Emanuel Probst, General Manager JURA Elektroapparate AG: «Wir sind davon überzeugt, dass nur der, der im schwierigen Heimmarkt einen guten Job macht, auch jenseits der Grenzen Erfolge feiern kann»

von Patrick Gunti


Die JURA Elektroapparate AG ist mit ihren vollautomatischen Kaffeemaschinen weiter auf Erfolgskurs: Der Umsatz stieg 2006 um 10,5 Prozent auf 325 Mio. Franken. Der Cash-Flow stieg um 15,1 Prozent auf 30,5 Mio. Franken. Insgesamt wurden 238’000 Vollautomaten abgesetzt.


Herr Probst, mit einem Plus von 12,4 % hat JURA vor allem im Ausland stark zugelegt, während der Umsatz in der Schweiz (+ 0,6 %) nur noch wenig zulegen konnte. Wird sich diese Entwicklung fortsetzen?


Das substanzielle Wachstum von JURA wird auch in den kommenden Jahren aus den vielen ungesättigten, internationalen Märkten stammen, in denen das Bewusstsein für Kaffeespezialitäten aus der frischen Bohne, frisch gemahlen, frisch zubereitet, erst am Aufkeimen ist. Kaffeegenuss ist ein globales Phänomen. Cappuccino, Latte Macchiato & Co. sind trendy und eröffnen den Kaffeegenuss auch einer neuen, jungen, urbanen Lifestyle-Generation. Vor diesem Hintergrund glauben wir fest daran, unser Ziel, bis im Jahr 2012 einen Umsatz von einer halben Milliarde Franken zu erzielen, erreichen zu können. 


JURA macht mittlerweile 85 % seines Umsatzes im Ausland. Wie wichtig ist da der gesättigte Schweizer Markt noch?


Herr und Frau Schweizer waren weltweit die ersten, die auf Espresso-/Kaffeevollautomaten setzten. In der Zwischenzeit ist der Markt gesättigt. Unser Ziel ist es, Marktanteile zu halten oder leicht dazu zu gewinnen. Das machen wir mit dem Schaffen neuer Segmente (zum Beispiel im Superpremium-  oder Kompaktbereich). Wir sind davon überzeugt, dass nur der, der im schwierigen Heimmarkt einen guten Job macht, auch jenseits der Grenzen Erfolge feiern kann.


Welches sind die grössten Wachstumsmärkte für Ihre Kaffeevollautomaten in den nächsten Jahren?


Unser grösster Markt, Deutschland, ist nach wie vor ungesättigt. Wir dürfen also dort weiter von einer kontinuierlichen Umsatzsteigerung ausgehen. Hinzu kommen Märkte, in denen das Kaffeebewusstsein explosionsartig wächst: die USA zum Beispiel, Russland oder die skandinavischen Länder, die seit Jahren den höchsten Pro-Kopf-Konsum von Kaffee haben, aber die Spezialitäten erst jetzt langsam entdecken. Die iberische Halbinsel entwickelt sich für uns äusserst erfreulich. Viel Potenzial bergen auch asiatische Märkte oder Australien. Wie erwähnt: Kaffeespezialitäten sind ein globales Phänomen.


Wie sehen Ihre Vertriebskanäle aus?


Nebst unserem Schweizer Headquarter sind wir in Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Spanien/Portugal und den USA mit eigenen Vertriebsgesellschaften, bzw. Jointventures vertreten und über den klassischen Fachhandel distribuiert. In weiteren rund 40 Ländern arbeiten wir mit Distributoren zusammen, die unsere Produktrange mit ihrer Distributionsstärke optimal ergänzen.


«Kaffeespezialitäten sind ein globales Phänomen» (Emanuel Probst, General Manager JURA)


Was macht den Erfolg der JURA-Kaffeevollautomaten aus?


