von Patrick Gunti
Herr von Westarp, gemäss der von Monster präsentierten Studie der Top 500 Unternehmen der Schweiz «Recruiting Trends 2008 – Schweiz» sind Schweizer Grossunternehmen immer noch auf Mitarbeitersuche, kämpfen aber mit einem zunehmenden Fachkräftemangel. Was sind die Ursachen für diesen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften?
Eine Hauptursache ist sicherlich die demographische Entwicklung, d.h. die umgekehrte Alterspyramide, in den westlichen Industriegesellschaften wie der Schweiz oder auch Deutschland. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt auch der Wandel hin zu einer Wissensgesellschaft, in der spezialisiertes Know-how und komplexe Fachkenntnisse nicht mehr so einfach übertragen werden können. Eine besondere Bedeutung kommt jedoch dem Internet zu. Das Internet hat die Auswahlmöglichkeiten der Bewerber grundsätzlich verbessert, indem es in den letzten Jahren die Transparenz auf den nationalen und internationalen Arbeitsmärkten auf vielen Ebenen deutlich erhöht hat. So erstaunt nicht, dass zukunftsgerichtetes Personalmanagement – von der Kandidatenansprache, über die Auswahl bis hin zur Einstellung – ohne Einbezug der neuen Online-Rekrutierungskanäle kaum stattfinden kann.
Wie drückt sich die Problematik der Besetzbarkeit offener Stellen in Zahlen aus?
Für mehr als jede vierte freie Stelle rechnen die Schweizer Unternehmen mit Einstellungsschwierigkeiten, und für rund vier Prozent aller vakanten Stellen halten die Befragten eine Besetzung innert nützlicher Frist gar für unmöglich.
Entsprechend messen Schweizer Unternehmen der Personalrekrutierung im Ausland immer grössere Bedeutung zu. Dabei sind Deutsche von allen ausländischen Fachkräften die beliebtesten Kandidaten. Welche Länder stehen für die Mitarbeiter-Rekrutierung ebenfalls hoch im Kurs?
Über 30% der Facharbeiter werden bereits heute in Deutschland rekrutiert.. Die Ländergruppe Italien, Frankreich, Spanien und England folgt für alle Kandidatenprofile ausser für Facharbeiter mit deutlichem Abstand auf Rang zwei. Österreich nimmt bei den Facharbeitern den zweiten und sonst immer den dritten Platz ein. Deutlich weniger rekrutieren die Schweizer Unternehmen in Nordamerika, Asien und Osteuropa. Insgesamt zeigt die Befragung eine starke Zunahme der Bedeutung internationaler Rekrutierung. Die leichte Schaltung von Stellenanzeigen im Ausland über international tätige Online-Stellenbörsen unterstützt dieses Bedürfnis.
Welche Kandidatenprofile aus dem Ausland sind am stärksten nachgefragt?
Schweizer Firmen rekrutieren aus allen Hierarchieleveln. Die stärksten Bereiche sind Professionals (32,3%), knapp gefolgt von den Facharbeitern mit 31,3%. In anderen Ländern rekrutieren Schweizer Unternehmen am häufigsten Facharbeiter.
«Insgesamt zeigt die Befragung eine starke Zunahme der Bedeutung internationaler Rekrutierung.» (Dr. Falk von Westarp, Country Manager Monster Worldwide Switzerland AG)
Welche Gründe geben die Unternehmen ausser dem Fachkräftemangel für die Rekrutierung von Mitarbeitern im Ausland an?
61 Prozent geben Expansion oder Ausbau der Geschäfte im Markt als Grund an, 29,33 Prozent sehen Vorteile in der kostengünstigeren Verfügbarkeit ausländischen Personals, 25% nennen den Aufbau von Produktionsstätten im Ausland und 5% die Auslagerung von Service-Einheiten ins Ausland.
Ausnahmslos alle der befragten Unternehmen planten für das laufende Jahr Neueinstellungen. Hat sich bei der Umsetzung durch die wenig verheissungsvollen Konjunkturprognosen der letzten Monate viel verändert und wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?
