EU verhängt Milliarden-Strafe gegen E.ON und GDF
Die beiden Marktführer in Deutschland und Frankreich müssen jeweils 553 Millionen Euro bezahlen, wie die Wettbewerbshüter am Mittwoch in Brüssel mitteilten. Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes sprach von einer «Ausbeutung der Verbraucher». GDF und E.ON wiesen den Vorwurf der Marktaufteilung zurück und kündigten an, Rechtsmittel gegen die Geldbusse einzulegen. Dennoch muss die Strafe zunächst bezahlt werden. Verbraucherschützer begrüssten die EU-Entscheidung.
Vorwurf: Vom Heimatmarkt des Konkurrenten ferngehalten
Die Behörde wirft den Energiekonzernen vor, sich auch nach der Öffnung der europäischen Energiemärkte von August 2000 an vom Heimatmarkt des jeweiligen Konkurrenten ferngehalten zu haben. Konkret geht es um die MEGAL-Pipeline, mit der E.ON und GDF als Eigentümer und Betreiber russisches Gas importieren. Anlässlich des gemeinsamen Baus im Jahr 1975 vereinbarten die damalige Ruhrgas AG – die heutige E.ON-Tochter E.ON Ruhrgas – und Gaz de France – heute Teil von GDF Suez – kein über diese Pipeline transportiertes Gas im jeweils anderen Land zu verkaufen.
Zweijähriges Verfahren
Beide Firmen hätten auch nach der Gasmarkt-Liberalisierung daran festgehalten und seien erst 2005 endgültig davon abgerückt, urteilte die Kommission. Sie hätten somit ihre starken Stellungen trotz der Marktöffnung verteidigen können. Brüssel eröffnete deshalb im Juli 2007 ein Verfahren wegen des Bruchs von Europarecht.
«Schwerwiegendste Kartellverstösse»
Kroes sprach von einem der «schwerwiegendsten Kartellverstösse». «Durch diese Vereinbarung wurden die Verbraucher in zwei der grössten Gasmärkte in der EU um einen stärkeren Preiswettbewerb und eine grössere Anbieterauswahl gebracht», sagte sie. «Diese Entscheidung gibt den Energieversorgern ein deutliches Signal, dass die Kommission keinerlei wettbewerbswidriges Verhalten duldet.»
Verbraucher um Preiswettbewerb geprellt
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen begrüsste das Vorgehen. Kroes gebe «einer Politik im Sinne der Konsumenten eindeutig die Priorität vor engstirnigen nationalen industriepolitischen Interessen», sagte der Energieexperte des Verbands, Holger Krawinkel, der «Frankfurter Rundschau» (Donnerstag). Die Kartellstrafe wegen illegaler Marktabsprachen sei nicht nur ein harter Schlag gegen E.ON und GDF, «sondern auch gegen die beiden grössten Bremsklötze für den Energiewettbewerb in der EU, Frankreich und Deutschland».
E.ON: Strafe unberechtigt
E.ON wies die Vorwürfe zurück. «Die Kommission konstruiert Marktabsprachen, die zwischen den Unternehmen nie stattgefunden haben», erklärte E.ON-Ruhrgas-Chef Bernhard Reutersberg. Er halte die Strafe in der Sache als auch in der Höhe für völlig unberechtigt. Sein Unternehmen werde alle rechtlichen Mittel dagegen ausschöpfen. Dies werde vermutlich mehrere Jahre dauern. Da E.ON Ruhrgas die Geldbusse innerhalb von drei Monaten zahlen muss, fehle das Geld aber. «Das ist eine sehr empfindliche Strafe, die unseren Spielraum einschränkt.» Auf den Gaspreis für die deutschen Verbraucher werde sich die EU-Busse definitiv nicht auswirken. Heute gebe es einen scharfen Wettbewerb in beiden Ländern, sagte Reutersberg.
GDF will Einspruch einlegen
Auch der französische Gaskonzern GDF will mit allen Mitteln gegen das Bussgeld vorgehen. «Die Gruppe kann die gegen sie erhobenen Vorwürfe nicht akzeptieren und wird gegen die Entscheidung der Kommission einen Einspruch beim Europäischen Gerichtshof der Ersten Instanz einlegen», teilte GDF Suez in Paris mit. Der Rechtsrahmen sei damals von dem des heutigen Energiemarktes verschieden gewesen. GDF Suez habe seine Stellung in Deutschland stets ausbauen und entwickeln wollen. Derzeit sei der Konzern der wichtigste ausländische Wettbewerber von E.ON auf dem deutschen Erdgasmarkt. (awp/mc/ps/15)