Beide Vorschläge würden den Aktionären bei der Hauptversammlung am Dienstag in Amsterdam vorgelegt, erklärte Euronext am Montagabend nach einer Aufsichtsratssitzung. «Ihre Vorstellungen werden vom Vorstand vor einer endgültigen Empfehlung an die Aktionäre auf einer späteren Hauptversammlung berücksichtigt», hiess es.
Posten als Vize für Euronext-Chef Theodore?
Die New Yorker Börse hatte am Montag Morgen ihr Übernahmeangebot für die Fünfländer-Börse abgegeben. Sie biete je Euronext-Anteil 0,98 eigene Aktien und 21,32 Euro in bar. Zudem bietet die NYSE dem Euronext-Chef Jean-Francois Theodore den Vize-Chef-Posten im neuen Unternehmen. Théodore hatte in den vergangenen Tagen im Eilverfahren eine Allianz mit der NYSE ausgehandelt, um die Übernahme der europäischen Börsengesellschaft durch die Deutsche Börse zu vereiteln.
Ein erheblicher Teil des Euronext-Kapitals wird von US-Fonds kontrolliert, die bereits als Aktionäre der Deutschen Börse deren Vorstand zu Fall gebracht haben. Angelsächsische Hedge Fonds drängen zum Zusammenschluss der beiden grossen Börsengesellschaften des Euro-Raums. Die Berliner Bundesregierung unterstützt die Deutsche Börse in dem Machtkampf, die Pariser Regierung steht hinter Euronext.
«Fusion unter Partnern»
Die Deutsche Börse hatte am Freitag ihre Karten auf den Tisch gelegt und der Euronext offiziell eine «Fusion unter Partnern» angeboten. Einen Bericht der «Financial Times» (Montag) über eine Offerte in Höhe von 90 Euro je Euronext-Aktie dementierte der Frankfurter Marktbetreiber. Bei der angestrebten Fusion unter Partnern sei kein Aufschlag auf den jeweiligen Unternehmenswert vorgesehen, teilte die Börse mit. Für eine Stellungnahme zu der jüngsten Euronext-Äusserung war bei der Deutschen Börse am Abend niemand zu erreichen.
Zugeständnisse der Deutschen Börse
Nach Informationen der «Welt» (Dienstagsausgabe) zeigte sich die Deutsche Börse aber zu anderen Zugeständnissen bereit: Danach will sie dem Euronext-Chef im Falle einer gemeinsamen Lösung für die ersten 18 Monate den Chefsessel anbieten. Erst danach soll der jetzige Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni das Ruder der geplanten Börsenholding übernehmen. In dem Fusionsangebot von Freitag hatten die Frankfurter der Mehrländerbörse zunächst für eine Übergangszeit eine Doppelspitze Théodore/Francioni eingeräumt, danach sollte Francioni allein führen und Théodore in «führender Position» in den Aufsichtsrat wechseln.
Nasdaq im Besitz von über 25 % der LSE-Aktien
Die US-Börse NASDAQ hat sich inzwischen bei der Londoner Börse LSE mehr als ein Viertel aller LSE-Aktien gesichert. Das bedeutet nicht nur eine erhebliche strategische Einflussnahme bei der LSE, sondern auf längere Sicht auch wachsende Macht auf dem gesamten europäischen Kapitalmarkt. Auch die vergleichsweise kleine Borsa Italiana hat sich zwischenzeitlich in das Fusionsgerangel eingemischt. Der italienische Marktbetreiber, der noch in diesem Jahr selbst an die Börse will, sucht eigenen Aussagen zufolge die Allianz mit der Euronext. (awp/mc/pg)