Emanuel Berger, VR-Delegierter Victoria-Jungfrau Collection AG

von Patrick Gunti


Herr Berger, die Victoria-Jungfrau Collection AG blickt auf ein erfreuliches Geschäftsjahr 2007 zurück. Der Umsatz konnte expansionsbereinigt um fast 10 % (gesamthaft um 40 %) gesteigert werden, die Anzahl der Übernachtungen in den vier Hotels der Gruppe nahm um 33,4 % zu. Haben sich damit Ihre Erwartungen erfüllt?


Durch den Umstand, dass es sich um das erste Betriebsjahr der Victoria-Jungfrau Collection handelt, glaube ich, dass wir zufrieden sein dürfen.


2007 war das erste Jahr mit dem Bellevue Palace in Bern in der Victoria-Jungfrau Collection. Der Umsatz konnte zwar um 3,8 % gesteigert werden, allerdings war ein ein operativer Verlust zu verzeichnen. Worauf ist dieser zurückzuführen?


Im Bellevue Palace zeichnen wir seit Anfang 2007 verantwortlich, der Betriebsleiter Urs Bührer ist zudem erst per April 2007 zugestiegen. Verschiedene Massnahmen konnten noch nicht voll greifen. Vieles wurde zwischenzeitlich in die Wege geleitet, um die Erlöse zu steigern, den Betriebsablauf effizienter zu gestalten und dadurch die hohen Entschädigungsleistungen an die Bellevue Palace Immobilien AG zu verkraften.

Für das Bellevue Palace sollen gezielt neue Kundensegmente angesprochen werden. Welche Message steht dabei im Vordergrund?


Generell streben wir eine höhere Auslastung der Beherbergung an und dies bei einem verbesserten Logement-Ertrag. Durch den aktiven Verkauf, die Präsenz an den Märkten, sollte uns dies gelingen. Der Bereich Food & Beverage erzielt bereits heute vergleichsweise ausgezeichnete Werte.


Das Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa in Interlaken konnte den Umsatz um 7,2 % auf 42,8 Mio. Franken steigern. Dabei hat der Anteil der Gäste aus dem Inland und den USA abgenommen. Worauf führen Sie dies zurück?


Der stärkere Euro macht es Schweizer Gästen einfacher, im Ausland die Ferien zu verbringen – und umgekehrt, den Gästen aus unseren Nachbarländern die Schweiz zu bereisen. Für den Schweizer fällt zudem ins Gericht, dass wir unerfreuliches Sommerwetter hatten. Wichtig erscheint uns eine breite Abdeckung der Gästeschaft bei deren Herkunftsländern, um nicht allzu anfällig auf wirtschaftliche Ausschläge und politische Wirren zu sein.


Wenn am Gesamtresultat auch noch mit einem geringen Anteil, nimmt die Zahl der Gäste aus den expandierenden Märkten wie Russland, Indien, China oder der Golfregion bei Ihnen wie auch der gesamten Schweizer Hotellerie zu. Welches Potenzial haben diese Gäste für die Victoria-Jungfrau Collection?


Der Einstieg in neue Herkunftsländer, in Emerging Markets, ist immer beschwerlich. Wir betrachten die Nachfrage aus Indien, Russland, der Golfregion und China als vielversprechend. Wir wollen uns zukünftig diesen noch stärker widmen.


Der Spa-Bereich im Victoria-Jungfrau gilt als einer der besten Europas wenn nicht gar weltweit. Was macht diesen so speziell?


Bereits bei seiner Konzeption im Jahre 1991 hatte der Verwaltungsrat grünes Licht für eine grosszügige Lösung gegeben. Die Räumlichkeiten und das Angebot gelten auch heute noch als richtungsweisend. Die Anwendungen und Therapieren werden laufend den Trends und Gästewünschen angepasst. Durch Schulung und Mystery-Checks wird der Stand der «Soft-Factors», der Leistungen unserer Mitarbeitenden stets auf höchstem Niveau gehalten. Viele internationale Ratings bestätigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.


Einen Verlust musste die Gruppe auf personeller Seite mit dem Wegzug per Ende Januar von Manfred Roth, dem Küchenchef des Victoria-Jungfrau in Interlaken, hinnehmen. Konnte die Nachfolge mittlerweile geregelt werden?


Mutationen gibt es immer – Executive Chef Manfred Roth wünschte in die Heimat seiner Frau – nach Japan – zurück zu kehren. Er hatte jedoch eine Equipe ausgezeichneter Chef-Köche um sich geschart, die Garant sind für die Einhaltung qualitativer Spitzenleistungen. Zudem wird Herr Hans-Rudolf Rütti, Direktor Victoria-Jungfrau, in den nächsten Tagen die Ankündigung eines neuen Küchenchefs internationalen Spitzenformats vornehmen.