Die globale Finanzkrise hat inzwischen auch Auswirkungen auf die Realwirtschaft in den Ländern gezeigt. Die Medien berichten von Produktionsstopps bei grossen Unternehmen. Welche Folgen das für die weitere Entwicklung auf dem Schweizer Arbeitsmarkt haben wird, bleibt abzuwarten. Es ändert sich jedoch nichts an der generellen Verknappung von Fachkräften. Die zielgerichtete Suche über Lebenslaufdatenbanken gewinnt dabei stärker an Bedeutung.
$$PAGE$$
Welche Bedeutung messen die Unternehmen den Erhebungen zufolge heute dem Internet im Bereich des Personalmarketings bei?
Das Personalmanagement beginnt ja bereits mit der Stellenausschreibung und hier kommt dem Internet eine immer stärkere Bedeutung zu. Die Schweizer Umfrageteilnehmer geben an, 81,1 Prozent der freien Stellen auf der eigenen Homepage auszuschreiben – im vergangenen Jahr waren es noch 68,5 Prozent. Am deutlichsten legen die Stellenbörsen, wie Monster.ch zu: Hier beträgt der Anstieg von 49,2 Prozent in 2007 auf 68,5 Prozent in 2008 fast 20 Prozentpunkte. Damit werden bereits sieben von zehn offenen Stellen über eine Internetstellenbörse geschaltet.
Wie hoch ist mittlerweile der Anteil der Rekrutierungen, die aus einer Stellenanzeige im Internet resultiert?
2008 konnten mit 51,4 Prozent erstmals mehr als die Hälfte aller Einstellungen über das Internet getätigt werden. Damit wuchs der Rekrutierungserfolg mit dem Medium Internet gegenüber 2007 um 11,9 Prozent.
«Anders als beim Ausschreiben der neuen Stellen scheinen Schweizer Personalverantwortliche beim Sichten und Auswählen der Bewerber aber nur ungern neue Wege zu beschreiten»
Folglich büssen alle anderen Kanäle wie Print, Personalvermittlungen, Arbeitsämter etc. stetig an Bedeutung ein?
Die Einstellungsrate über Printmedien sank im gleichen Zeitraum um 5,8 Prozentpunkte auf noch rund ein Drittel aller Anstellungen. Und über die regionale Arbeitsvermittlung und andere Kanäle konnten noch 10,2 Prozent bzw. 8,9 Prozent der Stellen besetzt werden.
Wie sieht es bei den Bewerbungen per E-Mail oder Online-Formular aus? Hat die klassische Bewerbungsmappe schon bald ausgedient?
Mit dem Zuwachs an Online-Stellenausschreibungen steigt auch die Zahl der Online-Bewerbungen. Jede dritte Bewerbung kommt heute bereits per Mail. Anders als beim Ausschreiben der neuen Stellen scheinen Schweizer Personalverantwortliche beim Sichten und Auswählen der Bewerber aber nur ungern neue Wege zu beschreiten: 45,3 Prozent der Studienteilnehmer geben der traditionellen Bewerbungsmappe klar den Vorzug, immerhin 27,9 Prozent favorisieren die E-Mail-Bewerbung, etwas mehr als elf Prozent haben keine eindeutige Präferenz. Nur rund 15 Prozent setzen auf die strukturierte Formularbewerbung. Die Folge sind grosse Einbussen in Bezug auf die Effizienz bei der Kandidatenauswahl, denn das Akzeptieren verschiedenster Formate – jedes vierte Unternehmen lässt alle gängigen Bewerbungsformen zu – verursacht beträchtliche Mehrarbeit beim Aufbereiten, Auswählen, Absagen und Einladen zum Vorstellungsgespräch.
Es erstaunt nicht, dass Kandidaten liefern, was am besten ankommt – die klassische Bewerbungsmappe. Zum Zeitpunkt der Umfrage trafen in den befragten Schweizer HR-Abteilungen noch fast zwei Drittel der CVs als Mappe ein. Jede dritte Bewerbung erreichte den Rekrutierer per E-Mail, und immerhin 11,5 Prozent der CVs bescherten den HR-Managern Prozessverbesserungen in Form von Formularbewerbungen.
