in einer Moll-Tonart und fiel beim damaligen Publikum durch. Im Gegensatz dazu war die erste bekannte Aufführung der Sinfonie Nr. 92 in London ein grosser Erfolg. Von einer weiteren Aufführung, die stattgefunden haben soll, als Haydn von der Universität Oxford zum Ehrendoktor gekürt wurde, stammt wohl auch der spätere Beiname «Oxford-Sinfonie».
Für Sir Roger Norrington, den einstigen Chefdirigenten des Zürcher Kammerorchesters, sind derartige Programme immer auch eine Art archäologische Expedition. «Unsere Zeit ist sehr von Emotionen gesteuert, und das Wissen spielt nicht mehr unbedingt immer eine Rolle. Wir sprechen ja nicht umsonst von einer postfaktischen Gegenwart», meint er. Eine gelungene Interpretation jongliert für Sir Roger aber immer mit beidem, Fakten und Emotionen. (Zürcher Kammerorchester/mc/kbo)