EU: Amtshilfe im Steuerstreit noch nicht entscheidungsreif

In den vorbereitenden Gremien wurde bis zuletzt über das Ausmass des automatischen Informationsaustausches zwischen den Steuerbehörden gestritten. Bereits beim Ratstreffen im Oktober fand ein Kompromissvorschlag Belgiens nicht die nötige Einstimmigkeit. Einigen EU-Staaten rund um die Niederlande ging der belgische Vorschlag zu wenig weit. Bei der Revision der EU-Richtlinie zur Amtshilfe in Steuersachen soll der Informationsaustausch auf Anfrage nach OECD-Standard in EU-Recht integriert werden. Zudem wird der automatische Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden der EU-Staaten geregelt, der teilweise schon jetzt existiert.


Streit um Ausmass des Informationsaustausches
Genau um das Ausmass dieses Informationsaustausches streiten sich seither die Vertreter der EU-Staaten in Brüssel, wie ein EU-Diplomat erklärte. Zwar wurde in den vorbereitenden Gremien des November-Rates ein Kompromiss zwischen dem niederländischen und belgischen Vorschlag beraten. Eine Einigung konnte aber nicht erzielt werden. Offenbar stellte sich nun vor allem Italien dagegen. Das wurde in Diplomatenkreisen in Brüssel als «sehr, sehr schade» bezeichnet. Viele Länder, darunter Frankreich und Deutschland, möchten bei der Amtshilfe «als Instrument in der Betrugsbekämpfung» vorwärts machen.


Drei neue Überwachungs-Organe
Ohne Diskussion durchgehen dürften dagegen Gesetzestexte, welche zur Umsetzung der im September beschlossenen Reform der EU-Finanzmarktaufsicht gehören. Ab dem 1. Januar 2011 werden Banken, Versicherungen und Börsen von drei neuen Organen überwacht. Zudem wird ein Systemrisikorat geschaffen. Bereits um 9.00 Uhr morgens treffen sich die EU-Finanzminister mit den Vertretern der Länder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA). Die Schweiz wird dabei von Staatssekretär Michael Ambühl vertreten. Unter anderem werden sie sich über die Finanzmarktaufsicht, Steuerthemen, die Konsolidierung der Haushalte und das Wirtschaftswachstum unterhalten.&


Italiens Finanzminister kritisiert Steuerabkommen mit Schweiz
Kurz vor dem Besuch von Bundesrat Johann Schneider-Ammann in Rom hat Italiens Finanzminister Giulio Tremonti in Brüssel wieder einmal die Schweiz angesprochen. Er kritisierte die EU-Staaten, «die versuchen, mit der Schweiz bilaterale Steuerabkommen abzuschliessen». Bei den öffentlichen Beratungen zur Amtshilfe-Richtlinie holte Tremonti am Mittwoch zum Rundumschlag aus: «Da wir hier letztlich über die Zinsbesteuerungsrichtlinie sprechen, müssen wir über die internen und externen Verletzungen der Richtlinie sprechen», sagte er. Es sei inakzeptabel, dass gewisse EU-Staaten diese durch die Schaffung von Trusts zu umgehen versuchten. Ebenso werde die Richtlinie verletzt, wenn EU-Staaten beabsichtigten mit der Schweiz Steuerabkommen abzuschliessen. Damit werde «das gemeinschaftliche Vorgehen zunichte gemacht».


Keine Antworten, keine Einigung
«Es tut mir Leid, Didier, aber so lange wir keine Antworten haben, gibt es keine Einigung», sagte Tremonti zuhanden des belgischen Finanzministers und Ratsvorsitzenden Didier Reynders. Dieser versprach, «mehr Details zu den italienischen Fragen zu finden», sonst werde man auch im Rat der Finanzminister im Dezember keine Einigung erreichen. Staatssekretär Michael Ambühl, der die Schweiz beim Treffen der EFTA- und EU-Finanzminister in Brüssel vertrat, hatte zuvor gegenüber Schweizer Medienschaffenden erklärt, er habe unter anderem auch mit dem italienischen Finanzminister gesprochen. «Über wichtige bilaterale Themen». In die Details wollte Ambühl nicht gehen.


Auf pragmatische Weise eine Lösung finden
Schneider-Ammann reist am (morgigen) Donnerstag zu einem Arbeitsbesuch nach Rom. Dort trifft er den italienischen Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Paolo Romani. Anders als mit Deutschland und Grossbritannien, lässt ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Italien noch auf sich warten. Italien und die Schweiz hätten ihre eigenen Vorstellungen im Bereich Doppelbesteuerung, man müsse auf pragmatische Weise im Sinne der gemeinsamen Interessen eine Lösung finden, hatte die damalige Wirtschaftsministerin Doris Leuthard im Mai in Rom erklärt. (awp/mc/ss/07)

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