EU bekommt mehr Macht bei Finanzaufsicht
Die verstärkte Kontrolle soll neue Notlagen verhindern. Zum kommenden Jahreswechsel werden drei neue EU-Behörden für Banken, Versicherungen und Börsen eingerichtet – Frankfurt soll die Börsenaufsicht erhalten. Eine einheitliche Superbehörde der EU wird es nicht geben. Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean- Claude Trichet, solle einen neu zu schaffenden Weisenrat zur Frühererkennung von Risiken im Finanzsektor führen, sagte der deutsche SPD-Europarlamentarier und Finanzexperte Udo Bullmann.
Europäischen Aufseher durchgesetzt
Der Kompromiss muss nun in den kommenden Wochen von den EU-Finanzministern und dem Europaparlament endgültig gebilligt werden. Im September 2008 hatte der Zusammenbruch des US-Bankhauses Lehman Brothers die internationale Finanzkrise ausgelöst, in deren Folge Banken mit Milliardenaufwand gerettet werden mussten.
Monatelanger Kampf um Kompromiss
EU-Parlament und Ministerrat kämpften monatelang um den Kompromiss. Das Parlament konnte nach eigenen Angaben weitgehende Rechte für die neuen europäischen Aufseher durchsetzen: Die neuen EU-Behörden können im Krisen- oder Notfall europäischen Finanzinstituten direkte Anweisungen geben. Die nationalen Aufseher bleiben aber weiter für das Tagesgeschäft zuständig. Vorbehalte gegen weitgehende EU-Befugnisse hatte es unter anderem in Grossbritannien und Deutschland gegeben.
«Wirkliche Macht»
«Die neuen Behörden haben wirkliche Macht», sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Bullmann sagte der Nachrichtenagentur dpa: «Das ist ein Riesenfortschritt für Europa. Wir bekommen europäische Aufsichtsbehörden, die wirklich ihren Aufgaben nachgehen können.» Das Parlament konnte nach eigenen Angaben auch durchsetzen, dass Vertreter der europäischen Kontrollbehörden in Aufsichtskollegien für grenzüberschreitend tätige Finanzinstitute eine führende Rolle spielen – und nicht am Katzentisch sitzen.
Sitz der Aufseher in London
Die neuen EU-Aufseher gehen aus bisherigen Ausschüssen hervor. Die Bankenbehörde soll in London sitzen, die für Versicherungen in Paris, und Frankfurt bekommt die Börsenaufsicht, berichteten Parlamentarier. Die neue Überwachung basiert auf Vorschlägen des französischen Finanzfachmanns Jacques de Larosière. (awp/mc/gh/02)