EZB steht zu Griechen – Markt zweifelt an Rettung

Die jüngste Entscheidung zum Kauf von Staatsanleihen maroder Euro-Länder sei eine «temporäre Notfallmassnahme» und angesichts der Attacken auf die Gemeinschaftswährung ohne Alternative, betonte EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark in einem Interview.


Massive Skepsis
Angesichts der immensen Schulden Griechenlands hält sich in der Finanzwelt jedoch massiv Skepsis, dass das Land – auch mit Unterstützung – den Berg abtragen kann. «Ob Griechenland über die Zeit wirklich in der Lage ist, diese Leistungskraft aufzubringen, das wage ich zu bezweifeln», sagte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner». Dennoch sei es richtig, dass Griechenland stabilisiert werde. Ein Staatspleite könnte zu «einer Art Kernschmelze» führen, warnte Ackermann. Ausser Griechenland haben beispielsweise auch Portugal, Spanien und Italien riesige Schuldenberge angehäuft.


 EZB mahnte die Staaten zum Sparen
In ihrem Monatsbericht mahnte die EZB die Staaten zum Sparen: «Je länger die Haushaltskorrektur aufgeschoben wird, desto grösser werden der erforderliche Anpassungsbedarf sowie das Risiko von Reputations- und Vertrauensverlusten sein.» An den Märkten habe sich die «allmähliche Verschärfung der Vertrauenskrise» bereits «in der Flucht der Anleger in qualitativ höherwertige Anlageformen» widergespiegelt. Die Sparbemühungen der Regierung in Athen lobte die Notenbank erneut, jedoch müssten «die griechischen Behörden unbedingt bereitstehen. .., gegebenenfalls weitere Massnahmen zu ergreifen».


Kampf gegen den drohenden Zerfall der Eurozone
Mit dem Kauf von Staatsanleihen maroder Euro-Staaten unterstützt die Notenbank die Milliardenprogramme der Politik im Kampf gegen den drohenden Zerfall der Eurozone. «Die Massnahmen sind so ausgestaltet, dass sie keine Auswirkungen auf den geldpolitischen Kurs haben», erklärte die EZB in ihrem Monatsbericht. EZB-Chefvolkswirt Stark widersprach im Gespräch mit «tagesschau.de» dem Eindruck, die Notenbank habe auf politischen Druck gehandelt. «Die Glaubwürdigkeit der EZB hängt nicht allein an der Frage, ob man Staatspapiere kauft oder nicht, sondern ob wir unsere zentrale Aufgabe, nämlich Preisstabilität zu gewährleisten, erfüllen.» Stark betonte: «Wir sind als Euro-Gebiet im Epizentrum einer globalen Krise.» Es gebe zweifelsohne «eine Attacke» von «anonymen Marktkräften» auf einzelne Länder des Euro-Gebietes.


«Dümmliches Gerede von Politikern»
Ackermann nahm die Bundesregierung vor dem Vorwurf in Schutz, sie habe in der Euro-Krise zögerlich gehandelt. Einer seiner Vorgänger, Hilmar Kopper, wetterte dagegen in der «Bild»-Zeitung: «Was die Situation noch verschlimmert, ist das dümmliche Gerede von Politikern». Er habe zudem «grosse Angst, dass in Brüssel die klaren Regeln und sogar die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank aufgeweicht werden», sagte Kopper. Die EZB war zuvor schon in die Kritik geraten, weil sie beschlossen hatte, griechische Staatspapiere auch dann als Sicherheit für frisches Zentralbankgeld zu akzeptieren, wenn diese von Ratingagenturen nur noch als Ramsch bewertet werden. In ihrem Monatsbericht versichert die EZB, die über die Sondermassnahmen bereitgestellte Liquidität werde wieder abgeschöpft. So soll verhindert werden, dass die Inflation angeheizt wird.


1,4 Prozent Teuerung erwartet
Von der EZB befragte Experten rechnen für das laufende Jahr mit 1,4 (bisher 1,3) Prozent Teuerung. Für 2011 wird weiterhin eine Inflationsrate von 1,5 Prozent veranschlagt. Beim Wirtschaftswachstum zeigen sich die befragten Experten für den Euro-Raum etwas pessimistischer: Für 2010 wird nun ein Plus beim realen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1,1 (1,2) Prozent prognostiziert, für 2011 ein Wachstum von 1,5 (1,6) Prozent. (awp/mc/gh/03)

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