EU schwört sich auf gemeinsame G20-Linie ein

Nach dem EU-Sondergipfel in Brüssel am Donnerstagabend sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel von einem Erfolg. Europa demonstriere Geschlossenheit bei der Reform des Weltfinanzsystems.


Lehman-Pleite soll sich nicht wiederholen
Vor einem Jahr hatte die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers das internationale Finanzsystems fast zum Zusammenbruch gebracht. Die Welt stürzte in eine schwere Rezession. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sagte: «Europa ist sich einig mit einer klaren und starken Botschaft: Wir wollen nicht, dass sich das wiederholt.» Nach dem Willen der 27 Staats- und Regierungschefs soll es keine garantierten Bonuszahlungen für Bankmanager geben. Stattdessen wird vorgeschlagen, grosse Teile variabler Vergütungen zeitlich zu strecken und bei schlechter Entwicklung einer Bank ganz zu streichen.


Boni an Gewinn binden
Es soll untersucht werden, ob Bonus-Zahlungen an die gesamte Vergütung oder den Bankengewinn gebunden werden könnten, heisst es in der Abschlusserklärung. Durch die Geschlossenheit der Europäer geraten die USA und andere Staaten unter Druck. Der Gipfelgastgeber, Schwedens Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt, sagte, Washington müsse helfen, die schlimme Wirtschaftskrise zu überwinden. «Die Finanzkrise ist von den USA ausgegangen», sagte Reinfeldt. «Wir hoffen, dass Präsident (Barack) Obama sein politisches Potenzial einsetzen wird, einen Erfolg zu erzielen.»


Keine Einigung bei Finanzmarktsteuer
Keine Einigung erzielten die EU-Staaten der Frage einer allgemeinen Finanzmarktsteuer. Unter anderem Deutschland und Österreich hatten sich dafür ausgesprochen. Die Europäer pochen auf ein ehrgeiziges Weltklimaabkommen, das im Dezember in Kopenhagen verhandelt werden soll. Alle Länder, ausser den ärmsten, müssten bei der Finanzierung im Kampf gegen den Klimawandel mitziehen. Das Abschlusspapier erwähnt ausdrücklich, dass im Jahr 2020 voraussichtlich bis zu 100 Milliarden Euro benötigt werden, um arme Länder beim Klimaschutz zu helfen. Merkel sagte: «Wir gehen damit ein weiteres Mal als Europäer in Vorlage.»


Juncker: In Pittsburgh droht Streit mit den USA
Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker erwartet beim G20-Weltfinanzgipfel in Pittsburgh Streit mit den USA vor allem um die Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF). Auch in der Frage der Begrenzung von Bonuszahlungen für Bankmanager werde man sich nicht einig sein, sagte Juncker, der auch Vorsitzender der Gruppe der 16 Eurostaaten ist, nach dem EU-Gipfeltreffen am Donnerstag in Brüssel.


Banker-Boni: Alleingang der EU nicht ausgeschlossen
Zur Forderung, eine Obergrenze für Bonuszahlungen zu prüfen, sagte Juncker: «Das müsste eigentlich für jeden akzeptabel sein.» Er bekräftigte: «Falls wir in Sachen Boni mit den USA nicht zu Potte kommen, sollten wir das im Alleingang machen, weil unsere öffentlichen Meinungen auch von einer Befindlichkeit durchdrungen sind, die es in dieser ausgeprägten Form in den Vereinigten Staaten nicht gibt.» Auch britischer Widerstand dürfe die Europäer nicht abschrecken: «Ich bin sicher, dass der Moment kommt, wo die Briten und die USA auf unsere Position einschwenken, weil von einer europäischen Einigung eine solche Dynamik ausgeht, dass die anderen nur folgen können.»


Umstrittener IWF-Verwaltungsrat
Den schärfsten Streit erwarte er in der Frage des IWF-Verwaltungsrats. Die EU fordere die Beibehaltung von 24 Sitzen, von denen derzeit acht auf europäische Staaten entfielen. Die USA wollten den Verwaltungsrat verkleinern und die europäische Repräsentanz beschneiden. «Ich kann nicht verhehlen, dass dies erheblichen internationalen Druck auf die Europäer zur Folge haben wird.» Er bedauerte erneut, dass es weder in der EU noch in der Eurogruppe Unterstützung für seine Forderung nach einem Sitz der Eurogruppe im IWF-Verwaltungsrat gibt. (awp/mc/ps/02)

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