«Der gestrige Handelstag dürfte die meisten Marktteilnehmer überrascht haben», sagte Jimmy Yates, Marktstratege CMC Markets. So seien dem ersten schwächeren Tag nach der starken Kursrally nicht die erwarteten Anschlussverkäufe, sondern wieder Kursgewinne gefolgt. «Das könnte der Auftakt eines neuen Aufwärtsimpulses sein», so Yates. Positiv wertet er mit den japanischen Industrieproduktionsdaten ein weiteres Zeichen für das Ende der Rezession, auch wenn dies die asiatischen Börsen kaum beeindruckt habe. Neben den zahlreichen Quartalsberichten sieht Yates vor allem die wöchentlichen US-Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe als Wegweiser für die weitere Trendrichtung. Unterstützung bietet zunächst der Future auf den Dow Jones Industrial , der im Vergleich zum Handelsende in Europa mit 1,20 Prozent im Plus liegt.
Der Fokus der Anleger dürfte sich vor allem auf die Flut an Quartalszahlen richten. Insbesondere im Telekomsektor sowie der Öl- und Energiebranche stehen zahlreiche Schwergewichte mit ihren Zwischenberichten auf der Agenda. Für letztere liefert unabhängig davon der am Vorabend deutlich abgerutschte Ölpreis einen Stimmungsdämpfer.
Der französische Telekomkonzern France Telecom litt wie seine europäischen Wettbewerber im ersten Halbjahr unter einer Zurückhaltung der Verbraucher und regulatorischen Einschnitten. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) ging auf vergleichbarer Basis um 2,6 Prozent auf 8,82 Milliarden Euro zurück. Kosteneinsparungen und die Pläne zum Umbau des Konzerns begännen sich aber langsam auszuzahlen. Dagegen verdiente Telefonica im ersten Halbjahr vor allem dank einer starken Entwicklung in Lateinamerika etwas mehr als im Vorjahr. Unterm Strich stieg der Gewinn des spanischen Telekomkonzerns auf 3,62 Milliarden Euro nach 3,59 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2008. Gute Geschäfte in Lateinamerika glichen dabei Schwächen auf dem spanischen Heimatmarkt und in Europa aus. Die Umsätze sanken allerdings um zwei Prozent auf 27,6 Milliarden Euro. Bei der BT Group fiel der Gewinnrückgang geringer aus als erwartet. Der Konzern sieht sich zudem auf gutem Wege, die selbst gesteckten Einsparungsziele zu erreichen.
Der Wirtschaftskrise getrotzt hat der französische Energiekonzern Electricite de France (EdF). Im ersten Halbjahr konnten Umsatz und Gewinn gesteigert werden. Dies gilt nicht für Royal Dutch Shell. Der gesunkene Ölpreis und die nach wie vor schwache Nachfrage führten beim britisch-niederländische Ölkonzern im zweiten Quartal zu einem Gewinneinbruch. Im Vergleich zum Vorjahr sei der Gewinn zu Wiederbeschaffungskosten um 70 Prozent auf 2,3 Milliarden Dollar gesunken, teilte Shell mit. Den Aktionären soll dennoch eine um fünf Prozent höhere Dividende von 0,42 Dollar gezahlt werden. Auch die spanische Repsol-YPF, Enel und Eni berichten über den Geschäftsverlauf.
Stärker als erwartet erwischte die weltweite Wirtschaftskrise im ersten Halbjahr Renault. Der französische Autobauer musste in den ersten sechs Monaten einen Verlust von 2,7 Milliarden Euro hinnehmen. Experten hatten mit einem geringeren Verlust gerechnet. Vor einem Jahr hatte Renault noch einen Gewinn von knapp 1,6 Milliarden Euro erzielt. Der Umsatz brach um 24 Prozent auf 16 Milliarden Euro ein. Der Industriegasekonzern Air Liquide verzeichnete einen Gewinnrückgang, blieb allerdings bei seinem Ziel, Umsatz und Gewinn für das Gesamtjahr auf Vorjahresniveau zu halten. (awp/mc/ps/07)