«Kurzfristig orientierte Anleger nehmen Gewinne mit», sagte Heinz-Gerd Sonnenschein, Aktienstratege bei der Postbank. Gegenüber der britischen Zeitung «Daily Mail» sagte Weltbank-Präsident Robert Zoellick, die Weltwirtschaft sei auf dem Wege in die schlimmste Rezession seit 1930. Zu dem düsteren Bild trugen die jüngsten Konjunkturdaten aus Japan bei. Danach ist die Wirtschaft im letzten Quartal 2008 so stark geschrumpft wie seit der Ölkrise vor 35 Jahren nicht mehr.
Neben ArcelorMittal standen Bankenwerte ganz oben auf der Verliererliste im europäischen Auswahlindex EuroSTOXX50. ArcelorMittal fielen um 4,88 Prozent auf 15,21 Euro. «Investoren sollten beim europäischen Stahlsektor vorsichtig bleiben, da die Aussichten für eine Erholung der Gewinne im Laufe des Jahres nach und nach zu schwinden scheinen», schrieben die Analysten von JPMorgan in einer Analyse. Bei den Banken hielten BNP Paribas mit einem Abschlag von 3,81 Prozent auf 26,37 Euro die rote Laterne. Santander und die Deutsche Bank folgten auf dem Fusse.
Analystenkommentare bewegten Papiere der Telecom Italia, die nach einer Kaufempfehlung durch Merrill Lynch knapp fünf Prozent hinzugewannen und damit einer der fünf Gewinner im EuroSTOXX 50 waren. Antofagasta sackten hingegen um mehr als fünf Prozent ab, nachdem die Royal Bank of Scotland Investoren empfohlen hatte, die Papiere zu verkaufen. Rohstoffwerte verbuchten durch die Bank deutliche Kursverluste.
Branchen wie Versicherer und Einzelhandel rückten nach zahlreichen Bilanzen in den Mittelpunkt. Der britische Lebensversicherungskonzern Standard Life gehörte dazu. Der Versicherer konnte im vergangenen Jahr seinen operativen Gewinn um sechs Prozent steigern. Für den weiteren Geschäftsverlauf werde man angesichts des schwachen Ausblicks für die Weltwirtschaft an der konservativen Strategie festhalten, hiess es vom Unternehmen. Der angeschlagene niederländische Versicherer Aegon stärkt nach tiefroten Zahlen über den Abbau von Risiken weiter seine dünne Kapitaldecke. Im vierten Quartal sei über die Rückversicherung und Verbriefung von Wertpapieren rund eine Milliarde Euro freigesetzt worden, teilte das Unternehmen mit. 2009 sollen es weitere rund 1,5 Milliarden Euro sein. Beide Papiere zogen an.
Der französische Einzelhändler Carrefour erlitt im vergangenen Geschäftsjahr unterdessen einen deutlichen Gewinnrückgang. Die Aktien konnten sich dennoch gegen den Markttrend um 1,54 Prozent auf 25,05 Euro vorarbeiten. Händler verwiesen auf die Pläne des Konzerns, die Kosten weiter zu senken und in Sonderaktionen zu investieren, um die Umsätze anzukurbeln. Der britische Einzelhändler WM Morrison (Wm.) Supermarkets konnte im vergangenen Jahr mehr verdienen als von Experten erwartet und will für 2008 die Dividende um etwa ein Fünftel erhöhen. Beide Aktien konnten leicht zulegen. Die Swatch Group weist für das vergangene Geschäftsjahr 2008 eine rückläufige Gewinnentwicklung auf. So sank der Konzerngewinn – auch wegen des negativen Finanzergebnisses – um fast ein Fünftel. Die Titel waren die grössten Verlierer im Schweizer Leitindex. Die Aktien der französischen Lagardere und der belgischen Delhaize Group verbuchten nach Zahlen zum Teil deutliche Kursverluste.
Der italienische Energiekonzern Enel will über eine Kapitalerhöhung bis zu acht Milliarden Euro einnehmen und bestätigte damit Marktspekulationen vom Vortag. Die Aktie gewann 5,79 Prozent auf 3,565 Euro. Mit dem zusätzlichen Geld könnte der Konzern die Übernahme des 25-prozentigen Anteils des spanischen Mischkonzerns Acciona am Energiekonzern Endesa zu einem grossen Teil finanzieren. (awp/mc/ps/10)