In Spanien kam die Angst vor einer Deflation auf, nachdem die sogenannte Kernrate der Teuerung, die ohne die schwankungsanfälligen Preise vor allem für Energie oder Lebensmittel berechnet wird, im April um 0,1 Prozent im Jahresvergleich sank. Eine Deflation – also sinkende Preise – gilt als schädlich, weil die Wirtschaft dadurch in eine Abwärtsspirale mit sinkender Produktion und wachsender Arbeitslosigkeit geraten kann. Und die spanische Wirtschaft mit ihren geringen Wachstumsraten ist jetzt schon ein Sorgenkind in Europa. Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero räumte ein, die für 2011 angepeilte Wachstumsrate von 1,8 Prozent werde nicht erreicht.
Jede Meldung wird derzeit gegen Europa interpretiert
Der Euro kostete am Freitagabend zuletzt 1,2394 Dollar. Damit legte der Euro in dieser Woche eine wahre Berg- und Talfahrt hin. Noch am Montag hatte er sich aufgrund der anfänglichen Euphorie über das milliardenschwere Rettungspaket für notleidende Länder der Euro-Zone der Marke von 1,31 Dollar angenähert. Von diesem Optimismus ist kaum mehr etwas geblieben. Börsianer verweisen darauf, dass der Auffangschirm nicht die eigentlichen Probleme lösen könne. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Freitag auf 1,2492 (Donnerstag: 1,2587) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,8005 (0,7945) Euro.
Skepsis gegenüber Europa bleibt
Viele Marktteilnehmer beurteilen die wirtschaftliche Entwicklung in Europa sehr skeptisch. Sie befürchten, dass die umfassenden Sparmassnahmen in Ländern wie Griechenland, Spanien und Portugal die wirtschaftliche Erholung ausbremsen. «Auf die lange Sicht fragt sich jeder, wie sich die Sparmassnahmen auf das Wachstum auswirken werden», sagte Währungsexpertin Kathy Lien von GFT.
Umfassender Rettungsschirm
Die EU hatte am Wochenende einen 750 Milliarden Euro umfassenden Rettungsschirm für schwache Euro-Länder beschlossen und hofft, damit den Druck vom Euro zu nehmen. Es werden jedoch immer wieder Zweifel an den Massnahmen laut und daran, ob Griechenland die Schuldenkrise letztendlich bewältigen kann.
Ackermann giesst Öl ins Feuer – Sinn kritisiert Regierung
So hatte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zusätzlich Öl ins Feuer gegossen. In der ZDF-Sendung «Maybrit Illner» sagte er am Donnerstagabend: «Ob Griechenland über die Zeit wirklich in der Lage ist, diese Leistungskraft aufzubringen, das wage ich zu bezweifeln.» Zugleich betonte der Chef der grössten deutschen Bank, Griechenland müsse stabilisiert werden. Wenn das Land fiele, würde die Krise mit grosser Sicherheit auf andere Länder übergreifen und könnte zu einer Art Kernschmelze führen. Es müsse auch alles getan werden, um eine Umschuldung zu vermeiden. Bei einer Umschuldung würden Geldgeber Griechenlands, darunter deutsche Institute, auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten.
ifo-Chef Hans-Werner Sinn warnt unterdessen vor gefährlichen Folgen
Der ifo-Chef Hans-Werner Sinn warnte unterdessen vor gefährlichen Folgen des Euro-Rettungspakets und kritisierte das Vorgehen der Bundesregierung. «Wir stürzen uns mit dem neuen Gewährleistungsgesetz in ein unkalkulierbares Abenteuer», sagte Sinn der «Süddeutschen Zeitung» (Freitag). Europa drohe, «eine gewaltige Schuldenblase aufzubauen, die mit einem gewaltigen Knall platzen wird». Aus seiner Sicht hätte sich Merkel gegen den Rettungspakt wehren müssen. «Der Pakt bedeutet nichts anderes, als dass Deutschland für die Schulden anderer Länder geradesteht», sagte Sinn.
Spanien und Protual wollen Sparen
Die beiden Problemländer Spanien und Portugal setzen inzwischen auf einen rigiden Sparkurs und einem Bruch mit der bisherigen Politik. Die spanische Regierung kürzt zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte des Landes die Gehälter von Ministern und Beamten. Auch Rentnern und Familien werden Opfer abverlangt. Portugal kündigte am Donnerstag überraschend Steuererhöhungen an, die Lissabon vor kurzem noch ausgeschlossen hatte. Die Gewerkschaften wollen mit Streiks protestieren. (awp/mc/gh)