Die Studie hat ausserdem ein ungenutztes Potenzial bei internen Bewerber-Pools geortet. Wie viele Unternehmen nutzen heute diese Pools und wo liegen deren Vorteile?
Interne Bewerberpools eröffnen den Unternehmen die Möglichkeit, alle eingehenden Bewerbungen zu speichern und sie zudem allen an der Personalbeschaffung Beteiligten zugänglich zu machen. Hier kann die Formularbewerbung viel zur Effizienz beitragen, weil sie in strukturierter Form automatisch gespeichert und gezielt durchsucht werden kann. Interne Bewerberpools sind eine gute Ergänzung zu den Lebenslaufdatenbanken der Online-Stellenbörsen. Um mal eine Zahl zu nennen: in der Monster-Datenbank finden sich im deutschsprachigen Raum über 1 Million Lebensläufe.
Nur 38,8 Prozent der Umfrageteilnehmer speichern heute Bewerbungen über den Rekrutierungsprozess hinaus in einer Datenbank. Der Vergleich mit der letztjährigen Befragung liefert hier immerhin einen Anstieg von 7,3 Prozentpunkten. Der Einsatz interner Bewerber-Datenbanken gewinnt folglich an Bedeutung. Jedoch speichern nur 31,8 Prozent der Unternehmen die Profile der eigenen Mitarbeiter in ihrer internen Bewerber-Datenbank. Dieser Wert ist dennoch um beachtliche 12,6 Prozentpunkte höher als in der Befragung 2007. Liegen neben den externen Bewerberdaten auch die Profile der bestehenden Mitarbeiter in digitaler Form vor, so lässt sich leichter und schneller der geeignete Kandidat für eine offene Stelle identifizieren.
Mit 53,0 Prozent haben die Fachabteilungen in mehr als der Hälfte aller Unternehmen, die einen Bewerber-Pool nutzen, generell keinen Zugriff auf diese Datenbank. Dabei könnten sich gerade durch einen derartigen Zugriff Vorteile für die Unternehmen ergeben. Die Mitarbeiter in den Fachabteilungen besitzen zumeist ein sehr genau spezifiziertes Anforderungsprofil von einer offenen Stelle, da die Vakanzen in der Regel dort entstehen. Folglich wäre es denkbar, dass diese Mitarbeiter leichter und schneller einen Kandidaten mit einer weiterhin höheren Passgenauigkeit finden als die Angestellten in der Personalabteilung.
Herr von Westarp, herzlichen Dank für das Interview.
Monster.ch präsentiert die Studienergebnisse an zwei Spezialanlässen zusammen mit der Universität Frankfurt:
Dienstag, 4.11., Zürich Widder Hotel, ab 10.00 Uhr
Mittwoch, 5.11., Basel, Hotel Hilton, ab 10.00 Uhr
Anmeldungen werden gerne unter recruitingtrends@monster.ch entgegengenommen.
Über Dr. Falk von Westarp
2008 wurde Dr. Falk von Westarp zum Geschäftsführer Schweiz für Monster Worldwide berufen. Zuvor war Dr. von Westarp bei Monster Worldwide als Director International Sales Central & Eastern Europe, Corporate Marketing & Business Development Director Central & Eastern Europe und Marketing Direktor Deutschland tätig. In diesen Positionen war er aktiv an der Markteinführung von Monster in Deutschland und der Integration der beiden pan-europäischen Akquisitionen Jobline (2002) und Jobpilot (2004) beteiligt. Dr. von Westarp ist Diplomkaufmann und hat an den Universitäten Frankfurt und Berkeley promoviert.
Über Monster Worldwide
Mit Niederlassungen in 36 Ländern, 4.200 Mitarbeitern und mehr als einer Milliarde Dollar jährlichem Umsatz ist Monster Worldwide der weltweit führende Experte für Internet-Recruiting. In der Schweiz hat Monster ca. 50 Mitarbeiter. Die Website von Monster Schweiz erhält über 4.5 Mio Page Impressions pro Monat. Jeden Monat werden über 2000 neue CV’s von Privatpersonen hinterlegt.