Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück gab sich nach dem Treffen mit seinen Amtskollegen in Brüssel zuversichtlich, dass, «beeinflusst von der öffentlichen Debatte», ein Prozess in Gang gekommen sei. Im Zuge der Steueraffäre macht Deutschland Druck für eine Erweiterung der Zinsbesteuerung auf asiatische Finanzplätze in Hongkong, Singapur und Macao.
Molterer: «Bankgeheimnis steht nicht zur Disposition»
Doch Steinbrück will auch eine Ausweitung in Europa: Mehr Produkte und auch juristische Personen sollen einbezogen werden, zudem insistiert er weiterhin auf einem Informationsaustausch. «Das Bankgeheimnis steht nicht zur Disposition», konterte der österreichische Finanzminister Wilhelm Molterer seinerseits vor den Medien. Es wäre «sicher nicht akzeptabel», wenn jemand jetzt eine Änderung erzwingen wolle, ohne das Mitmachen von Nicht-EU-Staaten zu berücksichtigen.
Viele Schlupflöcher
Österreich, Luxemburg und Belgien erheben – wie auch die Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra und San Marino – eine Quellensteuer auf Zinserträge von Bürgern aus anderen EU-Staaten. Die restliche EU wendet einen automatischen Informationsaustausch an, um die Steuerflucht zu bekämpfen. Doch von Beginn weg hatte die seitens der EU in über einem Jahrzehnt ausgehandelte EU-Richtlinie viele Schlupflöcher. So werden beispielsweise Erträge von den nun in der Steueraffäre kritisierten liechtensteinischen Stiftungen nicht erfasst.
Einstimmigkeit gefordert
Für die EU-Kommission ist die Evaluierung im Mai nur der erste Schritt, wie EU-Steuerkommissar László Kovács sagte. In einer zweiten Runde werde die EU-Kommission Gesetzesvorschläge vorlegen, kündigte er an. Allerdings entscheiden die EU-Staaten in Steuerfragen einstimmig – zudem müssten parallel zum Entscheidungsprozess über eine EU-interne Verschärfung auch Verhandlungen mit der Schweiz für eine Änderung des Zinsbesteuerungsabkommens aufgenommen werden.
Schert Belgien aus?
Er habe nie mit einem Urknall gerechnet, sagte Steinbrück. «Das ist dickes Holz das lange gebohrt werden muss.» Einen Fortschritt dürfte er jedoch bereits vor 2011 verzeichnen: Belgien dürfte aus der Gruppe der EU-Staaten ausscheren, die ihren Bankkunden die Wahl lassen zwischen Informationsaustausch und Quellensteuer. Belgien werde nie die ab Juli 2011 vorgesehenen Quellensteuer von 35 Prozent erheben, sagte Finanzminister Reynders. Denn das belgische Bankgeheimnis existiere nicht, fügte er an. (awp/mc/pg)