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Auch in Luzern verlief das Geschäft 2007 erfreulich. Das Palace Luzern konnte den Umsatz um 12,1 % steigern und erreichte eine Auslastung von 63,2 %. Worauf ist das markante Wachstum zurückzuführen?


Das «Produkt» Palace Luzern steht in bemerkenswert hoher Qualität für den Gast bereit. 2007 – mit erhöhter Nachfrage – hat uns den Beweis erbracht, dass das Palace Luzern gute Resultate erbringen kann. Die Lucerne Festivals helfen uns dabei.


Das Eden au Lac in Zürich überschritt 2007 die 9 Mio. Fr-Umsatzgrenze. Was charakterisierte das zweite Jahr des Eden au Lac in der Victoria-Jungfrau Collection?


2007 war geprägt durch weitere organisatorische Massnahmen – einem Direktionswechsel – und einer anhaltend starken Nachfrage für Übernachtungen in Zürich.


Welche Entwicklung erwarten Sie für die Gruppe im laufenden Jahr?


Wir sind gut vorbereitet ins neue Jahr getreten – unsere Vorkehrungen für ein weiteres erfolgreiches Geschäftsjahr 2008 sind getroffen. Natürlich beobachten wir alle Entwicklungen und Geschehnisse auf den Märkten. Auswirkungen der Finanz-Erdbeben  werden auch bei uns Spuren hinterlassen, die wir heute noch nicht erfassen können. Dennoch sind wir zuversichtlich.


Sie haben 2007 nach 36 Jahren die Leitung des Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa abgegeben. Als VR-Delegierter sind Sie nun für den gemeinsamen Auftritt der Victoria-Jungfrau Collection verantwortlich. Was bedeutete dieser Schritt für Sie persönlich?


Wir haben ein hervorragendes Team von Hoteliers, Spezialisten und engagierten Persönlichkeiten zusammengestellt. Meine Aufgabe ist es, sie als Coach zu begleiten und zur engen Zusammenarbeit zu ermuntern. Den Know-How-Austausch mit ihnen wird uns zu besseren Resultaten führen. Es ist dies für mich eine höchst faszinierende Aufgabe, zusammen mit dem Verwaltungsrat und dessen Präsidenten, Dr. Peter Bratschi, unsere vier Hotels gegen aussen als Individualbetriebe allererster Prägung zu begleiten und gleichzeitig jede Möglichkeit zur Effizienzsteigerung «hinter den Kulissen» zu fördern. Wir haben die Buchhaltung zentralisiert, Marketing, Sales und PR zusammengefasst, wollen die Mitarbeitenden fördern und für eine längere Tätigkeit in der Victoria-Jungfrau Collection begeistern, und haben das Pooling von Finanzen und Versicherungen vorgenommen, um nur einige der Massnahmen zu nennen?


Wie hat sich die neue Struktur bewährt?


Nun, die Struktur ist etwas mehr als ein Jahr alt. Wir sind von ihr überzeugt und fühlen uns über die ersten Resultate, finanzieller, organisatorischer und qualitativer Art, mehr als bestätigt. Dennoch, wir haben noch viel zu tun, um unseren eigenen Ansprüchen zu genügen.


Herr Berger, herzlichen Dank für das Interview.





Zur Person:
Emanuel Berger (1941) hat nach Abschluss der Ecole Hotelière Lausanne, Aus- und Weiterbildungen am Unternehmerseminar der Hotellerie und der Cornell University in den USA, nach Tätigkeiten in führenden Hotels rund um den Globus, 1971 die Führung des VICTORIA-JUNGFRAU übernommen. Mit seiner Frau Rosmarie, die sich der Betreuung von Renovationen und Umbauten annimmt, bringen sie den Palast VICTORIA-JUNGFRAU zu neuem Glanz. 1986 wird E. Berger als Delegierter in den Verwaltungsrat berufen. Auf anfangs 2007 haben Herr und Frau Berger die operative Verantwortung für die Führung des Interlakner Flaggschiffhotels in jüngere Hände übergeben. E. Berger betreut als Delegierter des Verwaltungsrates die Entwicklung der vier Hotels und ist Coach für deren Betriebsleiter.


Zur Victoria-Jungfrau Collection AG:
Zur kleinen, exklusiven Hotel-Gruppe der VICTORIA-JUNGFRAU COLLECTION gehören das VICTORIA-JUNGFRAU Grand Hotel & Spa in Interlaken, das PALACE LUZERN am Vierwaldstätter See, das BELLEVUE PALACE in Bern sowie das EDEN AU LAC in Zürich. Während sich die Häuser in Interlaken, Luzern und Zürich im Besitz der Victoria-Jungfrau Collection AG befinden, wurde für das BELLEVUE PALACE in Bern ein Pachtvertrag mit der Eigentümerin – der Eidgenossenschaft – unterzeichnet.

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