Im Zentrum steht natürlich die perfekte Qualität von Kaffeespezialitäten. Hinzu kommen ein klares, substanzielles Design unter Verwendung hochwertiger Materialien und die einfache, intuitive Bedienung. Wir verstehen unsere Geräte nicht als «Haushaltapparate», sondern als Einrichtungsgegenstände, die vollendeten Kaffeegenuss bieten.


In der Schweiz aber auch international steht JURA in starker Konkurrenz zu den zahlreichen Portionensystem-Anbietern wie Nespresso. Wo sehen Sie Ihre Vorteile als Hersteller von Kaffeevollautomaten?


Wir setzen ganz klar auf die frische Bohne, die auf Knopfdruck frisch gemahlen und frisch zubereitet wird. Weitweit gibt es Tausende verschiedenster Kaffeemischungen und -röstungen. Im Gegensatz zum geschlossenen Portionensystemen kann beim Vollautomaten frei aus dieser Fülle ausgewählt werden. Auch erlauben es unsere Geräte, Kaffee ganz nach dem eigenen Geschmack zuzubereiten; von mild bis extra stark, von Ristretto bis zu Latte Macchiato oder fantasievollen Eigenkreationen. Immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten entscheiden sich deshalb, aber auch aus ökologischen (wer auf frische Kaffeebohnen setzt, produziert nicht mit jeder Tasse Kaffee auch noch viel Verpackungsabfall) wie ökonomischen Gründen (der Preis pro Tasse liegt beim Vollautomaten wesentlich niedriger als bei Portionensystemen) für das offene System der Vollautomaten.


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Mit Roger Federer haben Sie einen prominenten Werbeträger verpflichtet, um die Marke weltweit stärker bekannt zu machen. Was haben JURA und Federer gemeinsam?


Federer steht wie JURA für die Schweizer Herkunft. Er hat es aus eigener Kraft an die Weltspitze geschafft. Sein Spiel ist elegant, variantenreich und fantasievoll. Er weiss sich sowohl auf dem Tennisplatz als auch auf dem gesellschaftlichen Parkett exzellent zu bewegen und ist trotz seines Erfolges ein ganz normaler, bescheidener Mensch geblieben. Die Werte, die er verkörpert, decken sich mit den Werten, für die JURA steht. Ausserdem liebt Roger Federer Kaffee und gutes Design. Er besass übrigens schon bevor wir auf ihn zugingen, um über eine mögliche Partnerschaft zu sprechen, einen Vollautomaten von JURA.


Federer war letztes Jahr auch bei der Eröffnung der Erlebnis-Welt JURAworld of Coffee in Niederbuchsiten anwesend. Welchen Zweck verfolgen Sie mit diesem «Kaffee-Erlebnispark»?


Die JURAworld of Coffee ist quasi unser «ideologisches Zentrum», ein Visitor Center, in dem jedermann erleben kann, wofür JURA steht: Die Liebe zum Kaffee, das Wissen um seine Herkunft, Geschichte, Veredelung und variantenreiche Zubereitung. Wir wollten das «Epizentrum des Kaffeegenusses» schaffen, in dem man Kaffee mit allen Sinnen erleben, aber auch nur zu einer Kaffeespezialität ins schicke Café einkehren kann.


Wie viele Besucher erwarten sie und haben sich Ihre Erwartungen in den ersten Monaten erfüllt?


Mittelfristig liegt unser Ziel bei 100’000 Individualbesuchern im Jahr. Im Moment liegt die Besucherzahl erst etwa bei einem Viertel dessen. Richtiggehend überrannt werden wir hingegen von Firmen, Vereinen und Gruppen, welche die JURAworld of Coffee als Austragungsort ihrer Veranstaltungen und die Kaffeewelt als perfekten Rahmen dafür nutzen. 


«Die Entwicklung des Marktes gibt uns Recht und beweist auch, dass unser Beitrag zu diesem Trend offenbar Früchte trägt.» (Emanuel Probst) 


JURAworld of Coffee steht an der Kaffeeweltstrasse 1, Ihre Maschinen finden reissenden Absatz, ebenso die Portionensysteme, einen Starbucks-Coffeeshop findet man fast an jeder Ecke: Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für den weltweiten «Kaffeeboom»?


