EU: «Bilateraler Weg hat klar seine Grenzen erreicht»

Zwischen den zwei Versionen liegen wochenlange Diskussionen der EU-Experten in der sogenannten EFTA-Gruppe, die sich mit der Schweiz und den weiteren Ländern der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) befassen. Grundsätzlich werden die Beziehungen zwar als «gut, intensiv und umfassend» beschrieben. Der Beitritt zum Schengenraum, die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf Rumänien und Bulgarien sowie der Durchschlag am Gotthard werden als positive Beispiele erwähnt. In den kritischen Kernaussagen stecken verschiedene Forderungen: So verlangt die EU von der Schweiz eine «dynamische Anpassung der bilateralen Abkommen an das künftige EU-Recht» und weitere Kohäsionsbeiträge.


EU erwartet «konstruktiven Dialog»
Bei Letzterem erwartet die EU «einen konstruktiven Dialog mit der Schweiz bei der Überprüfung des bestehenden Mechanismus, der im Juni 2012 ausläuft». Der Rat hoffe, dass eine für beide Seiten «akzeptable Lösung» gefunden werde. Die bisherigen Beiträge im Rahmen der Osterweiterung der EU werden begrüsst. Der bilaterale Weg hat für die EU-Experten «klar seine Grenzen erreicht». Das «komplexe System» der bilateralen Abkommen führe zu «rechtlicher Unsicherheit» für Behörden, Dienstleister und Bürger.


Barroso will Calmy-Rey treffen
Künftig müsse eine generelle Lösung für die Anpassung der Abkommen an das sich weiterentwickelnde EU-Recht, die homogene Anwendung der Abkommen sowie einen unabhängigen Kontroll- und Gerichtsbarkeitsmechanismus gefunden werden. Eine Arbeitsgruppe mit Experten beider Lager befasst sich seit einigen Monaten mit diesen Fragen. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso gab vor Kurzem seiner Hoffnung Ausdruck, dass er bei einem «baldigen» Treffen mit Aussenministerin Micheline Calmy-Rey über «ein neues System der effizienteren und für beide Seiten befriedigenden Zusammenarbeit» diskutieren könne.


Dorn im EU-Auge
Bei den Steuerthemen zeigt sich die EU mit Blick auf die kantonale Holdingbesteuerung «sehr besorgt» über gewisse kantonale Steuerpraktiken. Die Schweiz schaffe so «inakzeptable Wettbewerbsverfälschung». Bern wird erneut aufgerufen, die Begünstigungen für ausländische Firmen abzuschaffen. Die EU-Staaten fordern die Schweiz zudem auf, die Diskussionen über «schädliche Steuerpraktiken» und eine mögliche Übernahme des EU-Verhaltenskodex zur Unternehmensbesteuerung mit der EU weiterzuführen. Zudem erwarten sie eine schnelle Implementierung der OECD-Standards (Informationsaustausch auf Anfrage) zwischen der Schweiz, der EU und allen EU-Mitgliedstaaten.


Warten auf EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie
Begrüsst wird die Bereitschaft der Schweiz eine Revision und Erweiterung des Zinsbesteuerungsabkommens ins Auge zu fassen. Das wird allerdings erst aktuell, wenn sich die EU intern auf eine neue Zinsbesteuerungsrichtlinie einigt und ein entsprechendes Verhandlungsmandat für die Schweiz verabschiedet. Ähnlich wie jetzt hatten die EU-Aussenminister bereits 2008 Schlussfolgerungen zu den Beziehungen mit den EFTA-Staaten festgehalten. Auf diese wird im neuen Text mehrmals verwiesen. (awp/mc/ps/11) 

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