EZB zieht Milliarden vom Markt – Finanzbranche verunsichert

Bei dem Einjahresgeschäft hatten sich im Juni 2009 mehr als 1100 Institute den Rekordwert von 442 Milliarden Euro bei der EZB ausgeliehen. Nun wird die Summe fällig. Damit wird der europäischen Finanzbranche Liquidität in gigantischem Umfang entzogen, während das Misstrauen unter den Banken weiter gross ist.


Ausleihungen weiter zu Zins von 1,0 % – mit maximal 3 Monaten Laufzeit
Damit die Kreditversorgung nicht zum Erliegen kommt, leiht die EZB den Instituten weiterhin zum Zins von 1,0 Prozent Geld – allerdings nur noch mit maximal drei Monaten Laufzeit. Längere Fristen schliesst die Notenbank derzeit aus, um flexibel zu bleiben und den Markt nicht zu verzerren.


Gradmesser für die Gesundheit der Finanzbranche
Die kürzere Laufzeit könnte den Druck auf die Banken allerdings erhöhen, andere Liquiditätsquellen zu suchen. Damit gilt die Nachfrage nach dem neuen Drei-Monats-Geschäft als Gradmesser für die Gesundheit der Finanzbranche im Euroraum. «Die Banken, die an dieser Tenderoperation teilnehmen, würden preisgeben, dass ihnen der Marktzugang sehr schwer fällt», erklärte Unicredit-Experte Luca Cazzulani. Denn die Refinanzierung sei derzeit über die EZB teurer als am Markt.


Spanische Banken wollen weitere Einjahresgeschäfte
Die «Financial Times» berichtete am Dienstag, dass insbesondere spanische Banken von der Notenbank die Neuauflage eines Einjahresgeschäfts verlangten, um neue Liquiditätsprobleme zu vermeiden. Das Blatt zitiert einen spanischen Bankenmanager, der die Position der EZB als «absurd» bezeichnet: «Jede Zentralbank muss Liquidität zur Verfügung stellen. Aber das ist nicht die Politik der EZB.» Spaniens Banken haben es derzeit besonders schwer, sich am Markt zu refinanzieren. Insbesondere die spanischen Sparkassen leiden unter dem zusammengebrochenen Immobilienmarkt.


EU verlängert Spaniens Banken-Rettungshilfe
Gleichzeitig wurde bekannt, dass die staatliche Hilfe für den kriselnden spanischen Bankensektor auch weiter gesichert ist. Die EU-Kommission verlängerte am Dienstag die Garantieregelungen für spanische Banken um ein halbes Jahr bis Ende 2010. Die Massnahme sei befristet und verhältnismässig, da ihr Umfang begrenzt sei, entschieden die Brüsseler Wettbewerbshüter. Mit Hilfe der Garantien greife der spanische Staat seiner Bankenbranche in der Finanzkrise wirkungsvoll unter die Arme. Da die Zinsen dafür gestiegen seien, hätten die Institute zudem einen Anreiz, ohne staatliche Hilfe auszukommen. Die Entscheidung bezieht sich nur auf Garantien, nicht aber auf den heimischen Bankenhilfsfonds FROB.


Kreditklemme verhindert
Die EZB und andere Notenbanken hatten die Märkte in der Finanzkrise mehrfach mit Geld geflutet, weil der Geldhandel zwischen den Banken wegen des gegenseitigen Misstrauens in der Finanzkrise zeitweise zum Erliegen gekommen war. Eine drohende Kreditklemme sollte verhindert werden. Ende 2009 erklärten die Währungshüter den Höhepunkt der Finanzkrise für überwunden und beschlossen, die expansive Politik zurückzufahren und nicht weiter unbegrenzt Liquidität über den langen Zeitraum von einem Jahr zur Verfügung zu stellen.


Lage zugespitzt
Seither spitzte sich die Lage jedoch wegen der Schuldenkrise in Griechenland und anderen europäischen Länder wieder zu. Für die Banken auch in Spanien und Portugal wurde es zunehmend schwieriger, sich am Markt Liquidität zu besorgen. (awp/mc/pg/24)

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