EU-Gipfel sucht Weg aus Eurokrise
Es werden aber auch harte Debatten erwartet, ob der derzeitige, mit 750 Milliarden Euro ausgestattete Rettungsschirm ausreicht. Die Eurozone will sich für den Fall eines drohenden Staatsbankrotts rüsten. Private Geldgeber sollen bei Rettungsaktionen für Staaten nur fallweise einbezogen werden. Gefährlich hohe Staatsschulden wie in Griechenland und Irland setzen die Gemeinschaftswährung massiv unter Druck. Der Euro konnte sich am Donnerstag gegenüber dem US-Dollar über 1,32 Euro halten.
Aktuellen Rettungsschirm mit mehr Mitteln ausstatten?
Bei einem Vorbereitungstreffen konservativer Spitzenpolitiker wurde unter anderem darüber diskutiert, ob der momentane Rettungsschirm mit mehr Mitteln ausgestattet werden muss, wie Teilnehmer sagten. Deutschland ist dagegen. Allerdings könnte auch das hochverschuldete Portugal im neuen Jahr dazu gezwungen sein, unter der Rettungsschirm zu schlüpfen, berichteten Diplomaten. Die Regierung in Lissabon brachte ein Massnahmenpaket auf den Weg, um die Wirtschaft des Landes zu stärken. Auch wenn die Gipfelrunde einer Änderung des EU-Vertrages zustimmen dürfte, um das neue Auffangnetz für Pleite-bedrohte Staaten rechtlich zu verankern, bleibt vieles umstritten.
Uneinigkeit bei Euro-Bonds
Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker macht sich weiter für Euro-Bonds stark, also gemeinsam ausgegebene Schuldpapiere der Eurozone. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy lehnen Eurobonds kategorisch ab. Merkel war vor dem Gipfel sichtlich bemüht, den zuletzt öffentlich eskalierten Streit mit Juncker beizulegen. «Jean-Claude Juncker und ich haben ausführlich telefoniert und die Sache längst ausgeräumt. Wo es um so viel geht, spielen eben auch Emotionen mal eine Rolle», sagte Merkel der «Bild»-Zeitung (Donnerstag).
Geschlossen auftreten
Auch Juncker gab sich in puncto Eurobonds versöhnlich. «Ich wollte mit dem Vorschlag weder die Deutschen noch die Franzosen provozieren, sondern eine Debatte lancieren», sagte er dem «Luxemburger Wort» (Donnerstag). Juncker wies aber nachdrücklich zurück, sein Vorschlag würde die deutsche Staatskasse mit Milliarden belasten, weil dann alle denselben Zinssatz zahlen müssten. Juncker, auch Chef der Eurogruppe, hatte sich sehr verärgert über Merkels Widerstand gegen seinen Vorschlag geäussert. Sein Aussenminister Jean Asselborn hatte Deutschland und Frankreich Arroganz vorgeworfen. Merkel appellierte an ihre Kollegen, beim Gipfel Einigkeit zu zeigen. «Es würde schon helfen, wenn alle 27 EU-Mitgliedsländer geschlossen aufträten.» Das solle zeigen: «Der Euro steht für keinen von uns infrage. Spekulanten haben keine Chance.»
«Deutschland diktiert niemandem etwas»
Sie wies den Vorwurf eines zu machtbewussten Auftritts Deutschlands in Europa zurück. «Deutschland diktiert niemandem etwas», sagte die Kanzlerin der «Bild»-Zeitung (Donnerstag). Auch der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann sieht wie Merkel eine Einführung von Euro-Bonds kritisch. Entscheidend sei, einen permanenten Schutzschirm für den Euro zu schaffen. Aus seiner Sicht sei dafür zwar keine Änderung des Lissabon-Vertrages notwendig. Er habe – wie andere auch – jedoch «zur Kenntnis genommen, dass Deutschland wegen der Verfassungsrechtslage eine Klarstellung im Vertrag brauche.
Grosse Bedeutung für Händler
Merkel hatte die Debatte um eine Vertragsänderung angestossen. Die deutsche Regierung fürchtet, ohne diese Klarstellung könne das Bundesverfassungsgericht im Fall einer Klage deutsche Hilfszahlungen für illegal erklären. Für Händler an den Devisenmärkten haben die Ergebnisse des Gipfels grosse Bedeutung. Am Vortag hatte die Ratingagentur Moody`s an der Kreditwürdigkeit Spaniens gezweifelt. «Für den Devisenmarkt wird entscheidend sein, ob die EU klare Prinzipien eines permanenten Krisenmechanismus festlegen wird», hiess es bei der Commerzbank.
Cameron: Euro-Rettung ohne britisches Geld
Grossbritannien will kein Geld für den ständigen Rettungsmechanismus des Euros ausgeben. Dies sagte der britische Premierminister David Cameron unmittelbar vor Beginn des EU-Gipfels am Donnerstag in Brüssel. «Wir brauchen einen neuen Mechanismus, der es der Eurozone ermöglicht, ihre Probleme zu lösen», sagte er. «Das ist wichtig für Grossbritannien.» Es müsse aber sichergestellt sein, dass Grossbritannien nicht verpflichtet sei, dafür Geld auszugeben, sagte der Premier. Grossbritannien hat sich zwar mit 3,8 Milliarden Euro in Form eines bilateralen Kredits an der Rettungsaktion für Irland beteiligt, will aber nicht für den neuen ständigen Euro-Rettungsschirm zahlen. (awp/mc/ss/19)