Erstmals seit vier Jahren wieder mehr Firmenpleiten

Gegenüber dem Vorjahr fiel der Anstieg mit 23,7% im September und 30,0% im Oktober deutlich höher aus, als noch aufgrund der Entwicklung in den Sommermonaten zu erwarten war. Eine ähnlich hohe Zunahme in zwei aufeinanderfolgenden Monaten gab es zuletzt im bisherigen Pleiterekordjahr 2004. 2008 wird aller Voraussicht nach kein neuer Negativrekord resultieren. Doch der seit vier Jahren anhaltende positive Trend des stetigen Rückgangs dürfte in diesem Jahr erstmals wieder gestoppt werden. Darauf weisen nicht nur die rasante Konkurszunahme in den letzten zwei Monaten hin, sondern auch der Anstieg in den ersten zehn Monaten diesen Jahres um 1,3% auf 3`376 Firmenkonkurse.


Gewinner der Liquiditätskrise: AR, AI, GL, LU und NE
Punkto Konkurse gehören die beiden Appenzell, Glarus, Luzern, Nidwalden und Neuenburg zu den Sorgenkantonen. In den ersten zehn Monaten diesen Jahres explodierten die Firmenpleiten regelrecht mit Zuwachsraten von 44% bis 66% gegenüber dem Vorjahr. Während in den Kleinkantonen der hohe prozentuale Anstieg aufgrund der tiefen absoluten Zahlen nur beschränkt aussagekräftig ist, ist besonders die aktuelle Entwicklung in Luzern besorgniserregend.


Kanton Luzern steuert auf Negativredkord hin
Der Kanton Luzern verzeichnete einen Pleiteanstieg von 50,0% seit Jahresbeginn und steuert damit auf einen neuen Negativrekord hin. Dafür verantwortlich sind in Luzern insbesondere der Gross- und Einzelhandel sowie die Architekturbüros. Im Kanton Neuenburg, wo die Firmenpleiten mit 44,4% ebenfalls stark zugenommen haben, gehören die Handwerker zu den Branchen mit dem höchsten Konkurswachstum. Mit Ausnahme von Appenzell-Ausserrhoden, Luzern und Nidwalden sind es denn auch die gleichen Kantone, bei denen die Neugründungen zurückgegangen sind. Luzern fällt auch hier aus dem Raster, allerdings positiv mit einem Gründungswachstum von 6,3% seit Jahresbeginn.


Schwimmen gegen den Trend: ZH, ZG, SZ, BE, AG, VD und VS
Gegen den allgemeinen Trend «schwimmen» derzeit unter anderem die Kantone Bern, Aargau, Zürich, Zug, Schwyz, Waadtland und das Wallis. Sie verzeichneten alle in den ersten zehn Monaten diesen Jahres weniger Konkurse als noch im Vorjahr.


Boombranche Personalvermittler
Einige Branchen scheinen von der Liquiditätskrise noch nichts zu spüren. Zu ihnen gehören die Chemie- und Pharmaindustrie, die Präzisions- und Uhrenindustrie, das Baugewerbe und die Branche der Unternehmensdienstleister. Die Chemie- und Pharmaindustrie steht an der Spitze mit dem höchsten Konkursrückgang. Gegenüber dem Vorjahr sank die Zahl der Pleiten um über 41,7%. Einen zweistelligen Rückgang verzeichneten im gleichen Zeitraum unter anderem auch die Präzisions- und Uhrenindustrie, die Personalvermittler sowie die Informatikdienstleister. Gerade die Personalvermittler gehören zu den grossen Profiteuren der aktuellen Finanz- und Liquiditätskrise. Denn einerseits spielt ihnen in die Hand, dass Firmen in unsicheren Zeiten vermehrt auf Zeitarbeiter zurückgreifen und andererseits beschert ihnen der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften Auftrag um Auftrag.


Baukonjunktur vor Abkühlung
Es mag deshalb auch nicht erstaunen, dass nicht nur die Konkurse stark zurückgegangen sind, sondern gleichzeitig auch die Zahl der neu gegründeten Zeitarbeitsfirmen seit Jahresbeginn um 13,1% zugenommen hat. Anders beim Baugewerbe. Ihm geht’s zwar immer noch gut, aber der Konkursrückgang verlangsamt sich allmählich, was darauf hindeutet, dass die Baukonjunktur sich nun in den nächsten Monaten abkühlen dürfte. Der enorme Anstieg bei den Neugründungen darf nicht über diese Entwicklung hinwegtäuschen. Denn eine grosse Zahl der neu gegründeten Firmen sind so genannte Arbeitsgenossenschaften, die für laufende Projekte und Arbeiten gegründet und anschliessend wieder aufgelöst werden.


Sorgenbranchen Textil- und Bekleidungsindustrie
Zu den Sorgenbranchen gehören aktuell die Textil- und Bekleidungsindustrie, das Handwerk, der Einzelhandel, die Architekturbüros, die Immobilienverwalter und -makler, das Autogewerbe und der Maschinenbau. Besonderes hart trifft es die Textil- und Bekleidungsindustrie: Die Zahl der Firmenpleiten stieg in den ersten zehn Monaten diesen Jahres um 53,9% gegenüber dem Vorjahr an, gleichzeitig ging die Zahl der Gründungen um über 12,5% zurück. Dass weniger im Wohnungs- und Gewerbebau geplant und gebaut wird, spüren nun auch die zum Bausektor gehörenden Nebenbranchen. Die Zahl der Konkurse von Architekten stieg seit Jahresbeginn um über 24%, die der Handwerker um 10,6% und die der Immobilienverwalter und -makler noch um 6,2%. (d&b/mc/ps)

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