«Wir hatten eine ganze Woche deutlicher Gewinne und der Markt nimmt eine freundliche Entwicklung der Unternehmensgewinne vorweg», sagte Mike Lenhoff, Stratege bei Brewin Dolphin. «Die Botschaft, auf die der Markt gewartet hat, ist, dass die Unternehmen das Schlimmste hinter sich haben. Einige Ergebnisse könnten zwar noch schlecht ausfallen, aber wahrscheinlich nicht so schlecht wie in der Vergangenheit.» Aktienhändler Mark Priest von ETX Capital ergänzte: «Für deutliche Kursverluste müssen die Zahlen von Unternehmen schon richtig schlimm sein.»
Der Leitindex EuroSTOXX 50 stieg um 0,42 Prozent auf 2.469,20 Punkte und baute damit sein Wochenplus auf beeindruckende 8,23 Prozent aus. Der Pariser CAC-40-Index rückte um 0,59 Prozent auf 3.218,46 Punkte vor. In London gewann der FTSE 100 0,62 Prozent auf 4.388,75 Punkte.
Technologiewerte profitieren laut Händlern von guten Zahlen des US-Computerkonzerns IBM und knüpfen an ihre zuletzt besonders positive Entwicklung an. IBM legte mit seiner Bilanz mitten in der Krise die Messlatte höher. Zwar schrumpfte der Umsatz im zweiten Quartal, der Gewinn indes stieg überraschend stark. IBM erhöhte daraufhin am Donnerstag seine Ergebnisprognose für das Gesamtjahr. Im CAC 40 setzten sich Capgemini mit plus 3,24 Prozent auf 28,535 Euro an die Indexspitze, Alcatel-Lucent gewannen überdurchschnittliche 1,33 Prozent auf 1,751 Euro.
Freundlich fiel nach Zahlen von Bank of America und Citigroup die Kursentwicklung bei Finanzaktien aus. Im EuroSTOXX gehörten ING Groep mit plus 1,45 Prozent auf 7,810 Euro einmal mehr zu den Favoriten der Anleger. Auch Societe Generale gewannen mit 1,19 Prozent auf 42,55 Euro überdurchschnittlich dazu.
Carrefour rutschten indes nach Umsatzzahlen zum zweiten Quartal um 3,73 Prozent auf 31,40 Euro ab. Der französische Einzelhändler litt unter einem schwachen Geschäft im Heimatmarkt und die Erlöse sanken um 1,2 Prozent. Dies war aber besser als von Analysten mit minus 1,9 Prozent im Durchschnitt erwartet. In Frankreich betrug der Rückgang 3 Prozent und auch im restlichen Europa verlor Carrefour, während der Konzern in Schwellenländern kräftig wuchs. Analyst Andrew Kasoulis von Credit Suisse sagte: «Das Unternehmen betonte sich verbessernde Trends in allen wichtigen Regionen – aus unserer Sicht war die Entwicklung in den meisten Ländern aber enttäuschend.»
Aktien von Accor büssten nach Umsatzzahlen 7,54 Prozent auf 26,315 Euro ein und übernahmen damit die rote Laterne im französischen Leitindex. Bei der französischen Hotelkette bleiben wegen der Wirtschaftskrise die Gäste immer häufiger aus. Accor meldete am Vorabend für das zweite Quartal einen Umsatzschwund von 10,1 Prozent nach minus 5,8 Prozent im Vorquartal. Die Analysten der Credit Suisse sprachen von «schwachen Umsatzzahlen» im ersten Halbjahr.
Rohstoffwerte zählten unterdessen an der Londoner Börse zu den Zugpferden. Eurasian Natural Resources verteuerten sich an der «Footsie»-Spitze um 5,76 Prozent auf 762,00 Pence, Xstrata legten um 4,28 Prozent auf 690,9 Pence zu und Vedanta Resources gewannen 4,23 Prozent auf 1.502,00 Pence. Papiere von British Airways gewannen 2,95 Prozent auf 137,50 Pence. Die angeschlagene Fluggesellschaft will sich nach einem Quartalsverlust frisches Geld besorgen.
Öltitel gehörten ebenfalls zu den Gewinnern. Die Ölpreise zogen nach überraschend guten Konjunkturdaten aus den USA kräftig an. TOTAL rückten um 1,50 Prozent auf 38,60 Euro vor. In London verteuerten sich Tullow Oil um 2,75 Prozent auf 954,992 Pence.
In der Schweiz fielen Aktien von Kühne & Nagel um 1,96 Prozent auf 85,05 Schweizer Franken. JPMorgan stufte das Logistikunternehmen vor Quartalszahlen von «Overweight» auf «Neutral» ab und senkt das Kursziel von 90,10 auf 86,80 Franken. Da die Gewinnentwicklung im Logistiksektor auch im zweiten Quartal eher negativ geprägt sein dürfte, es aber gleichzeitig Anzeichen für eine Erholung gebe, sei eine besonders umsichtige Titelauswahl notwendig, schrieb Analyst Damian Brewer. (awp/mc/ps/30)