EY: Schweizer Energieversorger kommen besser durch die Covid-Zeit als erwartet
Zürich – Die Stadtwerkestudie 2021 von EY in der Schweiz zeigt, dass sich die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auch in den Einschätzungen der Schweizer Energieversorgungsunternehmen (EVU) niederschlagen: Die neueste Befragung macht deutlich, dass die Schweizer EVU im von der Pandemie geprägten Jahr 2020 wirtschaftlich deutlich besser abgeschnitten haben als erwartet. Bei den Prognosen für das laufende Jahr bleiben die Energieunternehmen vorsichtig optimistisch.
Auch die veränderte Arbeitswelt hat ihre Spuren hinterlassen: Die vermehrte Nutzung von IT-Geräten im Home-Office hat den Sicherheitsaspekt von IT-Systemen zusätzlich akzentuiert. Während für Schweizer EVU die „Digitalisierung“ nach wie vor auf Platz eins der Top Themen rangiert, findet sich neu die Thematik „IT-Sicherheit und Cyber-Risiken“ auf Platz zwei.
Geschäftsgang 2020 besser als erwartet
Die allgemeine Geschäftslage der Energieversorgungsunternehmen (EVU) in der Schweiz bleibt weiterhin gut. Das liegt auch daran, dass die Stromversorger mit gebundenen Kunden heute immer noch einen erheblichen Teil des Stroms im Monopol absetzen können.Eine Mehrheit der für die Stadtwerkestudie 2021 befragten Unternehmen von 76% beurteilt den eigenen Geschäftsgang für das Jahr 2020 als „sehr gut“ oder „gut“. Im Vergleich mit den in der Stadtwerkestudie 2020 geäusserten Erwartungen sehen diese Zahlen noch positiver aus: Bei der Befragung im letzten Jahr waren nur 59% der EVU der Meinung, dass sie einen „guten“ bis „sehr guten“ Geschäftsgang 2020 erzielen werden. „Der Unterschied zwischen Prognose und aktueller Einschätzung zum Geschäftsgang für 2020 von ganzen 17% zeigt, dass die Unternehmen besser durch die Covid-19-Pandemie gekommen sind, als sie selber erwartet haben“, sagt Benjamin Teufel, Sector Leader Energy & Resources für die Schweiz bei EY.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei denjenigen EVU, die den eigenen Geschäftsgang als „eher schlecht“ oder „schlecht“ beurteilen: In der aktuellen Studie bewerten nur noch 6% der Befragten das Jahr 2020 auf diese Weise. Bei der Befragung im letzten Jahr erwarteten noch ganze 14% der Unternehmen einen schlechten Geschäftsgang für das Jahr 2020 – auch diese verhaltene Prognose ist auf die Covid-19-Pandemie zurückzuführen. Es lässt sich festhalten: Der Geschäftsgang der EVU während des ersten Covid-19-Jahres 2020 verlief deutlich besser als erwartet. Dennoch bleiben die Energieunternehmen mit ihren Prognosen für das laufende Jahr vorsichtig.
Vorsichtige Prognose für das laufende Jahr
Mit ihren Prognosen für den eigenen Geschäftsgang des laufenden Jahres 2021 sind die Energie-Unternehmen weiterhin vorsichtig: Mit 58% erwartet dennoch mehr als die Hälfte der EUVs einen „guten“ bis „sehr guten“ Geschäftsgang. Lediglich 8% Prozent der Unternehmen rechnen mit einem „eher schlechten“ bis „schlechten“ Geschäft für das Jahr 2021. Die Stromwirtschaft in der Schweiz ist historisch bedingt von einer Vielzahl kommunaler und lokaler Elektrizitätsverteilungsunternehmen (EVU) geprägt. „Schweizer Energieversorger profitieren nach wie vor von den Monopolstrukturen im Markt. Es ist jedoch absehbar, dass sich das damit verbundene sichere Geschäftsmodell künftig ändern wird“, sagt Benjamin Teufel. In diesem Zusammenhang wird es interessant sein zu beobachten, ob gerade im Schweizer Gasmarkt die Realität aufgrund der rückläufigen Gasverbräuche die Regulierungsvorhaben ins Leere laufen lassen.
Covid (fast) ohne Folgen für Kooperation mit Gemeinden
Im Besonderen befragt wurden die Energie-Unternehmen zum Einfluss der Covid-19-Pandemie auf die Zusammenarbeit mit den Gemeinden. Die Einschätzungen der EVU decken sich mit dem geschäftlichen Erfolg von 2020: Ganze 70% der befragten Unternehmen geben an, dass die Pandemie „keine/kaum Folgen“ für diese Kooperation hatte. 22% der EVU erwähnen sogar positive Nebeneffekte wie einen Digitalisierungsschub und das gestärkte Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Unternehmen vor Ort in Krisenzeiten. Nur je 4% geben negative Auswirkungen wie eine erschwerte Kommunikation oder die Verschiebung einzelner Vorhaben und Projekte an.
Hohe Qualität und Intensivierung der Zusammenarbeit
Die grundsätzliche Frage nach der Qualität der Zusammenarbeit mit den Gemeinden und dem öffentlichen Sektor beantwortet eine Mehrheit von 70% mit „gut“ bis „sehr gut“. Die übrigen 30% der Schweizer Energieunternehmen beurteilen die Qualität als „durchschnittlich“. Keines der 50 befragten EVU beurteilt die Zusammenarbeit als „eher schlecht“ oder gar „schlecht“.
