Europas Banken im Würgegriff der US-Immobilienkrise

Und auch für die Credit Suisse und die Deutsche Bank sind die Folgen schmerzhaft. In Frankreich und Grossbritannien sieht es kaum anders aus, und lediglich in Spanien scheint eine aufmerksame Bankenaufsicht Schlimmeres verhindert haben. Am Finanzplatz Schweiz herrscht grosse Sorge, dass das Vertrauen der Anleger zumindest für einige Zeit verlorengeht. Dass der Rücktritt von UBS-Präsident Marcel Ospel an den Finanzmärkten aber auch bei der Politik mit Genugtuung und Erleichterung aufgenommen wurde, kennzeichnet die tiefe Krise in der Schweiz. So sieht etwa die Anlagestiftung Ethos, die als kritische Aktionärin die UBS-Krise begleitet, jetzt eine Chance für einen Neuanfang. Denn nach offenbar vielen Kleinkunden, die ihr Geld von der Bank abgezogen haben, waren in jüngster Zeit wohl auch die grossen institutionellen Anleger unsicher, ob sie unter den bisherigen Umständen weiter mit der Bank arbeiten können. Immerhin ist die UBS als grösste Vermögensverwalterin der Welt auf das Vertrauen ihrer Kunden angewiesen.

Experten bezweifeln Schuld von Einzelpersonen
Ob aber das Debakel der UBS – und das anderer Banken – alleine die Schuld Ospels oder überhaupt von Einzelpersonen ist, wird von Experten bezweifelt. Vielmehr sei die Kontrolle mangelhaft. So wurde selbst die Schweizer Bankenkommission (EBK) als Überwachungsorgan nach eigenen Angaben von der Geschwindigkeit sowie vom Ausmass der so genannten Subprime-Krise überrascht. EBK-Direktor Daniel Zuberbühler räumt denn auch Versäumnisse ein. «Die Aufsichtsbehörden sind nicht verantwortlich für die Krise, jedoch haben wir sie bedauerlicherweise auch nicht verhindert,» sagte er am Dienstag. Der bankinterne Risikokontrollapparat in der UBS-Investmentbank etwa sei beeindruckend gross und mehrstufig aufgebaut, sagte Zuberbühler. Von den rund 22.000 Angestellten seien rund 3.400 Personen in der Risikokontrolle beschäftigt. Aber viele hätten versagt. «Nicht nur das Top-Management, sondern teilweise auch die Aufsicht hat sich durch die Existenz dieses Kontrollapparates in falscher Sicherheit gewiegt.»

Enormer Kapitalbedarf der UBS in Europa einmalig
Dennoch ist der enorme weitere Kapitalbedarf der UBS in Europa einmalig. So muss zwar auch die Deutsche Bank – deren Chef Josef Ackermann schon eine Diskussion um den Bedarf an staatlichen Hilfen auslöste – wegen der Krise an den Finanzmärkten im ersten Quartal 2008 weitere 2,5 Milliarden Euro abschreiben. Sie braucht aber kein frisches Kapital zur Stützung. Die zweitgrösste Schweizer Bank, die Credit Suisse, verlor im US-Hypothekenmarkt weniger Geld als angenommen, rutschte jedoch wegen der miserablen Marktbedingungen trotzdem in die roten Zahlen und muss fast drei Milliarden Franken (1,9 Mrd Euro) abschreiben. Doch ihrem Gewinnrückgang von 8,5 Milliarden Franken im Jahr 2006 auf 7,8 Milliarden Franken 2007 steht der UBS-Verlust von rund 4,4 Milliarden Franken einsam gegenüber.

Krise der Banken hausgemacht
Somit ist die Krise der Schweizer und anderer europäischer Banken nach Analysteneinschätzungen zum grossen Teil hausgemacht, wie dies auch für die deutschen Opfer, etwa die mit Milliardenabschreibungen kämpfende BayernLB oder die schwer angeschlagenen Mittelstandsbank IKB, zu deren Absicherung milliardenschwere Rettungspakete aus Mitteln des Bundes, der staatlichen Bankengruppe KfW und von anderen Banken zur Verfügung gestellt werden mussten, gilt. Auch bei der WestLB kriselt es, von dem Gerangel um die von der Landesbank Baden- Württemberg geschluckte Sachsen LB ganz zu schweigen. In den USA musste die öffentliche Hand bei der Rettung der Investmentbank Bear Stearns einspringen, in Grossbritannien wurde der Immobilienfinanzierer Northern Rock verstaatlicht, um ihn vor dem Zusammenbruch zu retten. Und es ist noch nicht vorbei, da sind sich Analysten sicher. «Es warten noch weitere schwarze Milliardenlöcher», meinte ein Genfer Banker am Dienstag mit dem Hinweis, dass die Zeiten des freien Bankenwesens nun vorbei sein könnten.

(awp/mc/hfu)

Schreibe einen Kommentar