Der zweitägige Gipfel brachte einen dauerhaften Auffangschirm für von der Pleite bedrohte Euro-Staaten auf den Weg. Zur rechtlichen Absicherung wird – auf besonderen deutschen Wunsch – der Lissabonner Vertrag um zwei Sätze ergänzt. Der Gipfel verzichtete jedoch auf weitere Schritte wie etwa eine Aufstockung des laufenden Rettungsschirms für Krisenländer wie Irland von 750 Milliarden Euro. «In der Krise hat die Europäische Union Einheit und Anpassungsfähigkeit bewiesen», sagte Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy am Freitag.
EU-Ausgaben auf lange Sicht einfrieren
Deutschland und Frankreich scharten sich hinter den Plan des britischen Premiers David Cameron, auf lange Sicht die milliardenschweren EU-Ausgaben einzufrieren. Ein entsprechender gemeinsamer Brief sollte am Samstag veröffentlicht werden. Der Vorstoss sorgt vor allem in Osteuropa für Protest. Länder wie Polen profitieren stark von Brüsseler Geldern. Zur Idee einer engeren Wirtschaftskoordination sagte Merkel: «Wir werden im nächsten Jahr darüber sprechen, wie wir die Gemeinsamkeit unserer Wirtschaftspolitiken, insbesondere in der Euro-Zone, noch deutlicher darstellen können und hierzu auch Absprachen treffen.» Die EU hat bereits eine engere Abstimmung auf den Weg gebracht. So werden die Mitglieder vom kommenden Jahr an ihre langfristigen Finanzplanungen in Brüssel vorlegen, bevor in den Hauptstädten die Budgets für das Folgejahr festgezurrt werden.
«Unterschiedlichen Geschwindigkeiten» in der EU
Die Kanzlerin sprach ausdrücklich von «unterschiedlichen Geschwindigkeiten» in der EU. Als Beispiele für eine engere Abstimmung nannte sie solide finanzierte Haushalte sowie vergleichbare Sozialsysteme. So betrachtet Berlin die in Deutschland gesetzlich verankerte Schuldenbremse als einen potenziellen Exportschlager. Die Vereinbarung über einen dauerhaften Rettungsschirm für die Zeit nach 2013 bezeichnete Merkel als deutlichen Ausdruck der Solidarität der EU-Staaten untereinander. «Dies geht wieder ein Stück in Richtung Wirtschaftsregierung.» Die Gipfelbeschlüsse gaben dem Euro am Freitag vorübergehend Rückenwind. Die Gemeinschaftswährung sprang über die Marke von 1,33 US-Dollar, ging aber später wieder zurück.
«Besser ausgeben, nicht mehr ausgeben.»
Die Kanzlerin sicherte zu, dass der neue dauerhafte Rettungsschirm ausreichend ausgestattet sein wird. Details sollen bis März geklärt sein. Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker geht davon aus, dass der derzeitige Rettungsschirm ausgeweitet wird, sofern dies nötig wird. Derzeit sei ein solcher Schritt nicht notwendig. Die Euro- und Schulden-Krise schwelt weiter. Die Ratingagentur Moody’s senkte die Kreditwürdigkeit von Schuldensünder Irland um gleich fünf Noten. Das Land bekomme jetzt nur noch die Note «Baa1» nach zuvor «Aa2» – das liegt nur noch knapp über Ramschniveau. Cameron sagte zu einer Initiative einer EU-Haushaltsbegrenzung: «Überall in Europa schnallen die Länder den Gürtel enger, um mit ihren Defiziten fertig zu werden. Da kann Europa nicht immun sein», sagte er. Sein Motto lautet: «Besser ausgeben, nicht mehr ausgeben.»
EU-Kommission muss erst im Juni 2011 Vorschlag vorlegen
Der Kampf Camerons dreht sich um den neuen langfristigen Finanzrahmen der EU von 2014 an. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso pochte darauf, dass seine Behörde erst im kommenden Juni einen Vorschlag vorlegen muss, bevor die Gesetzgebung für den Finanzrahmen beginnen kann. «Ich schaue mir jeden Brief an», sagte er mit Blick auf Camerons angekündigtes Schreiben. Bundesbank-Präsident Axel Weber spricht sich gegen gegen gemeinsame Anleihen von Staaten mit Euro-Währung aus. Das sagte er in München und stützte damit die Haltung der Bundesregierung. Juncker verteidigte am Rande des Gipfels seinen Vorstoss der Euro-Bonds: «Ich bin der Meinung, dass diese Idee ihren Weg machen wird.» (awp/mc/ss/20)