60% der Energieunternehmen erwarten, dass sie in Zukunft mehr Dienstleistungen für Gemeinden erbringen werden. 34% rechnen damit, dass das Mass der Dienstleistungen unverändert bleiben wird und nur 6% gehen davon aus, dass sie weniger Dienstleistungen für Gemeinden erbringen werden. Dies widerspiegelt sich in der erwarteten Umsatzentwicklung in der Zusammenarbeit mit Organisationen von Gemeinden und Städten: 44% der Befragten gehen davon aus, dass sie in fünf Jahren „5 bis unter 25%“ ihres Umsatzes mit Organisationen von Gemeinden und Städten erzielen. Das würde einen deutlichen Anstieg von 10% bedeuten. Denn aktuell erzielen nur 34% der EVU „5 bis unter 25%“ ihres Umsatzes auf diese Weise.
Top-Themen Digitalisierung und IT-Sicherheit
Zu den wichtigsten Themenbereichen für Schweizer Energieunternehmen zählen nach wie vor die Digitalisierung und die IT-Sicherheit. Ganze 86% beziehungsweise 82% sind der Meinung, dass sich die EVU jetzt und auch in den nächsten Jahren stark mit diesen beiden Themenfeldern auseinandersetzen werden. Die Digitalisierung hat als wichtigstes Thema gegenüber dem Vorjahr nochmals um zwei Prozentpunkte zugelegt. „Der deutliche 19%-Anstieg der Thematik IT-Sicherheit ist im Kontext der Covid-19-Pandemie zu sehen: Die vermehrte Nutzung von IT-Geräten im Home-Office hat den Sicherheitsaspekt von IT-Systemen zusätzlich akzentuiert“, sagt Benjamin Teufel.
Die Digitalisierung wird von Schweizer EVU nicht nur als wichtigstes Thema angesehen, sondern mittlerweile auch von 74% als positiv bewertet: 34% der Befragten sehen „grosse Chancen“ in der digitalen Transformation. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Anstieg um ganze 10%. Des Weiteren meinen 40% der EVU, die Digitalisierung eröffne „leichte Chancen“. Als „starke“ (2%) oder „leichte“ (12%) Bedrohung wird der digitale Fortschritt von insgesamt 14% der Unternehmen wahrgenommen.
Smarte Lösungen und Konzepte
In Zusammenhang mit der digitalen Transformation ist auch die hohe Erwartung im Bereich „Smart Metering/Smart Grids/Netzintegration“ zu sehen. Der von 82% der EVU als relevant eingeschätzte Bereich ist Ausdruck neuer Geschäftsmodelle und Angebote, die erst durch die technologischen Möglichkeiten der Digitalisierung eröffnet wurden.
Trotz der hohen Meinung der EVU gegenüber smarten Technologien, geniesst das Entwicklungskonzept „Smart City“ (die Vernetzung verschiedener Bereiche und Akteure einer Stadt, um beispielsweise den Energieverbrauch zu reduzieren) momentan keine grosse Bedeutung: Nur 2% der Befragten bewerteten das Konzept aktuell mit einer „hohen Bedeutung“ während eine überwiegende Mehrheit von 68% die Bedeutung als „gering“ (40%) oder sogar als „nicht vorhanden“ (28%) einschätzt. Mit Blick in die Zukunft zeichnet sich allerdings eine deutliche Verschiebung ab: 66% der Energieunternehmen meinen, dass in fünf Jahren „Smart City“ von „durchschnittlicher“ (40%), „hoher“ (24%) oder gar „sehr hoher“ (2%) Bedeutung sein wird.
Dekarbonisierung und Wasserstoff
Auch die Meinung zur Bedeutung der „Wärmewende“ wurden von den Schweizer EVU erfragt. Bei der Frage, welche Technologieoptionen für die Dekarbonisierung in den Gemeinden aktuell und in 5 Jahren besonders relevant seien, rangierte die Antwort „Wärmepumpen“ mit 68% an erster Stelle – gefolgt von Abwärmenutzung (58%), Solarthermie (48%) und Grüner Wärmeerzeugung (46%).
Eine untergeordnete Rolle bei der Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung spielt nach Einschätzung der Schweizer Energieunternehmen die Nutzung von Wasserstoff: Nur 30% meinen, dass dieser in den kommenden fünf Jahren besonders relevant sein wird. Diese Einschätzung widerspiegelt sich auch in einer anderen Frage: Zum ersten Mal wurde gefragt, ob Wasserstoff zu den relevanten Themen gehört, mit welchen sich Schweizer EVU in den kommenden Jahren vermehrt auseinandersetzen werden.
„Erstaunlicherweise meinen nur 18% der Befragten, dass sie sich künftig intensiver mit diesem Energieträger beschäftigen werden. Diese Einschätzung ist erstaunlich und gegenläufig zu den aktuellen Bestrebungen der grossen Energieunternehmen und der Politik“, sagt Benjamin Teufel. Nach eigener Aussage ist für ganze 74% der Energieunternehmen Wasserstoff in den kommenden 2 bis 3 Jahren kein Thema. (EY/mc/ps)