Fast 60 Prozent Ja zur Personenfreizügigkeit
Das Ständemehr war nicht nötig, aber auch in diesem Fall wären die Mehrheiten klar gewesen: Einzig das Tessin, Schwyz, Appenzell Innerrhoden und Glarus lehnten die Vorlage ab. Das Ja fiel um fast 4 % höher aus als im September 2005 bei der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf zehn neue EU-Länder.
Grösste Zustimmung in der Westschweiz und Basel
Am grössten war die Zustimmung in der Westschweiz und den beiden Basel. Das höchste Ja meldete mit 70,2 Prozent der Kanton Waadt vor Neuenburg mit 69,4 Prozent. Es folgten Jura (66,9), Basel-Stadt (66,8), Freiburg (64,5), Basel-Landschaft (63,3) und Genf (62,4). In Bern sprachen sich 62,9 % für die Vorlage aus, in Zürich 61,9 %.
Dem Bundesrat gefolgt
Mit dem Resultat folgte das Schweizervolk dem Bundesrat, dem Parlament, der Wirtschaft und der grossen Mehrheit der Parteien. Geschlagen wurden die SVP, die Junge SVP, die Lega dei Ticinesi und die Schweizer Demokraten.
Freude beim Bundesrat
Der Bundesrat zeigte sich hocherfreut über das Resultat. «Das Schweizer Volk hat einen guten, sachorientierten und zukunftsgerichteten Entscheid getroffen», sagte Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Das Ja stütze die konsequente Fortsetzung der Migrationspolitik. Der Bundesrat nehme die Befürchtungen der Gegnerschaft der Vorlage ernst und werde den Volksentscheid mit aller Sorgfalt umsetzen, erklärte Widmer-Schlumpf weiter. Für Aussenministerin Calmy-Rey haben die Stimmbürger die vom Bundesrat geführte Europapolitik bestätigt und das «Erfolgsmodell» des bilateralen Wegs bekräftigt. Für Bundesrätin Doris Leuthard ist der Entscheid ein Sieg für den Wirtschaftsstandort Schweiz.
Linke will EU-Frage neu thematisieren – Hutter überlegt sich Volksinitiative
Die weiteren politischen Reaktionen fielen unterschiedlich aus. Während die SP und die Grünen nach dem klaren Ja die EU-Frage neu thematisieren wollen, überlegt sich die SVP, eine Volkinitiative zur Einschränkung der Personenfreizügigkeit zu lancieren, wenn es der Wirtschaft nicht gut geht. Dies sagte SVP-Nationalrätin Jasmin Hutter der Nachrichtenagentur SDA. Von Seiten des Wirtschaftsdachverbandes economiesuisse hiess es, man nehme den deutlichen Entscheid mit grosser Befriedigung zur Kenntnis. Die erneute Bestätigung der bilateralen Abkommen mit der EU stärke den Wirtschaftsstandort Schweiz und sei im nationalen Gesamtineresse.
Barroso und Topolànek gratulieren
Bundespräsident Hans-Rudolf Merz informierte den Präsidenten der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, sowie den EU-Ratspräsidenten und tschechischen Premier, Mirek Topolànek, persönlich über den Entscheid des Schweizer Stimmvolkes. B arroso wie Topolànek zeigten sich Merz gegenüber erfreut über die gute Nachricht und gratulierten den Schweizerinnen und Schweizern sowie der Bundesregierung zu diesem Ergebnis. EU-Ratspräsident Topolànek würdigte das Abstimmungsresultat als willkommenes Ergebnis für beide Seiten. EU-Kommissionspräsident Barroso wertete das deutliche Ja zur Personenfreizügigkeit als Ermunterung, die hängigen Fragen zwischen der Schweiz und der EU in gutem Geiste weiterzubehandeln. (mc/pg)