Erneuter Abgang an der Spitze – Villiger soll Kurer ablösen

Villiger war von 1989 bis 2003 Mitglied der Landesregierung, zuletzt als Vorsteher des Eidg. Finanzdepartements (EFD). Nach seinem Rücktritt wurde er unter anderem Verwaltungsrat bei Nestlé und bei Swiss Re.


Rücktritt im Interesse der Grossbank
Kurer sagte am Mittwoch vor den Medien, er sei aus eigenem Antrieb heraus zurückgetreten. Sein Ausscheiden erfolge im Interesse der Grossbank, der Kunden, der Angestellten und der Aktionäre. Im gegenwärtig «aufgeheizten politischen Klima» lasse sich ein Schlussstrich nur ziehen, wenn auch im Verwaltungsrat eine unbelastete Kraft an die Spitze trete.


Villiger mit Respekt vor dem neuen Amt
Villiger selbst hat offensichtlich grossen Respekt vor dem Amt und eine erste Anfrage der Bank nach eigenen Angaben negativ beantwortet. Er sei sich bewusst, dass er mit dem Amt seine Reputation riskiere, sagte er vor den Medien. Und er verhehle auch nicht, dass ihm Freunde von diesem Schritt abgeraten hätten. Wenn er aber einen Beitrag zur Lösung der gegenwärtigen Probleme der UBS leisten könne, sei ihm dies das Risiko wert, sagte der alt Bundesrat. Auch als Nicht-Banker fühle er sich legitimiert für das Präsidium der grössten Schweizer Bank.


Instinkt zur Problemerkennung
So stehe er mit seiner Vergangenheit als Bundesrat etwa für einen glaubwürdigen Finanzplatz. Ausserdem habe er Führungserfahrung und einen Instinkt, problematische Punkte frühzeitig zu erkennen, so Villiger. Als künftiger Verwaltungsratspräsident der UBS will er primär für Stabilität sorgen und dazu beitragen, verloren gegangenes Vertrauen wieder aufbauen. Eine Grossbank wie die UBS sei nicht einfach eine Bank, sondern auch ein Stabilitätsfaktor für das Land, sagte Villiger. Daher stelle er sich der Herausforderung auch aus Pflichtgefühl gegenüber der Schweiz und der Bevölkerung. Zur zukünftigen Ausrichtung der UBS machte Villiger noch keine Aussagen. Dazu fehle ihm derzeit noch das nötige Hintergrundwissen.


Verzicht auf Millionensalär
Villiger wird das Amt des Verwaltungsratspräsidenten nach seiner Wahl an der Generalversammlung am 15. April antreten. Kurer, der nur ein Jahr an der Spitze des UBS-Führungsgremiums stand und das Mandat übernahm, als die UBS bereits unter grossem Druck stand, wird Villiger dann noch während zwei Wochen einarbeiten. Danach werde er sein Büro bei der UBS räumen, sagte Kurer. Eine Abgangsentschädigung erhalte er nicht, während weiteren sechs Monaten werde er aber sein «normales Salär» beziehen.


Zurückhaltend punkto Entschädigung gibt sich auch alt Bundesrat Villiger. Ihm sei das für die Position gängige Salär angeboten worden, auf welches er nach reiflicher Überlegung verzichtet habe. Stattdessen werde er für denselben Lohn arbeiten, welchen auch die Direktionsmitglieder der Schweizerischen Nationalbank erhielten, also 850’000 CHF. Zudem wird Villiger auch auf Boni und Aktienanteile verzichten. Dies als Zeichen einer neuen Bescheidenheit in der Bankenbranche zu werten wäre aber falsch. Villiger sagte ausdrücklich, sein Verzicht sei kein Signal an die ganze UBS oder an einen allfälligen Nachfolger.


Rücktritt dank Grübel
Die Ablösung Kurers als Verwaltungsratspräsident wurde zwar allgemein erwartet, der Zeitpunkt der Bekanntgabe war allerdings eher überraschend. Noch vor einer Woche, als UBS-Konzernchef Marcel Rohner von Oswald Grübel abgelöst wurde, hatte Kurer einen Rücktritt noch kategorisch ausgeschlossen. Den definitiven Rücktrittentscheid habe er erst gefällt, nachdem er Grübel bereits für die UBS gewonnen hatte, sagte Kurer. Allerdings habe er bereits im November dem Verwaltungsrat angekündigt, im Sinne einer Eventualplanung nach einem Nachfolger für ihn zu suchen.


Zufrieden über Leistung
Über seine Leistung als Verwaltungspräsident zeigte sich Kurer am Mittwoch zufrieden: Unter seiner Führung sei der Transformationsprozess der Bank in wesentlichen Punkten abgeschlossen worden, sagte er. So seien durch Rekapitalisierungen und der Vereinbarung mit dem Bund die Kapitalbasis der UBS gestärkt und Risken gesenkt worden. Ausserdem habe sich die UBS in dieser Zeit als erste Bank der Welt ein «gesellschaftspolitisch verträgliches Salärsystem» gegeben, und im Steuerstreit mit den USA sei auch eine Einigung erzielt worden. Dass die UBS aber weiterhin unter starkem Druck steht, etwa durch die Forderung von US-Behörden nach der Herausgabe weiterer Kundendaten, erwähnte Kurer nicht.


Die Aktien reagierten positiv auf die Rochade an der Spitze. Bei Handelschluss notierten die UBS-Valoren mit 3,4% im Plus auf 10,23 CHF, derweil der SMI um 2,42% zulegen konnte.  (awp/mc/pg/03)

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