Moneycab: Herr Jornod, Galenica befindet sich weiter auf Erfolgskurs. Der Umsatz wurde im vergangenen Jahr um 8,2 % auf fast 3 Mrd. Franken gesteigert ? ausserdem erwarten Sie, dass der konsolidierte Jahresgewinn zum neunten Mal in Folge um mehr als 10 % gesteigert werden konnte. Welches sind die Hauptursachen für den erfolgreichen Geschäftsgang?
Etienne Jornod: Wir haben in der Vergangenheit die richtigen Entscheide getroffen um die Gruppe mit Aktivitäten, die mehr Wachstumspotenzial als die Distribution haben, zu positionieren. In der Distribution hatten wir damals bereits einen Marktanteil von 50% – und das in einem kleinen Land wie der Schweiz, wo die Margen tief waren, d.h. ein sehr begrenztes Wachstumspotenzial! Galenica hat das Glück, ein sehr gutes Managementteam sowie Mitarbeitende, die sich total mit der Strategie der Gruppe identifizieren, zu haben.
«Für Galenica ist die Zusammenarbeit mit Novartis, dem grössten und besten multinationalen Unternehmen auf diesem Markt, eine fantastische Chance!» Etienne Jornod, CEO Galenica
Entspricht das Resultat Ihren Erwartungen?
Ja. Wir sind zuversichtlich, zum neunten Mal in Folge das Resultat um mehr als 10% steigern zu können. Wir haben alle auf dieses Ziel hingearbeitet.
Galenica hat sich unter Ihrer Führung zu einer erfolgreichen Pharma-Gruppe entwickelt, die in sechs Bereichen tätig ist: Pharma International, Pharma Schweiz, Prewholesale, Distribution, HealthCare Information und Retail. Die Zahlen sprechen für sich, trotzdem will sich Galenica nun neu ausrichten und auf das Pharmageschäft und auf das Schweizer Geschäft konzentrieren. Wo liegen die Gründe für diesen Entscheid?
Galenica hat sich wahrhaftig sehr stark entwickelt. Dies sieht man z. B. auch an der Zahl der Mitarbeitenden, die von 900 auf über 3000 gestiegen ist. Unsere Bedürfnisse nach Investitionen sind gewachsen und die Koordination der diversen Aktivitäten von Galenica nimmt das Management extrem in Anspruch, denn um gleichzeitig eine kleine internationale Pharmafirma, eine europäische Logistikorganisation sowie eine Apothekenkette – um nur drei Beispiele zu nennen ? zu führen, bedarf es verschiedenste Kompetenzen. Andererseits drängen sich immer mehr grosse, multinationale Konkurrenten wie Exel, Celesio, Deutsche Post, usw. auf den europäischen Prewholesale-Markt (Logistikdienstleistungen für die Pharma-Industrie), welchen Galenica vor ein paar Jahren als erstes Unternehmen identifizierte.
Diese Gründe haben uns dazu bewegt, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und von den strategischen Vorteilen zu profitieren: uns auf unsere Stärken zu konzentrieren und vorhandenes Potenzial besser zu nutzen ? insbesondere die vollständige Kontrolle der grössten Apothekenkette und des bedeutendsten Prewholesalers der Schweiz!
Bestand die Gefahr, dass sich das Unternehmen mit den sechs Sparten verzettelt?
Nein, im Gegenteil. Das Risiko reduziert sich noch mehr mit dieser Fokussierung der Aktivitäten.
Die Konzentration der Kräfte auf zwei strategische Hauptstossrichtungen führt dazu, dass Galenica das europäische Prewholesale-Geschäft vollständig ihrer strategischen Partnerin Alliance UniChem überlässt und im Gegenzug die alleinige Kontrolle über Alloga Schweiz und das bisherige Joint Venture GaleniCare Holding übernimmt. Wieso trennen Sie sich ausgerechnet vom Prewholesale-Geschäft, welches alleine im letzten Jahr eine Umsatzsteigerung von fast 20 % erreichte?
Die Nische des Prewholesale-Geschäfts für die Pharma-Industrie haben wir vor ein paar Jahren entdeckt. Dieser Markt entwickelt sich nun zu einem «commodities» wo der Investitionsbedarf gross ist und die Margen, im Vergleich zum Pharma-Markt, sehr bescheiden sind.
Im Gegenzug geht das Prewholesale-Geschäft für die Schweiz nun ganz an die Galenica über. Was kann Galenica daraus für einen Nutzen ziehen?