Gerade Ketten wie Starbucks haben viel Aufklärungsarbeit geleistet und mitgeholfen, den Kaffee aus der verstaubten «Kaffee- und Kuchen-Klatsch-Ecke» heraus zu holen. Mit Milch und Sirups verfeinerte und fantasievoll verzierte Kaffeespezialitäten sind absolut hip, jung und trendy. Und das Bedürfnis, diese tollen Kaffeegetränke auch zu Hause zubereiten zu können, steigt ständig.


Sie sind 1991 zu JURA gekommen, haben sich von vielen Unternehmensteilen getrennt und den Fokus auf die Produktion von Kaffee-Vollautomaten gesetzt. Haben Sie den Kaffeeboom kommen sehen?


Zwar gab es anfangs der 90er-Jahre gewisse Indikatoren, die auf einen wachsenden Kaffeemaschinenmarkt hinwiesen. Letzten Endes stellten wir aber eine Behauptung auf, an die wir fest glaubten. Die Entwicklung des Marktes gibt uns Recht und beweist auch, dass unser Beitrag zu diesem Trend offenbar Früchte trägt.


JURA legt grossen Wert auf Innovation. Welche Entwicklungen sind hier in den nächsten Jahren zu erwarten?


Wenn wir neue Gerätegenerationen entwickeln, stellen wir uns stets die selben drei Fragen:



  1. Können wir damit die Kaffeequalität in der Tasse verbessern, bzw. die Spezialitätenvielfalt vergrössern?
  2. Ist das Design so vollkommen, dass es Begehrlichkeiten weckt und die Käufer mit Besitzerstolz erfüllt? Oder: Findet das neue Gerät auf noch weniger Raum Platz?
  3. Ist die Bedienung so einfach und intuitiv, dass man auch ohne Bedienungsanleitung zum Ziel seiner Kaffeeträume kommt?

In unserer Pipeline stecken einige Projekte, bei denen wir all diese Fragen mit Ja beantworten können. Sie dürfen also gespannt sein…

JURA geht es finanziell ausgezeichnet, ist erfolgreich und die Perspektiven sind sehr gut. Das weckt Begehrlichkeiten – ist ein Gang an die Börse ein Thema?


Nein. Unsere Aktionäre sind an der nachhaltigen Entwicklung der Firma und nicht am kurzfristigen Gewinn interessiert. Diese Konstellation erlaubt es uns, die Mittel in erster Linie in die Zukunft, sprich die Entwicklung neuer Produkte und den Aufbau neuer Märkte, zu  investieren.


Herr Probst, wir bedanken uns für das Interview.





Zur Person:


Emanuel Probst (Jahrgang 1957) ist verheiratet, Vater von zwei Kindern und lebt in Zürich.

Ausbildung



Beruf



Zum Unternehmen


Seit 1931 entwickelt die Schweizer JURA Elektroapparate AG innovative Haushaltgeräte auf höchstem Niveau. Als Pionier hat JURA im Bereich Espresso-/Kaffeevollautomaten seit Mitte der 80er-Jahre einen fundierten Erfahrungsschatz aufgebaut und den Haushalt-Bereich massgeblich mit aufgebaut und geprägt. Dieses Know-how fliesst jetzt auch in die Entwicklung semiprofessioneller Geräte für den Office- und Foodservice-Bereich ein. Die Schweizer Traditionsmarke ist in den vergangenen Jahren zum Global Player erstarkt. Der Hauptsitz des Unternehmens liegt im schweizerischen Niederbuchsiten. In Deutschland, Österreich, Spanien und den Niederlanden ist JURA mit eigenen Vertriebsgesellschaften vertreten. Der Marktaufbau in weiten Teilen der Welt erfolgt in enger Zusammenarbeit mit Distributoren.

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