Ernüchternde Bilanz der Euro’08 für das Gastgewerbe
Dabei war der Standort des Betriebes von zentraler Bedeutung. Die Erwartungen bezüglich der längerfristigen Auswirkungen der Euro’08 sind bescheiden, wie die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich in einer Mitteilugn vom Montag schreibt.
Gastro-Umsätze wären ohne EM höher ausgefallen
Das Umsatzwachstum über die Monate Mai bis August wäre vermutlich ohne Euro’08 im Gastgewerbe insgesamt höher ausgefallen. Im Beherbergungssektor scheint eine zeitliche Verschiebung des Umsatzes vom Juni in die anderen Frühlings- und Sommermonate stattgefunden zu haben. Zudem waren die positiven (und negativen) Auswirkungen der Euro’08 geographisch stark konzentriert. Die Gaststätten litten möglicherweise unter dem sogenannten «Couch-Potato»-Effekt. Der daraus resultierende inländische Konsumrückgang konnte durch den zusätzlichen ausländischen Konsum nicht kompensiert werden.
Kurzfristige Effekte: Nur Austragungsorte profitierten
Die Wachstumsraten des Umsatzes im Vergleich zum Vorjahresmonat (VJM) können einen ersten Eindruck der kurzfristigen Effekte der Euro’08 auf das Schweizer Gastgewerbe vermitteln. Sie zeigen, dass der Beherbergungs- sowie der Gaststättensektor während den Monaten Mai, Juli und August durch ein dynamisches Wachstum von jeweils rund 10% gekennzeichnet war. Im Monat Juni hingegen brachen die Umsatzzunahmen in den Gaststätten regelrecht ein (auf 0%), während sie bei den Beherbergungsstätten merklich zurückgingen (auf knapp 6%). Es ist naheliegend, diesen markanten Rückgang im Juni auf die Euro’08 zurückzuführen, eine genauere Quantifizierung des Euro’08-Effektes erlaubt jedoch die Umsatzprämie.
Umsätze in Tourismusregionen im Juni eingebrochen
Die Umsatzprämie der Euro’08 für einen bestimmten Monat entspricht der Differenz zwischen dem realisierten Umsatzwachstum (gegenüber dem Vorjahresmonat) und dem fiktiven Umsatzwachstum wie es ohne Euro’08 erwartet worden wäre. In allen Tourismuszonen brach im Monat Juni die Umsatzprämie der Gaststätten regelrecht ein, wobei sich der stärkste Rückgang in den See- und Berggebieten zeigte (mit minus 7 Prozentpunkten, respektive minus 5 Prozentpunkten). In den grossen Städten, den Austragungsorten der Euro’08-Spiele, meldeten die Gaststätten «lediglich» eine Umsatzprämie von minus 4 Prozentpunkten.
«Couch-Potato»-Effekt
Der im Vergleich zu den anderen Monaten markante Umsatzprämienrückgang im Monat Juni deutet auf einen «Couch-Potato»-Effekt hin. Dieser besagt, dass einheimische Fans während grossen Sportanlässen ihr normales Konsumverhalten (inklusive z.B. Gaststättenbesuche) aufgeben und stattdessen die Übertragung der Spiele zu Hause vor dem Fernseher verfolgen und dabei relativ günstige Getränke und Speisen konsumieren. Der durch diesen «Couch-Potato»-Effekt bewirkte inländische Konsumrückgang war offenbar so bedeutend, dass er nicht durch den zusätzlichen Konsum der ausländischen Besucher kompensiert wurde. Daraus resultierte insgesamt ein negatives Ergebnis für den Monat Juni.
Beherbergung: Höchste Umsatzprämienin grossen Städten
Bei der Beherbergung konnten die Betriebe in den grossen Städten die höchsten Umsatzprämien verbuchen. Die Umsatzprämie von über 8 Prozentpunkten im Monat Juni deutet darauf hin, dass die Euro’08 für die Beherbergungsstätten in den Austragungsorten ein grosser Erfolg war. Zudem verzeichneten sie auch in den Monaten Mai, Juli und August positive Prämien. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass Euro’08-Besucher ihren Aufenthalt verlängerten oder dass es sich um Touristen und Kongressteilnehmer handelt, welche ihren Besuch auf die Monate vor oder nach der Euro’08 verschoben haben, um dem Fussballtaumel zu entgehen. Die Beherbergungsstätten der übrigen Zone meldeten in den Monaten Mai und Juni ebenfalls positive Umsatzprämien, in den Monaten Juli und August waren diese hingegen negativ. In den Berg- und Seegebieten bewirkte die Euro’08 kaum eine Veränderung des Umsatzes und somit waren auch die entsprechenden Umsatzprämien in den fraglichen Monaten nahezu null.
Kurzfristige Gesamteffekt durchwegs negativ
Der kurzfristige Gesamteffekt der Euro’08 auf den Umsatz kann durch die Summe der Umsatzprämien über die Monate Mai bis August berechnet werden. Er war in allen Tourismuszonen für die Gaststätten negativ. Bei der Beherbergung war er für die grossen Städte eindeutig positiv, für die restlichen Tourismuszonen nahezu null oder leicht negativ (Seezone).
Bescheidene Erwartungen bezüglich längerfristig positiven Effekten
Ähnlich wie bei der Umsatzprämie zeigt sich auch bei der Frage nach den erwarteten längerfristig positiven Effekten, dass die Resultate stark vom Standort des Betriebs geprägt sind. Dabei dürfte die Präsenz der Austragungsorte in den Medien und der Kontakt mit neuen ausländischen Gästen eine Rolle bei der Erwartungsbildung gespielt haben.
Beherbergungsstätten zählen auf Imagegewinn
Bei den Beherbergungsstätten variiert der Anteil der Betriebe, welche längerfristig positive Effekte der Euro’08 erwarten, zwischen knapp 20% (Bergzone) und 60% (grosse Städte). Dabei nannten in allen Tourismuszonen ausser der Bergzone etwa 30% der befragten Betriebe, dass sie dies aufgrund eines Imagegewinns der Schweiz erwarten. In den grossen Städten sowie in der übrigen Zone, wo der Kontakt mit neuen Gästen am häufigsten war, glaubt zudem praktisch jeder dritte Betrieb, dass sich das Erschliessen von neuen Kundensegmenten längerfristig auszahlen wird. In der Seezone und der Bergzone beträgt dieser Anteil nur 10%, respektive 0%.
Gaststätten skeptischer in Sachen Erwartungen
Die Gaststätten sind insgesamt weniger positiv in ihren Erwartungen als die Beherbergungsstätten. In der Berg- und Seezone rechnen knapp 5%, respektive 20% der teilnehmenden Betriebe mit positiven längerfristigen Auswirkungen der Euro’08. In den grossen Städten und der übrigen Zone ist der Anteil mit etwa 30% auch vergleichsweise niedrig. Diese Erwartungen werden hauptsächlich durch einen Imagegewinn der Schweiz begründet. Das Erschliessen neuer Kundensegmente spielt bei den Gaststätten praktisch keine Rolle. (kopf/mc/ps)