Für Galenica ist es wichtig, ihre Position auf dem Schweizer Markt auszubauen. Mit unserem einzigartigen Geschäftsmodell sind wir in der Lage, unseren Kunden Dienstleistungen in Form von Produkten und Apotheken und den Akteuren des Gesundheitsmarktes – Apotheken, Ärzte, Pharma-Industrie, Behörden – wissenschaftliche und wirtschaftliche Informationen anzubieten. Mit diesen Trümpfen können wir unseren Kunden ein «Plus» bieten. Somit war es naheliegend, auch das Prewholesale-Geschäft in der Schweiz vollständig zu übernehmen!
Galenica setzt auf den Ausbau des Geschäfts mit Eisenmedikamenten wie Venofer und Maltofer und auf den Handel mit rezeptfreien Medikamenten (OTC). Mit den Eisenmedikamenten setzen Sie auf einen Nischenmarkt ? die Fortsetzung einer Erfolgsgeschichte als Nischenplayer?
Wenn wir erfolgreich sein wollen, müssen wir uns von den anderen Unternehmen abheben. Wir sind viel zu klein, um weltweit in allen Bereichen tätig zu sein. Die Nische «Eisen» hingegen liegt in unserer Reichweite; wir verfügen über eine einzigartige Expertise auf internationaler Ebene und investieren in neue, vielversprechende Produkte, die ab 2008 auf dem Markt erhältlich sein werden. Auch hier ist es naheliegend, diese Gelegenheit voll auszunutzen und in den nächsten Jahren weitere finanzielle und personelle Mittel zu investieren. Dies spricht auch für eine Fokussierung unserer Stärken!
Mit dem Eisenpräparat Venofer expandiert Galenica in Zusammenarbeit mit Beijing Novartis Pharma nach China. Wie bedeutend wird China als Absatzmarkt für Galenica?
Für Galenica ist dies eine langfristige Investition auf einem Markt, der heute bereits so viele Patienten hat wie die Märkte in Deutschland oder Frankreich. Für Galenica ist die Zusammenarbeit mit Novartis, dem grössten und besten multinationalen Unternehmen auf diesem Markt, eine fantastische Chance!
Mit der Neuausrichtung will Galenica auch die Position in der Schweiz stärken, wo Ihr Unternehmen mit verschiedenen Ketten bereits die grösste Apothekerin des Landes ist. Wie sieht Ihre Strategie aus?
1996 haben wir entschieden, nicht mehr ausschliesslich mit den Apothekern (damalige Strategie), sondern mit allen Akteuren des Gesundheitsmarktes zusammen zu arbeiten. Dank diesem Strategiewechsel befinden wir uns heute in der Schweiz in der einzigartigen Position des Partners für alle Akteure (Industrie, Bevölkerung, Behörden, Apotheken, Ärzte, Drogisten, usw.). Die Präsenz in der Schweiz können wir auch hier nutzen. Wir hoffen, die Leaderposition mit unserer Apothekenkette weiterhin ausbauen zu können und werden daher mit dem Kauf weiterer resp. der Eröffnung neuer Apotheken weiterfahren. Dabei setzen wir die Prioritäten auf preiswerte Verkaufspunkte in guter Lage und langfristigem Potenzial.
Die strategische Neuausrichtung hat von den Analysten vorwiegend gute Noten erhalten. Die Anleger sind jedoch skeptischer, seit der Ankündigung der Kursänderung ist die Aktie von 219,8 auf 211 Franken (22.2.2005) gefallen. Wie erklären Sie sich dies?
Meines Erachtens ist diese Aussage relativ. Unsere Aktie ist eine der wenigen börsenkotierten Schweizer Titel, die sich in den letzten 9 Jahren so stark entwickelt haben. Zwischen dem «all time high» und dem aktuellen Kurs liegen ganze 4%. Zudem sind wir im Vergleich zum 2004 im Plus. Das ist ausgezeichnet!
Letzte Frage: Sie stehen seit Mitte der 90er Jahre an der Spitze der Galenica, auch Ihre Kollegen in der Geschäftsleitung sind bereits lange in der Unternehmung tätig. Ist diese Beständigkeit und Erfahrung ein Teil des Galenica-Erfolgsrezepts?
Auf jeden Fall. Zudem ist zu erwähnen, dass sich das Management der Gruppe (Top 100) auch wesentlich erneuert hat und zahlreiche neue Manager unsere Gruppe bereichert haben. Das Erfolgsrezept von Galenica ist somit das Kombinieren von Erfahrung und Innovation!