Vor allem für die erste Jahreshälfte sei eine besonders schwache Entwicklung zu erwarten, geht aus dem am Mittwoch in Washington veröffentlichten Protokoll der Sitzung des geldpolitischen Ausschusses der US-Notenbank (FOMC) vom 30. April hervor. Die meisten FOMC-Mitglieder schätzten die Unsicherheiten sowohl für das Wachstum als auch für die Inflation als grösser als gewöhnlich ein.
Mehrere Währungshüter hätten bei der jüngsten Zinsentscheidung eine weitere Senkung der Leitzinsen als unwahrscheinlich bezeichnet, auch wenn die Wirtschaft schrumpfen sollte. Die Notenbanker hatten auf der Sitzung Ende April den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 2,00 Prozent gesenkt. Schon damals hatten sich zwei Mitglieder gegen eine weitere Zinssenkung ausgesprochen. Aus Sicht der meisten Mitglieder sei es eine «knappe Entscheidung» gewesen, hiess es nun im Protokoll. Seit Ausbruch der Finanzmarktkrise im Sommer 2007 hat die US-Notenbank den Leitzins insgesamt bereits um 3,25 Prozentpunkte reduziert.
Belebung in zweiter Jahreshälfte
Die Währungshüter setzen nun offenbar darauf, dass die kräftigen Zinssenkungen und das milliardenschwere Konjunkturprogramm der Regierung das Wirtschaftswachstum in der zweiten Jahreshälfte wieder etwas beleben dürften. Angesichts der Hoffnung auf eine Wachstumsbelebung in der zweiten Jahreshälfte und der bestehenden Inflationsgefahren deutet das Protokoll auf ein mögliches Ende der Zinssenkungen hin. Die Fed hatte bei den Ausführungen zur jüngsten Zinssenkung eine Zinspause angedeutet, indem sie nicht mehr von Abwärtsrisiken für das Wachstum gesprochen hatte. Dies hatte sie zuvor regelmässig getan.
Prognose 2008 drastisch gekappt
Für das laufende Jahr kappten die Währungshüter ihre Wachstumsprognose kräftig und erhöhten zugleich ihre Inflationsprojektion stark. Im laufenden Jahr dürfte die Wirtschaft real nur zwischen 0,3 und 1,2 Prozent wachsen, geht aus dem Protokoll hervor. Damit wurde die erst im Januar gekappte Projektion von 1,3 bis 2,0 Prozent erneut kräftig reduziert. Die Inflationsrate veranschlagen die Experten nun für 2008 mit 3,1 bis 3,4 (2,1-2,4) Prozent. Die Währungshüter veröffentlichen ihre Konjunkturprognose vierteljährlich.
Abschwächender Inflationsdruck in 2009
Für das Wachstum erwartet die Notenbank laut den Projektionen eine Belebung 2009. Dann dürfte sich das reale BIP-Wachstum auf 2,0 bis 2,8 (2,1-2,7) Prozent beschleunigen und 2010 bei 2,6 bis 3,1 (2,5-3,0) Prozent liegen. Gleichzeitig dürfte sich auch der Inflationsdruck abschwächen. 2009 dürfte die Inflation bei 1,9 bis 2,3 (1,7-2,0) Prozent liegen und 2010 bei 1,8 bis 2,0 (1,7-2,0) Prozent. Die Kernrate (ohne die schwankungsanfälligen Energie- und Nahrungsmittelpreise) werde 2009 und 2010 nur leicht darunter liegen. Nur im laufenden Jahr ist der Abstand etwas grösser. Die Kernrate sehen die Experten 2008 nun in einer Spanne von 2,2 bis 2,4 (2,0-2,2) Prozent, 2009 zwischen 1,9 und 2,1 (1,7-2,0) Prozent und 2010 zwischen 1,7 und 1,9 (1,7-1,9) Prozent.
Euro klettert auf Tageshoch
Das unter der Trendrate liegende Wachstum dürfte sich auch am Arbeitsmarkt bemerkbar machen. Vor diesem Hintergrund zeigten sich die Währungshüter pessimistischer als noch im Januar. Die Arbeitslosenquote dürfte 2008 zwischen 5,5 und 5,7 (5,2-5,3) Prozent liegen und damit deutlich höher als bisher veranschlagt. Auch 2009 und 2010 seien mit 5,2 bis 5,7 (5,0-5,3) Prozent beziehungsweise 4,9 bis 5,5 (4,9-5,1) Prozent höhere Quoten zu erwarten. Am Aktienmarkt rutschte der Dow Jones tiefer in die Verlustzone. Der Dow Jones Industrial Average (DJIA) verlor zuletzt 1,60 Prozent auf 12.623,01 Punkte. Unmittelbar vor der Veröffentlichung hatte der Index noch etwa 100 Punkte höher notiert. Der Euro kletterte auf sein Tageshoch von 1,5788 Dollar. (awp/mc/ps)