Zudem sei nach wie vor nicht geklärt, welche Massnahmen die Politiker in die Wege leiten werden, um die hohen Defizite in den europäischen Peripherieländern zu reduzieren. Die Finanzminister der Euro-Länder trafen zwar in Brüssel zusammen und debattierten über die weiteren Massnahmen zur Finanzkrise. Die Zusammenkunft sei jedoch «leider durch Uneinigkeit geprägt» gewesen, sagte Gregor Kuhn, Marktanalyst bei IG Markets. «Deutschland möchte keine zusätzlichen Gelder für den Rettungsfond bewilligen. Es bleibt jedoch fraglich, ob das aktuelle Volumen dieses Fonds ausreicht, grösseren Ländern, wie zum Beispiel Spanien, im Notfall beizustehen.»
Der EuroStoxx 50 sank um 0,45 Prozent auf 2.769,96 Punkte. In Paris gab der CAC-40-Index minimale 0,04 Prozent auf 3.749,23 Punkte ab. Der britische FTSE 100 aber stieg in London um 0,43 Prozent auf 5.770,28 Punkte. Hier sorgten Gewinne bei den Rohstoffwerten für ein Plus.
Banken- und Finanzwerte zählten wegen der anhaltenden Schuldenkrise zu den grössten Verlierern. Im europäischen Leitindex EuroStoxx 50 fielen Intesa SanPaolo, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA) sowie Unicredit um fast drei Prozent.
Darüber hinaus spielte das Thema Übernahmen eine entscheidende Rolle am Markt. Der spanische Baukonzern ACS steht bei der geplanten Übernahme von Hochtief vor einer neuen Hürde: Der um seine Unabhängigkeit kämpfende Baukonzern findet in seinem Abwehrkampf gegen den spanischen Konkurrenten mit der Qatar Holding LLC einen «weissen Ritter», der nach der geplanten Kapitalerhöhung von Hochtief knapp 9,1 Prozent an dem Essener Konzern halten werde. Unter einem «Weissen Ritter» ist ein Investor zu verstehen, der bei einem Unternehmen einsteigt, das sich gerade gegen eine feindliche Übernahme wehrt – also eine Übernahme, die das Management nicht für sinnvoll hält und daher auch nicht unterstützt. Der Weisse Ritter wiederum ist bereit, mit dem Vorstand an einem Strang zu ziehen oder sich als Grossaktionär aus dem Tagesgeschäft herauszuhalten. Er ist also ein Retter in der Not. ACS-Aktien gewannen dennoch 1,95 Prozent auf 35,8450 Euro hinzu.
Papiere des Luxusgüterkonzerns Hermes International hingegen fielen um 0,50 Prozent auf 149,80 Euro zurück. Hier hat sich die Eigentümerfamilie mit der Gründung einer Holding gegen ungewollte Übernahmen gewappnet.
Titel des britischen Gelddruckers De La Rue schnellten um 29,88 Prozent in die Höhe, nachdem das Unternehmen mitteilte, ein sehr vages Übernahmeangebot erhalten zu haben. Wer der Bieter sei, teilte De La Rue nicht mit.
In London stiegen zudem die Papiere von Rio Tinto um 0,92 Prozent auf 4.456,50 Pence. Der britisch-australische Bergbaukonzern verhandelt mit dem Kohleproduzenten Riversdale über eine Übernahme des australischen Unternehmens. Auch andere Rohstoffwerte waren gefragt. So kletterten die Papiere von Xstrata um 3,38 Prozent und die von Kazakhmys um 0,86 Prozent.
Analystenkommentare halfen indes der europäischen Chemiesparte auf die Sprünge. Goldman Sachs hatte zuvor in einer Studie die europäische Chemiebranche von «Cautious» auf «Neutral» hochgestuft. Die Renditen auf das investierte Kapital im europäischen Chemiesektor dürften auf neue Rekordhochs steigen und ein nachhaltiges Wachstum verzeichnen, schrieb Analyst Richard Logan in seiner Studie. Gründe dafür seien erwartete Änderungen der Beteiligungsportfolien, Restrukturierungen und neue strategische Ansätze. Aber auch Megatrends wie das globale Bevölkerungswachstum und der zunehmende Wohlstand in den Schwellenländern sowie Konsolidierungen in bestimmten Bereichen sollten dazu beitragen. Die Titel von Air Liquide, BASF und Syngenta gewannen zwischen 0,29 und 1,51 Prozent hinzu. (awp/mc/ps/25)