EU: Streit um Deutschlands Defizit bleibt ungelöst – «Keine Eskalation»

Es gebe aber Übereinstimmung, den Konflikt nicht eskalieren zu lassen, sagte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück am Dienstag in Brüssel nach Beratungen mit seinen EU-Amtskollegen und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Steinbrück begrüsste die Absicht von EU-Währungskommissar Joaquín Almunia, erst im Januar und nicht schon in zwei Wochen über den Fortgang des deutschen Defizit-Strafverfahrens zu entscheiden.

Verstoss gegen Euro-Stabilitätspakt wegen Konjukturschwäche
«Es gibt Besonderheiten im Fall von Deutschland. Dies muss ausgelotet werden», sagte Steinbrück. «Geben Sie uns weitere vier Wochen.» Der erneute Verstoss gegen den Euro-Stabilitätspakt im laufenden Jahr sei auch auf die Konjunkturschwäche zurückzuführen. Deshalb tritt Berlin dafür ein, in dem Verfahren frühere Sparempfehlungen ohne Sanktionsdrohung zu wiederholen. Berlin will den Pakt 2007 mit einem Defzit von unter 3 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt wieder einhalten. Almunia ist mit dem Sanierungsziel 2007 einverstanden, will aber die Bussprozedur v erschärfen und damit Deutschland in die gefährliche Nähe von Sanktionen bringen. Es drohen im schlimmsten Fall Bussen von bis zu 10 Milliarden Euro.

Ausgesetzte Verfahren von Deutschland und Frankreich nicht wieder aufgenommen
Der Spanier sagte, er sei besorgt über die Höhe des Defizits, das im laufenden Jahr rund vier Prozent erreichen dürfte. «Ich bin sicher, dass der neue deutsche Minister zustimmen wird, dass die Kommission in den kommenden Monaten den reformierten Stabilitätspakt umsetzen muss», sagte er unmissverständlich. Er sei jedoch mit einer Entscheidung nicht in Eile. «Wir wollen Zuspitzung wie im November 2003 vermeiden», sagte Steinbrück nach seinem ersten EU-Finanzministerrat. Damals weigerte sich sein Vorgänger Hans Eichel, eine Verschärfung der Prozedur hinzunehmen. Der bis dahin beispiellose Streit zwischen Finanzministerrat und EU-Kommission ging vor den Europäischen Gerichtshof. Die damals ausgesetzten Verfahren von Deutschland und Frankreich sind bisher nicht wieder aufgenommen worden. Deutschland verletzt seit 2002 mit Defiziten von mehr als drei Prozent den Euro-Stabilitätspakt – auch im kommenden Jahr wird mit einem Verstoss gerechnet.

Deutschland blockiert auch Einigung im Mehrwertsteuer-Streit
Ungelöst blieb auch der Streit um verminderte Mehrwertsteuersätze. Die Minister verwiesen den Konflikt wegen der Blockade an den EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs Ende kommender Woche in Brüssel. Deutschland und Dänemark blockierten eine Einigung. Es geht um die Verlängerung eines Experiments in neun EU-Ländern mit reduzierten Sätzen für arbeitsintensive Dienstleistungen. Frankreich will zusätzlich einen verminderten Satz von 5,5 Prozent statt bisher 19,6 Prozent für die heimische Gastronomie- und Hotelbranche durchsetzen und damit ein altes Wahlversprechen von Präsident Jacques Chirac einlösen. Nach den Worten des französischen Wirtschafts- und Finanzministers Thierry Breton wird er bei diesem Sonderwunsch von Deutschland unterstützt.

(awp/mc/hfu)

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