Zuletzt hatten sich die Konjunkturdaten dramatisch verschlechtert und der Inflationsdruck kräftig nachgelassen. Im Oktober und November hatte die Notenbank den Leitzins wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise um je 0,50 Punkte verringert.
Weiter sinkende Inflation erwartet – Wirtschaftsabschwächung hält an
Die EZB erwartet einen weiteren Rückgang der Inflationsrate und eine sich weiter verstärkende Konjunkturschwäche. «Vor allem der Rückgang der Rohstoff- und Rohölpreise dürften die Inflation weiter nach unten bringen», sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet nach der Zinsentscheidung der Notenbank. Die Wirtschaftsschwäche dürfte sich im kommenden Jahr fortsetzen. Erst Mitte des Jahres 2009 dürften die sinkenden Rohstoffpreise zu einer graduellen Erholung der Konjunktur beitragen. Vor den Äusserungen Trichets hatte die EZB den Leitzins im Euroraum um 0,75 Punkte auf 2,50 Prozent gesenkt und damit so stark wie noch nie zuvor in ihrer Geschichte.
Keine Aussagen zu Zinsentscheidung im Januar
Im EZB-Rat habe es einen Konsens für eine Zinssenkung um 0,75 Punkte gegeben. Voraussagen für die Zinsentscheidung im Januar wollte Trichet nicht geben. Die Unsicherheit sei aussergewöhnlich hoch. Die Lage bleibe sehr angespannt. Mittelfristig dürfte laut Trichet Preisstabilität erreicht werden. Die EZB strebt eine Inflationsrate von unter, aber nahe zwei Prozent an. Die Anzeichen für eine sinkende Inflation hätten sich verstärkt. Es sei auch eine Beschleunigung des Rückgangs der Inflation möglich. Der Rückgang der Inflationsraten dürfte sich bis ins Jahr 2010 fortsetzen.
Abwärtsrisiken überwiegen
Die Abwärtsrisiken für die Konjunktur der Eurozone überwiegen laut Trichet. Die Spannungen Der Rückgang der Rohstoff- und Energiepreise wirke jedoch als automatischer Stabilisator. Dieser sei auch nötig. Trichet erwartet einen weltweiten der Konjunktur. Der Rohstoff- und Ölpreise hätten sich einem angemessenen Niveau angenähert. Eine Reihe von Abwärtsrisiken seien eingetreten. «Der unterliegende Trend bei der Expansion der Geldmenge M3 bleibt hoch», sagte Trichet. Die Zuspitzung der Finanzmarktkrise im September habe zu Umschichtungen innerhalb der Geldmenge M3 geführt. Ein Rückgang der Kreditvergabe an den privaten Sektor in der Eurozone sieht er nicht.
Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes gefordert
Die Massnahmen der Regierungen zur Unterstützung der Konjunktur sollten rasch umgesetzt werden. Trichet forderte jedoch die Einhaltung des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Sollten die Regeln weiter Fiskalmassnahmen erlauben, dann sollte die Massnahmen zielgenau und zeitnah angewendet werden. Es ist laut Trichet «extrem wichtig», dass die Massnahmen der Regierungen zur Stützung der Banken so schnell wie möglich umgesetzt werden. Man befinde sich hier in einem aussergewöhnlichen Umfeld.
Bank of England senkt Leitzins überraschend deutlich
Auch die britische Notenbank hat ihren Leitzins überraschend deutlich gesenkt. Der Leitzins werde um 1,00 Prozentpunkte auf 2,00 Prozent reduziert, teilte der geldpolitische Ausschuss der Notenbank in London mit. Ökonomen hatten wegen der ausgeprägten Wirtschaftskrise in Grossbritannien mit einer Zinssenkung gerechnet, allerdings mehrheitlich nur um 0,50 Punkte. Auf ihrer letzten Sitzung am 6. November hatte die Bank of England den Leitzins drastisch um 1,50 Punkte reduziert und damit die Märkte massiv überrascht. (awp/mc/pg/24)